Quade, Bergie

Ehefrau von Otto Quade, »Klempnerei und Installation« in Jerichow.

1033-1034 Urheberin des Spitznamens »Wassergahn«, den Vassarion, Leutnant der Roten Armee, in Jerichow bekommt: Er betritt am 8. Juli 1945 den Laden der Klempnerei und deutet auf die Attrappe eines Wasserhahns. »Wassergahn: hatte die Rote Armee zu Bergie Quade gesagt.« Aber Bergie, die sich aus Angst vor Vergewaltigungen »ältlich angezogen«, das Gesicht beschmutzt und »einen mit Hühnermist beschmierten Unterleibsverband unterm Rock« angelegt hatte, »hatte mit Quadescher Geistesgegenwart zur Antwort gegeben: sie denke nicht daran, ins Wasser zu gehen. Habe sie gar nicht nötig. Wenn er aber wissen wolle, wer hier alles ins Wasser gegangen sei, ob ins Bruch, oder in die Ostsee –? Diese Aufzählung hatte die Rote Armee nicht abgewartet, und war abmarschiert mit einem Kopfschütteln, das für Bergie tadelnd aussah, sie konnte sich nicht helfen.«

1045-1046 Wenig später betritt Vassarion erneut ihren Laden, diesmal in Begleitung Jakobs, der den Dolmetscher macht: Die Firma Otto Quade soll die zerstörten Wasserleitungen in der Ziegeleivilla reparieren, in der sich die Kommandantur der Roten Armee eingerichtet hat. »Der Rotarmist sah beim Sprechen Frau Quade an, und sie kam sich fast appetitlich vor unter seinen erinnernden Blicken.« Bergie führt die Reparatur mit Jakobs Hilfe aus. »Die Rote Armee lernte in den nächsten Stunden von ihr Flüche, die noch eine Zeit lang verquer im Sprachschatz der jerichower Sowjets umherwimmeln sollten«, denn die »letzten deutschen Besitzer der Ziegeleivilla hatten den Sowjets lieber durchgesägte Abflußrohre hinterlassen wollen als heile«. Bei der Bezahlung hat Bergie Quade »die Wahl zwischen einer Rechnung an die Stadtkasse und einer Halbliterflasche Wodka ohne Etikett, nahm ihres Mannes Labsal und trank auch einen unberechneten Schluck mit dem Rotarmisten Wassergahn, weil der bei der Arbeit geholfen hatte«.

1278 Als Gesine Cresspahl und Hanna Ohlerich im Sommer 1946 von den Ferien auf Johnny Schlegels Hof nach Jerichow zurückkehren, fällt ihnen auf, dass die Frauen wieder Kleider (statt Männerhosen) tragen, und Bergie Quade, die ihnen in einer am Hals aufgeknöpften, ärmellosen Bluse begegnet, so dass ihre »schweren Arme [...] blank und unbescheiden« zu sehen sind, gibt ihnen Bescheid: »Die Russen waren weg.« Tatsächlich sind sie nicht »weg«, sondern auf Anweisung von Marschall Sokolowskij kaserniert worden.

1355-1357 Am Totensonntag 1945 lädt Kommandant K.A. Pontij sie und Mining Köpcke zum Kaffee in die Kommandantur ein: Sie sollen eine liberale Partei (die LPDP) gründen. Dafür stellt Pontij ihnen die »beschleunigte Rückkehr des Ehemanns aus der sowjetischen Kriegsgefangenschaft« in Aussicht. Die Parteigründung übernimmt dann aber Böhnhase. Mining Köpcke und Bergie, die ohnehin fürchten, dass man ihnen »Liebedienerei für die Sowjets« nachsagen würde, »gestanden sich ein, daß sie einen männlichen Appetit unterschätzt hatten, auch war Böhnhase zu lange weggewesen vom Trog; sie traten seiner Partei bei, nun nicht mehr Hauptschuldige, Mitläufer bloß«.

Vgl. auch 1044. 1123. 1180. 1232. 1372. 1601.

Zur Kasernierung der sowjetischen Besatzungssoldaten im Sommer 1946, die mit ersten Fraternisierungsverboten einherging, vgl. Jahrestage-Kommentar zu 1278, 24-31.