Baron, Der

Der wohlhabende Baron, 50 Jahre alt und augenscheinlich Witwer, lebt mit seiner Tochter auf seinem Landgut. Er ist am Abend zuvor in seiner Kutsche von Straßenräubern überfallen, dann aber von einem Reisenden gerettet worden, den er daraufhin dankbar auf sein Gut eingeladen hat. Er ist sogleich von dem Fremden angetan und sucht seine Freundschaft, auch wenn ihm dessen »allzuzärtlicher Geschmack« in moralischen Fragen eher fremd ist (vgl. 6. Auftritt; LM I, 385).

Als der Reisende ihn »zum zweytenmal aus einer gleich großen Gefahr« befreit, indem er den eigenen Gutsvogt des Barons als Täter des Überfalls entlarvt (21. Auftritt; LM I, 408), bietet der Baron ihm die Hand seiner Tochter an und hält dieses Angebot auch dann noch aufrecht, als das Zögern des Reisenden ihn mutmaßen lässt, dass er nicht, wie er geglaubt hatte, von Adel ist. Als aber der Reisende sich als Jude zu erkennen gibt, ist ihm das ein »grausamer Zufall«, der ihn hindert, seine Dankbarkeit zu erweisen. Da er »lieber arm und dankbar, als reich und undankbar seyn« will, bietet er ihm ersatzweise sein »ganzes Vermögen« an, was der Reisende natürlich ablehnt (22. Auftritt; LM I, 410). Nun schämt der Baron sich zwar, kann aber der Bitte des Reisenden, »künftig von meinem Volke etwas gelinder und weniger allgemein urtheilen«, nicht nachkommen, weil er die Vorurteilshaftigkeit seines Denkens nicht erkennt. Der Reisende ist für ihn nur eine Ausnahme von der Regel: »O wie achtungswürdig wären die Juden, wenn sie alle Ihnen glichen!« (22. Auftritt; LM I, 411)

Schon zuvor gibt er beredtes Zeugnis von seiner Judenfeindschaft und rühmt sich dabei seiner Menschenkenntnis (6. Auftritt). Der Umstand, dass er mit Michel Stich und Martin Krumm zwei ausgesprochene Halunken zum Schulzen bzw. Vogt seines Gutsbezirks gemacht hat, ist komische Widerlegung dieser Selbstsicht.