Brüshaver, Agathe (Aggie)

Zweite Frau von Pastor Wilhelm Brüshaver, ehemalige Diakonisse, vier Kinder: Martin, Mathias, Marlene, Alexander; die ersten drei Kinder sterben bei einem Bombenangriff in Rostock. Befreundet mit Lisbeth Cresspahl.

245 Heinrich Cresspahl lernt Aggie Brüshaver im März 1933 kennen, als er Gesines Geburt melden will. Da wird er empfangen von »einer Person, die ihm eher vorkam wie ein Mädchen, nicht nur weil sie eben erst dreißig war, auch wegen ihrer lockeren, unachtsamen Bewegungen, weil sie sich die blonden Zöpfe recht lose um den Kopf gesteckt hatte, weil sie zu jung und zu hell schien inmitten der dunklen Bücher und Möbelfarben des Amtszimmers. [...] Wenn sie die Personalien und Daten aufschrieb, war ihre Haltung der eines Schulkindes ähnlich. Sie war so nahe am Buch, sie drückte den Zeigefinger so gedankenlos durch«.

424-425 Ihre Freundschaft mit Lisbeth Cresspahl 1933. – Ihre Vorgeschichte: Sie war Diakonisse im Rostocker Krankenhaus, wo sie auch Brüshaver kennengelernt hat. Damals war sie »mehr vorbereitet auf die Hilfeleistung in anderen Haushalten als auf die Führung eines eigenen, und zumindest im Kochen lernte sie von Lisbeth mehr in einem halben Jahr als in den dreien, in denen sie ihre Erfolge an Brüshavers Miene hatte ablesen müssen«. – Durch sie erfährt Lisbeth »mehr von den Streitigkeiten der evangelischen Kirche mit dem Österreicher als sonst ein Gemeindeglied in und um Jerichow wissen konnte«.

643 Sie erzählt ihrem Mann von Lisbeths Behauptung, dass »die Heilige Schrift an keiner Stelle den Selbstmord verbiete«, und fragt ihn, ob das wahr sei. Brüshaver wehrt ab.

646 Später sucht Brüshaver ihr Stellen aus der Bibel zum Thema Selbstmord zusammen, schläft aber darüber ein, so dass er nicht mehr dazu kommt, ihr zu erklären, dass die Bibel den Selbstmord als »Abfall von Gott« bewertet.  »Hätte Lisbeth erfahren, daß es diesen Zaun gab, sie hätte vielleicht nicht daran gedacht, ihn zu übersteigen.«

755 Nach Lisbeths Selbstmord will sie, »daß Lisbeth in die Sonntagspredigt« kommt, und initiiert damit die Mahn- und Strafpredigt, die Brüshaver am 13. November 1938 hält (vgl. 759-761).

761 Totengespräch mit Gesine über Brüshavers Sonntagspredigt: »Was Aggie war, die war stolz auf Brüshaver.«

804-805 Nach Brüshavers Verurteilung zu Zuchthaus und anschließender »Schutzhaft« im Konzentrationslager kommt sie der drohenden Ausweisung durch die Kirchenleitung zuvor. Sie zieht mit ihren drei Kindern nach Rostock und arbeitet dort wieder als Krankenschwester.

879-880 Ihre drei Kinder sterben bei einem Luftangriff auf Rostock, während sie Nachtdienst im Krankenhaus hat.

998-999 Nach dem Krieg: Brüshaver findet seine Frau im Jerichower Pastorat beim Fußbodenwischen.

1178-1179 Ein Totengespräch Gesines mit ihrer Mutter Lisbeth und Aggie Brüshaver über den Film »Der Fünfte Reiter ist die Furcht«, den Gesine eine Woche vorher gesehen hatte: Lisbeth und Aggie zitieren Passagen der Offenbarung auf Englisch nach der King James-Bibel. Sie raten Gesine von der Reise nach Prag ab. – Aggie hat ihr Englisch im Pensionat Schnappauf und Sellschopp in der Alexandrinenstraße von Rostock gelernt.

1595-1600 Nach dem Krieg nimmt sie die Beziehung zu Cresspahls wieder auf, und »sie stellte sich an, als wär sie vorgestern zum letzten Mal gekommen, statt vor zehn Jahren«. Sie ist nun »Straßenvertrauensfrau für Jerichow-Süd [...] (weil einer es doch machen muß, und weil sie von mir bloß die Abrechnung kriegen, keine Leumundszeugnisse)«. Sie zweigt Lebensmittel für Cresspahls ab.

1604 »Am Sonntag nach Palmarum 1949 war bei Brüshavers Taufe. Aggie (›bei mir wächst alles so‹) hatte noch einmal ein Kind, einen Jungen, Alex«. Taufpaten sind Anita Gantlik und Marie Abs.

1622-1623 Fünf Jahre nach Brüshavers Tod (Herbst 1955) wird Aggie 1960 »aus dem Pastorat von Jerichow gekündigt« und bezieht zwei Zimmer am Rosengarten in Gneez. Anita Gantlik hilft ihr, die Witwenwohnung einzurichten. – Sie ist neben Gesine Cresspahl Trauzeugin bei Anitas Hochzeit – »weil ich doch die Neegste dazu bin: vermeinte die beherzte Matrone«.

Vgl. auch 426. 447. 457. 467. 579. 613. 646. 674. 754. 759. 767. 853. 871. 1034. 1065. 1603-1604. 1613. 1616. 1632. 1689. Anhang XIV.