Rudolph

Der Protagonist der Novelle, Rudolph, leidet kurz nach seiner Ausbildung an einer psychischen Krankheit. Die Diagnose des behandelnden Arztes lautet: Burnout. Ein weiterer Grund, der in der Erzählung angedeutet wird, ist, dass Rudolphs Vater früh starb und er allein der verzärtelnden Erziehung der Mutter ausgesetzt war, was sich in erster Linie an seiner – aus der Sicht des Pfarrers und des Grafen – übertriebenen Zuneigung zu Literatur und Musik zeigt. Seine innere Verfassung schlägt sich auch auf seine Erscheinung nieder: Obwohl er »von hohem, kräftigem Wuchse« ist, zeigen »die Linien des blassen Antlitzes eine der Jugend sonst nicht eigene Schärfe«, und in den Augen ist »etwas von jenem verklärten Glanze, wie bei denen, welche körperlich und geistig zugleich gelitten haben« (III, 131). Wenn Rudolph auch als geheilt entlassen wird, so empfiehlt der Arzt doch zur vollständigen Genesung eine baldige Ehe mit einem »Hausfrauchen« (III, 133), das die Forstjunkerin in Anna gefunden zu haben meint.

Im Zuge seines Werbens um Anna kommt es zum zentralen Konflikt, der der Novelle den Titel gibt und der Rudolph lange Zeit umtreibt. Rudolph verschweigt Anna auf Drängen seiner Mutter, dass er gerade erst von einer psychischen Krankheit genesen ist. Während in den ersten Ehejahren alles bestens zu sein scheint, ändert sich das durch verschiedene äußere Anlässe, die Rudolph zum Nachdenken anregen. Insbesondere der Zeitungsartikel über den Hufschmied und die Geschichte Klaus Peters’ sorgen dafür, dass Rudolph fürchtet, seine einstige Krankheit könne jederzeit wieder ausbrechen. Zusätzlich setzt ihn sein Dienstherr, der Graf, durch ein Übermaß an Arbeit unter Druck.

Rudolph erkennt daraufhin nicht mehr, dass es eigentlich nur sein Schweigen Anna gegenüber ist, das für seinen Seelenzustand verantwortlich ist. Er manövriert sich selbst in eine immer ausweglosere Situation. Entgegen der Realität meint er, dass er sich Anna in seiner Verfassung nicht mehr zumuten könne, und beschließt, sich umzubringen. Erst in seinem Abschiedsbrief beichtet er Anna, was er ihr einst verschwieg. Diese Beichte allerdings lässt ihn erkennen, dass es ausschließlich sein Schweigen war, das auf ihm lastete. Derart erleichtert, lässt er vom Selbstmord doch ab. Da Anna ihm verzeiht, steht einer glücklichen gemeinsamen Zukunft nichts mehr im Wege, die durch die Geburt eines Kindes besiegelt wird.