Coppelius, Advokat

In Nathanaels Kindheit ein häufiger Gast im Haus der Eltern, von dem der erwachsene Nathanael in seinem Brief an seinen Freund Lothar ausführlich erzählt, nachdem er diesem Schrecken seiner Kindertage in dem Wetterglas-Händler Coppola wiederbegegnet zu sein glaubt.

Coppelius war nach seiner Erinnerung ein großer breitschultriger Mann mit »einem unförmlich dicken Kopf, erdgelbem Gesicht, buschigten grauen Augenbrauen«, der das »schiefe Maul« oft zu einem hämischen Lachen verzog. Für Nathanael und seine Schwestern war er »überhaupt widrig und abscheulich« (15). Vor allem seine haarigen Fäuste waren den Kindern so sehr zuwider, dass sie alles, »was er damit berührte, nicht mehr mochten« (16). Nathanael ist sich sicher, dass der Alte das wusste und es ihm eine Freude war, den Kindern jede schöne »Näscherei« madig zu machen, indem er sie berührte (16).

Als der etwa zehnjährige Nathanael sich eines Nachts im Arbeitszimmer seines Vaters versteckt hatte, um einen Blick auf den berüchtigten Sandmann zu werfen, von dem die Mutter und die Amme seiner kleinen Schwester gesprochen hatten, sah er Coppelius beim Vater eintreten. Seither hielt er ihn für den Sandmann, der für ihn durch diese Verbindung nun nicht mehr nur ein »Popanz aus dem Ammenmärchen« war, sondern das, was Coppelius in den Augen des Kindes war: »ein häßlicher gespenstischer Unhold, der überall, wo er einschreitet Jammer – Not – zeitliches, ewiges Verderben bringt« (16).

Die weitere Schilderung dieser Begegnung ist entsprechend alptraumhaft. Coppelius, so schreibt Nathanael, habe ihm Glutkörner in die Augen streuen wollen und nur dem Flehen seines Vaters habe er es zu verdanken gehabt, dass ihm weiter nichts passiert sei. Danach sei der Mann über ein Jahr lang verschwunden, dann aber wieder und »zum letztenmale« bei der Familie aufgetaucht (19). In dieser Nacht sei der Vater bei einer Explosion im Arbeitszimmer gestorben, und Coppelius sei erneut und endgültig verschwunden.

Nun glaubt Nathanael, inzwischen Student in der Universitätsstadt G., Coppelius in dem Wetterglashändler Coppola erkannt zu haben, der eines Tages an seiner Tür steht, um ihm seine Waren feilzubieten. Nach Claras Brief und einem Besuch in der Heimatstadt verwirft er diese Idee jedoch wieder und kauft dem Händler bei dessen erneuten Besuch sogar ein »Taschenperspektiv« ab. Der Leser allerdings bleibt verunsichert angesichts der unheimlichen Dinge, die dem Helden widerfahren: Als er von dem Besuch in der Heimat nach G. zurückkehrt, ist das Haus, in dem er wohnt, abgebrannt, und das von Coppola erworbene Fernglas sorgt dafür, dass Nathanael der »Automate« Olimpia verfällt; und deren Vater, Professor Spalanzani, spricht in der Aufregung um den Verlust seiner »Automate« von Coppola als Coppelius.

Am Ende, als Nathanael, erneut von Coppolas »Taschenperspektiv« in Raserei versetzt, Clara vom Ratsturm herabstürzen will, ist plötzlich auch der seit dem Tod des Vaters verschwundene Coppelius zur Stelle. Er ist, wie der Erzähler zu berichten weiß, »eben in die Stadt gekommen und gerades Weges nach dem Markt geschritten«. Da steht er in der Menge vor dem Ratsturm, und als die Leute auf den Turm steigen wollen, um sich des »Rasenden zu bemächtigen, da lachte Coppelius sprechend: ›ha ha – wartet nur, der kommt schon herunter von selbst« (49). Kaum hat Nathanael Coppelius in der Menge entdeckt, stürzt er sich in die Tiefe, und als er »mit zerschmettertem Kopf auf dem Steinpflaster lag, war Coppelius im Gewühl verschwunden« (49).