Selbich, Bettina (geb. Riepschläger)

Lehrerin für Deutsch an der Gneezer Brückenschule (dort noch »Fräulein Riepschläger«), später, nach Heirat und Scheidung, kommissarische Leiterin der Fritz Reuter-Oberschule in Gneez im Schuljahr 1949/50; ein Jahr später abgesetzt; Lehrkraft für Deutsch und Gegenwartskunde.

1475-1476 In Gesine Cresspahls Tagebuch von 1947 wird sie »Rips« genannt. »Rips war Bettina Riepschläger, vertretende Fachkraft für Deutsch an der gneezer Brückenschule, wenig älter als die Schülerinnen der Sieben b, vom eigenen Abitur nach zwei Monaten Lehrerkurs mit humanistischer Bildung betraut, ein fröhliches Mädchen, ohne Verlangen nach standesgemäßer Würde. Wir machten während ihres Unterrichts, wonach uns zumute war; sie desgleichen. Oft sah es aus, als redete sie uns dazwischen.« – Gesine hält es für besser, Jakob nichts von ihrer Deutschlehrerin zu sagen, denn sie ist hübsch und blond. »Blond, das hatte die Erfahrung gelehrt, war Jakobs Farbe. Im Gegensatz zu dunkleren Tönungen.«  – Sie stammt aus Ludwigslust. – Als Junglehrerin an der Brückenschule ist sie noch liberal und bei den Schülern beliebt.

1528 Während die älteren Lehrerinnen an der Brückenschule Gesines Wesensänderung nach der Rückkehr ihres Vaters aus sowjetischer Haft im Mai 1948 »verdächtig« finden, hat »Fräulein Riepschläger« keine Bedenken. »Sie hat ihren Vater wieder, von mir aus kann Gesine sich krumm freuen: sagte Bettina«.

1647-1651 Nach Kliefoths Absetzung als Direktor der Fritz Reuter-Oberschule gegen Ende des Schuljahres 1949/50 wird Bettina, nun geschiedene Selbich, kommissarische Leiterin der Schule. Sie hat sich in eine harte, humorlose Lehrerin und linientreue Parteisoldatin verwandelt. Trägt jeden Tag das Blauhemd der FDJ, »komplett mit Achselklappen und Schild am Ärmel«.

1651-1657 Die ›Badeanzugaffäre‹ im Mai 1950: Als Bettina Selbich entdeckt, dass Gesine Cresspahl ihren Badeanzug am offenen Klassenfenster zum Trocknen aufgehängt hat, beleidigt sie sie mit anzüglichen Unterstellungen. Es entstehen Gerüchte, die den Vorfall aufbauschen, und da die Schüler nichts unternehmen, um die Dinge richtigzustellen, schlägt die Geschichte sehr zu Bettina Selbichs Nachteil aus: Ihre Zugehfrau Oma Rehse sagt ihr ihre Dienste auf, ihr Vermieter versucht ihr zu kündigen, Mülleimer werden im Treppenhaus so hingestellt, »daß Bettina ein bißchen hinfiel«, und die von Jakob informierten Eisenbahner kontrollieren die Reisende Selbich »mit offen gezeigtem Verdacht«. – Der Abiturient Dicken Sieboldt macht sich an sie heran, besucht sie spätabends in ihrer Wohnung im Domhof (vgl. auch 1660, 1719).

1657-1662 Beim Pfingsttreffen der FDJ in Berlin im Sommer 1950 fotografiert Gesine Cresspahls Freund Pius Pagenkopf Bettina Selbich bei einem heimlichen Besuch in Westberlin vor einem Schuhgeschäft. Sie versucht erfolglos, ihm die Kamera wegzunehmen. Mit dem Foto haben Gesine und Pius sie in der Hand (machen aber keinen Gebrauch davon). – Die Schüler nennen sie »Das blonde Gift, D.B.G.«. Bettina erfährt von ihrem Spitznamen durch Julie Westphal.

1670-1680 Am ersten Schultag nach dem Pfingsttreffen ist die Fritz Reuter-Oberschule mit regimekritischen Flugblättern beklebt. Bettina Selbich alarmiert das Ministerium für Staatssicherheit in Schwerin und weist die Schüler über Lautsprecher an, in ihren Klassenzimmern zu bleiben, bis sie zu den Einzelverhören gerufen werden. »Bettinas Stimme im Lautsprecher, heiser, verzagt, verzweifelt, in brüchiger Härte.« Bei Gesines Verhör verliert sie die Fassung: »Die nimmt euch auf den Arm, Genossen, diese Göre, dieses ... Biest! kreischte Bettina Selbich«.

1681 Wird mit Beginn des Schuljahrs 1950/51 als kommissarische Leiterin der Schule abgesetzt. Neuer Direktor ist Dr. Kramritz. Bettina Selbich bekommt ihren »Wartestand als Kandidatin« um ein Jahr verlängert, unterrichtet weiterhin Deutsch und Gegenwartskunde.

1684-1685 Während einer Ehekrise macht Direktor Kramritz ihr Avancen. »Damit er für den Fall einer Scheidung doch wisse wohin und eine Zuflucht.« Klaus Böttcher beobachtet das ›verheulte‹ Paar auf einem Waldweg. Kurz darauf wird Bettina aus ihrer Wohnung am Domhof geklagt, die von der wieder versöhnten Familie Kramritz bezogen wird. Bettina findet nur noch in Dänschenhagen, einem Arbeiterviertel von Gneez, ein einzelnes Zimmer.

1782 Bei dem Verhör der Schüler nach dem »Kartoffelkäfer-Aufstand« im Frühjahr 1952 fliegt »über der reuigen Schülerin Cresspahl [...] ein Schutzengel im Kreis; der hatte Bettina in Westberlin fotografiert«.

Vgl. auch 1682. 1686. 1687. 1694. 1714. 1715. 1719. 1724-1725. 1732. 1760. 1761. 1780. 1784-1785. 1818-1819. 1821.