Angelica (1855)

Angelica

Angelica liebt den älteren Ehrhardt, der seit ihrer Kinderzeit im Haus ihrer Mutter verkehrt. In einer Sommernacht, nachdem »die Liebe ihr leidevolles Wunder zwischen ihnen vollbracht hatte« (I, 364), verspricht sie sich ihm (I, 365), obwohl er ihr erklärt, dass er sie wegen seiner wenig einträglichen Stellung nicht wird heiraten können.

Vor der ›Welt‹ geht Angelica, von der Mutter gedrängt, altersgemäßen Vergnügungen nach, an denen sie auch Gefallen findet. Ihr eifersüchtiger Geliebter, der an den Festen und Tanzveranstaltungen aus finanziellen Gründen nicht teilnehmen kann, versucht, sie davon abzuhalten. Er drängt sie damit in einen wachsenden Zwiespalt zwischen ihrer Liebe und ihrem jugendlichen Bedürfnis nach Vergnügen und Zerstreuung (I, 369), den sie nicht lösen kann: Sie gibt ihm halb und halb den Abschied, den sie sogleich wieder zurücknimmt (I, 372-374). Den Heiratsantrag eines Arztes, der ihr ein sorgloses Leben bieten könnte, weist sie Ehrhardts wegen zunächst ab (I, 378), entfremdet sich dem Geliebten aber immer mehr.

Nachdem Ehrhardt in einer weit entfernten Stadt eine Anstellung gefunden und die Heimatstadt verlassen hat, nimmt sie schließlich den wiederholten Antrag des Arztes an, der jedoch kurz vor der Hochzeit stirbt. Ihr weiteres Schicksal wird nicht erzählt. Das Hauptaugenmerk des Erzählers gilt sichtlich (und trotz des anders lautenden Titels der Novelle) dem Seelendrama des verhinderten Bräutigams Ehrhardt.

Arzt

Der Rivale Ehrhardts hat in der Erzählung nur einen kurzen Auftritt: Nachdem Angelica seinen ersten Heiratsantrag offenbar zurückgewiesen hat, begegnet er im Flur ihres Hauses Ehrhardt, der ihn anspricht, aber keine Antwort erhält: Der Arzt geht »mit stummem Gruß und unverkennbar eilig an ihm vorüber« (I, 375). Später, nach Ehrhardts Weggang, hat er mehr Erfolg und erlangt Angelicas Ja-Wort, stirbt aber noch vor der Hochzeit.

Ehrhardt

Ehrhardt liebt die deutlich jüngere Angelica, die er hat aufwachsen sehen. Er kann sie aber nicht heiraten, denn er hat erst in spätester Jugend eine berufliche Laufbahn begonnen. Deren bescheidene Einkünfte verbieten es ihm auf unabsehbare Zeit, vielleicht sogar auf immer, eine Familie zu gründen (I, 363). Dennoch – »aller Erkenntnis und allen Willens unerachtet« (I, 363) – vollbringt die Liebe in einer lauen Sommernacht »ihr leidevolles Wunder zwischen ihnen« (I, 364). Das Wunder hindert Ehrhardt allerdings nicht, der Geliebten gleich danach »mit klaren Worten« zu verdeutlichen, dass und warum er sie nicht heiraten kann. Angelica verspricht sich ihm dennoch (I, 365), und so sind die beiden seit dieser nächtlichen Liebesbegegnung heimlich ein Paar.

Ehrhardt genießt das ›träumerische‹ Bewusstsein seines heimlichen Besitzes (I, 368), leidet aber auch daran, ihn der ›Welt‹ nicht zeigen zu können. Argwöhnisch beobachtet er seine Geliebte, die, von der Mutter genötigt, den altersgemäßen Vergnügungen nachgeht. Da er an den Fest- und Tanzveranstaltungen der städtischen Gesellschaft wegen seiner geringen Mittel nicht teilnehmen kann, versucht er, sie ebenfalls davon zurückzuhalten. Er drängt sie damit in einen wachsenden Zwiespalt. Beide entfremden einander zusehends und »vergingen in Qual, daß sie nicht Eins im Andern selig sein konnten, wie sie es einst gekonnt« (I, 379).

Mitten in dieser ungelösten Situation verlässt Ehrhardt die Stadt, um in einem weit entfernten Ort ein Amt zu übernehmen. Ein Jahr später erlangt er eine einträgliche Stellung, die ihn wider Erwarten in die Lage versetzt, seinen Heiratswunsch zu verwirklichen. Er reist in seine Heimatstadt, um sich Angelicas Ja-Wort zu holen. Dort muss er indes erfahren, dass sie inzwischen einem Arzt versprochen ist, dessen ersten Antrag sie seinetwegen abgewiesen hatte (I, 378). Ohne sie gesehen zu haben, reist er enttäuscht wieder ab. Der Erzähler fühlt mit ihm, lässt ihn aber immerhin über »die Schwäche seiner Natur und die Schwere seiner Schuld« nachdenken (I, 382).

Als Ehrhardt wenig später durch den Brief eines Freundes erfährt, dass Angelicas Bräutigam kurz vor der Hochzeit gestorben ist, gibt er sie nach kurzem inneren Ringen gleichwohl verloren: Der »Zauber ihres Wesens, wie er noch einmal vom Abendschein erinnernder Liebe angestrahlt erschien, war in der ganzen Welt nur noch in seiner Brust zu finden« (I, 384).

Mutter

Angelicas Mutter hat für ihre Tochter den einfachen Wunsch, sie »Gattin und Mutter werden zu sehen« (368). Sie hofft, dass es ihr dabei finanziell so gut gehen möge wie ihr. Dabei verliert sie aus den Augen, dass »auch diese sittlichen Verhältnisse zu ihrer keuschen und vollen Verwirklichung der Leidenschaft als ihres natürlichen Eingangs bedarf« (368). Sie scheint ihren Willen zu bekommen, verabschiedet sich Eberhardt doch sogar aus eigenem Antrieb.