Zeitblom, Serenus

Er ist der Erzähler von Adrian Leverkühns Geschichte, die er am 23. Mai 1943 beginnt. Zunächst beschreibt er sich selbst: Dr. Serenus Zeitblom, klassischer Philologe und seit 1914 Gymnasialprofessor im bayrischen Freising. Geboren 1883 in Kaisersaschern nahe Merseburg, im Kontrast zur lutherischen Umgebung katholisch erzogen; sein Vater, Apotheker, hieß Wohlgemut Zeitblom (I, II).

Zeitblom präsentiert sich als ausgeglichene Natur, klassisch gebildet, gesund und human – und damit fremd in der gegenwärtigen Kriegszeit. Er hat drei Kinder mit seiner Frau Helene, geb. Ölhafen, die Söhne dienen der NS-Herrschaft. Sein Stil ist oft betulich-feierlich und damit, wie er weiß, dem Gegenstand unangemessen.

Zeitblom wäre ein biederer, unangefochtener Charakter, wenn nicht seine Liebe und Bewunderung für Adrian Leverkühn ihm ein besorgtes Verständnis für die »unteren Gewalten« eröffnete, die nach seiner Erfahrung zum schöpferischen Leben gehören. Seine daher rührende Angst um den Freund ist ein immerwährendes, sich bald bestätigendes Gefühl.

Der zwei Jahre ältere Serenus teilt über viele Jahre die Schul- und Universitätszeit mit dem Freund, der nur ihn (und später Rudolf Schwerdtfeger) duzt. Er ist in Kaisersaschern, Halle, Leipzig und dann in München an seiner Seite, mit jeweils längeren Unterbrechungen. Im Herbst 1910 »gesteht« Zeitblom dem Freund, dass er heiraten will, Helene Ölhafen, ein braves Mädchen. »›Wundervoll‹, rief er. ›Guter Jüngling, du willst dich ehelich verheiraten. Was für eine rechtschaffene Idee!‹« (XXII, 275). Im Sommer 1912 besucht Serenus mit seiner Frau Adrian und Schildknapp in Palestrina.

Zeitblom ist 1914-15 an der Front, wird dann aber wegen einer Typhusinfektion entlassen. Er denkt viel über Deutschland und die Deutschen nach, auch mit Adrian und den Freunden gibt es darüber Diskussionen – wozu Adrian nur »Gott segne Eure studia!« sagt (XXX, 447). Das Jahr 1919 mit der Kapitulation gibt Zeitblom düstere Betrachtungen ein, in Parallele zu der »jetzt«, 1944, erwarteten viel krasseren Niederlage, die er dem von Rausch und Wahnsinn besessenen Vaterland schon früher wünschte (XXI, 255).

In den 20er Jahren beobachtet Zeitblom eifersüchtig Adrians vertrautes Verhältnis zu dem Geiger Rudi Schwerdtfeger. Gespräche Adrians mit Rudi, auch Rudis mit Marie Godeau gibt er wieder, als sei er dabei gewesen, und er ist tatsächlich dabei, als Ines in der Straßenbahn Schwerdtfeger erschießt (XLI, XLII). Mit Leverkühns letztem Werk »Dr. Fausti Weheklag«, nach Nepomuk Schneideweins schrecklichem Sterben, setzt er den »dämonischen« Untergang Deutschlands in Parallele, das auch vom Teufel geholt wird (XLVI). Er sieht den kranken Adrian noch zweimal, 1935 und 1939, ohne dass der ihn erkennt, und nimmt 1940 an der Beerdigung teil, zusammen mit den guten Freundinnen und Freunden.

Zeitbloms Hoffnung ist, wie er in seiner »Nachschrift« schreibt, dass das bisher verachtete Werk seines »verewigten Freundes« Leverkühn nun, nach der deutschen Kapitulation, Anerkennung finden werde – aber vielleicht werde es zuerst im Ausland erscheinen.