Berthold

Maler in der Jesuiterkirche. Das ganze »zerrissene Leben« dieses »unglücklichen Künstlers« ist der Gegenstand der Erzählung (112). 

Der Erzähler sieht bei der ersten Begegnung einen Mann, »kaum über vierzig Jahr alt«, dessen Gestalt etwas »unbeschreiblich edles« hat (113). Der »tiefe Gram« hat zwar sein Gesicht gezeichnet, aber es blitzt immer noch »Feuer« aus den »schwarzen Augen« (113). 

Bei ihrer zweiten Begegnung, die sich des Nachts ereignet, wirkt er belebter: Er trägt ein »muntres Liedchen« auf den Lippen und zeichnet unter Zuhilfenahme eines Netzes Hilfslinien in eine Nische, um damit ein Altarbild zu übertragen (115). Von seinem Gehilfen Christian im Stich gelassen, nimmt er gerne die Hilfe des Erzählers an. Zwischen den beiden entwickelt sich ein angeregtes Gespräch über die Kunst. Die vom Erzähler vertretene »Rangordnung« zwischen Architektur-, Landschafts-, und Historienmalern weist Berthold scharf zurück. Vor allem die damit verbundene Idee des »genialen Gedankens« lehnt er ab und vergleicht den danach strebenden Maler mit Prometheus, der »das Feuer vom Himmel stahl, um seine toten Figuren zu beleben« und deshalb zu ewiger Qual verdammt wurde (116). Er führt diese Diskussion mit der Leidenschaft eines Betroffenen, und auf die Nachfrage des Erzählers gesteht er, eines »gräßlichen, nie zu sühnenden Verbrechens« schuldig zu sein (120). 

Der nunmehr wissbegierige Erzähler erfährt von Professor Walther, dass das verhüllte Gemälde in der Kirche das letzte eigene Werk ist, das Berthold in Schlesien vor einer schweren Erkrankung begonnen hat. Es gelangte nach G., kann dort aber nicht offen gezeigt werden, weil Berthold bei seinem Anblick Ohnmachtsanfälle erleidet und dann auf »mehrere Tage unbrauchbar« ist. Walther verweigert dem Erzähler weitere Erläuterungen, übergibt ihm aber das Manuskript eines Studenten, das Bertholds Geschichte enthüllt: 

Als talentierter junger Künstler begibt Berthold sich auf eine Reise nach Italien, um dort seine künstlerische Identität zu finden. In Rom rät man ihm, sein Fach, die Landschaftsmalerei, aufzugeben und sich stattdessen an der Historienmalerei zu versuchen. Aber seinen Bildern fehlt die Lebendigkeit. In dem Landschaftsmaler Hackert, der in Italien unverhofft zu Ruhm kommt, findet er einen neuen Meister. Er lernt schnell und erfährt endlich öffentliche Anerkennung. Von dem Maltheser, einem wunderlichen Alten, wird er aber auf Mängel seines Werks hingewiesen. Seinen Bildern fehle, was der »heilige Zweck aller Kunst« sei: »Auffassung der Natur in der tiefsten Bedeutung des höheren Sinns, der alle Wesen zum höheren Leben entzündet« (129). Tief erschüttert verlässt Berthold seinen Lehrer Hackert und zieht weiter durch Italien. Auch der lebensfrohe Florentin kann ihm in seiner Not nicht helfen. Erst als ihn in einer seiner dunkelsten Stunden die Erscheinung »eines hochherrlichen Weibes« heimsucht, hat er sein »Ideal« gefunden, und seine Krise scheint überwunden (133). 

Fortan hat er großen Erfolg. Dass manche Betrachter in den Frauenfiguren seiner hochdekorierten Bilder die neapolitanische Prinzessin Agniola erkennen und glauben, er sei heimlich in sie verliebt, empört ihn, weil er dadurch das »Himmlische in das Gemeinirdische« herabgezogen sieht (134). In den Wirren der Koalitionskriege kommt er dann allerdings in die Verlegenheit, die Prinzessin retten zu müssen, und muss dabei erkennen, dass sie tatsächlich die »herrliche Himmelgestalt« ist, die »den Götterfunken in seiner Brust entzündet« hat und die er für eine Erscheinung gehalten hatte (136). Sie gesteht ihm ihre Liebe, und die beiden beschließen, gemeinsam zu fliehen und fortan zusammenzuleben. 

Berthold schwelgt »in namenloser Wonne«, bis ihn eine innere Stimme wieder an seine Arbeit als Künstler erinnert. Aber »seine Kraft« ist dahin und selbst Agniola wird ihm auf der Leinwand »zum toten Wachsbilde« (138). Er macht sie für seine neuerliche Krise verantwortlich – »Sie, sie allein schuf mein Unglück« – und wünscht ihr und ihrem gemeinsamen Kind den Tod, um von der »unerträglichen Qual, die wie mit glühenden Messern« in ihm wütet, erlöst zu werden (138). Die Nachbarn, von seinen gewalttätigen Ausbrüchen alarmiert, zeigen ihn an, doch die Ordnungshüter finden nur noch ein leeres Haus vor. Bei seiner Ankunft in Oberschlesien hat »er sich seines Weibes und Kindes entledigt«, wie es in dem Manuskript heißt (138). 

Während der Erzähler sich sicher ist, dass das ominöse Verbrechen, von dem Berthold sprach, eben der Mord an den beiden war, traut der Professor ihm den »Mut zu solcher Tat« nicht zu (139). Vom Erzähler direkt mit dem Verdacht konfrontiert, droht Berthold damit, sich mit ihm gemeinsam vom Gerüst in den Tod zu stürzen. 

Ein halbes Jahr später berichtet der Professor dem Erzähler, dass Bertold nach diesem Vorfall »plötzlich ganz heiter« noch das Bild beendet habe, das nun »vollends alle Menschen in Erstaunen setze«, und anschließend verschwunden sei. Es wird vermutet, dass er in die Oder gegangen sei, wo sein Stock und Hut gefunden wurden (140).