Lexikon zu »Joseph und seine Brüder« (1933-43)

Abgeschlossene Einträge: 490   |   Letzte Änderung: 21.07.2018

Z

Za   Ze   Zi   Zo   Zw   Zy
 

Zahi Kanaan

Zawi-Rê

Josephs zweite ›Grube‹, die Inselfestung Zawi-Rê, liegt »tief im Lande des Set und der roten Krone«, im unterägyptischen Gau von Mendes (Djedet). Dass es der »greuliche Bocksgau« ist, in den die Fahrt geht, gibt Joseph »noch ein eigenes Gefühl von Bedenklichkeit zu der allgemeinen Bedrücktheit und Schwermut, die ihn überschattete und doch auch wieder von einer gehobenen Empfindung des Schicksals und sinnigem Spiel der Gedanken begleitet war« (V, 1293).

Das ›sinnige Spiel der Gedanken‹ betrifft die mythische Deutung dieser zweiten Fahrt in die ›Grube‹, die Joseph, wie schon die erste, als Wiederholung von Tammuz' Fahrt in die Unterwelt versteht: »Es war der Abgrund, in den der Wahrhafte Sohn steigt, Etura, der unterirdische Schafstall, Aralla, das Reich der Toten. Durch die Brunnengrube war er ins Unterland, ins Land der Todesstarre gelangt; nun ging es auch dort noch wieder ins bôr und ins Gefängnis hinab nach Unter-Ägypten, – tiefer konnt' es nicht gehen« (V, 1295).

Zawi-Rê ist ein »Lager freudloser Baulichkeiten«, eine »Ansammlung von kubischen, Höfe und Gänge bildenden Kasernen, Ställen, Magazinhäusern und Kasematten«, überragt von einer Zitadelle, in der der Amtmann residiert, und »von dem Pylon eines Wepwawet-Tempels, dessen Flaggenschmuck den einzigen Augentrost in all der Unzier bildete« (V, 1304 f.).

Der »Amtmann über den Zwinger, Gefangenenvogt und Besatzungskommandant« ist Mai-Sachme (V, 1304), Josephs späterer Haushalter und Hausverwalter in Menfe. In Zawi-Rê sind die Rollen umgekehrt verteilt: Ungefähr ein halbes Jahr nach seiner Einlieferung wird Joseph »wie von selbst und ohne daß eine besondere Ernennung erfolgt wäre«, zum »Herrn des Überblicks« in der Kanzlei des Gefängnisses und nimmt Mai-Sachme lästige »Schreibereien und Verrechnungen« ab (V, 1327 f.).

Joseph verbringt drei Jahre in Zawi-Rê. Ein knappes Jahr nach seiner Ankunft werden die beiden der Verschwörung gegen Amenhotep III. verdächtigten Hofbeamten eingeliefert, der Oberbäcker Mersu-Rê und der Mundschenk Nefer-em-Wêse, denen Joseph aufwartet und die Träume deutet. Es dauert noch zwei Jahre, bis der freigesprochene und wieder in sein Amt eingesetzte Nefer-em-Wêse sich seines Versprechens entsinnt, Joseph aus dem Gefängnis zu helfen (V, 1402 f.). Da ist Amenhotep III. schon gestorben und Amenhotep IV. (Echnaton) auf dem Thron.

Vgl. Karte von Ägypten (Djedet). – Mit der Deutung des Gefängnisses als Unterwelt folgt TM Jeremias I (331). – Wepwawet (Up-uat, Upuaut) ist ein Kriegsgott in Wolfsgestalt, der eigentlich im 13. oberägyptischen Gau, in Siut (Asyut), verehrt wird.

Letzte Änderung: 18.08.2013  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Zebaoth

Die himmlischen Heerscharen, die neben den Engeln Gott dienen (IV, 432), der darum »Herr Zebaoth« heißt (IV, 465). Joseph, das reich mit Bildern bestickte Brautkleid seiner Mutter, die Ketônet passîm, betrachtend, ruft die Heerscharen an: »Ihr Zebaoth, was für ein Getier!« (IV, 481)

Letzte Änderung: 29.08.2010  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Zel, Feste

Nach neuntägiger Reise »durchs Leidige« gelangen die Midianiter mit ihrem Sklaven Joseph-Usarsiph an die nordöstliche Grenze Ägyptens zu der mächtigen Festung Zel, die an der »Landenge zwischen den Bitterseen« liegt (IV, 709). Es ist »die Brustwehr und ängstlich-mächtige Vorkehrung des feinen, glücklichen und verletzlichen Ägyptenlandes gegen Wüste, Räuberei und östliches Elend« (IV, 710). Als Teil einer weit hinlaufenden Mauer, der »Herrschermauer« (IV, 709), bewacht die Festung einen durch ein erzenes Tor gesicherten Brückenübergang (IV, 712 f.). Es ist ein gewaltiger Bau, »starrend von vierkantigen Zinnentürmen, Basteien, Toren des Ausfalls und Wehrbalkonen auf allen Seiten und mit vergitterten Fenstern in den schmaleren Aufgebäuden« (IV, 710).

Hier steht den Midianitern die »krittligste Prüfung« bevor (IV, 709), denn Pharaos Soldaten verweigern Fremden, die sich nicht ausweisen können, den Durchlass. Der alte Midianiter befiehlt seinen Leuten, sich vor der Ankunft gründlich zu waschen, damit »wir ihnen wie Menschen erscheinen und nicht wie Sandhasen«, und vertraut im Übrigen auf den Brief eines Handelsfreundes, mit dem er sich ausweisen will. Aber Hor-waz, der »Schreiboffizier« und Truppenvorsteher der Festung, der diesen Brief schon bei einer früheren Passage des Alten mit seinem Visum versehen hat (IV, 717), will ihn nicht ein zweites Mal als Ausweis akzeptieren. Erst als der Alte seine Bekanntschaft mit Mont-kaw ins Spiel bringt, gewährt er ihm und den Seinen Durchlass (IV, 718). So tritt Joseph, »von niemandem angesehen und mit keinem Namen genannt in Hor-wazens Amtsprotokoll« (IV, 719), ein in »Scheol« (IV, 720).

Viele Jahre später, während der sieben Dürrejahre, lässt er sich alle Grenzberichte der östlichen Grenzsperren vorlegen und liest sie »täglich von oben bis unten durch« in der Erwartung, irgendwann die Namen seiner Brüder zu lesen (V, 1585 f.). Im »zweiten Jahr der mageren Kühe« (V, 1586) ist es soweit: Ein Grenzprotokoll der Feste Zel, »mit rennendem Boten« nach Menfe gebracht, gibt kund, dass die »Söhne Jaakobs, des Sohnes Jizchaks, vom Haine Mamre«, die Grenzfestung passiert haben (V, 1590).

Als dann Jaakob mit seiner ganzen Sippe und Habe vor die »grimme Paßfeste« gelangt, öffnen sich die Tore von selbst, denn er kann Papiere vorweisen, wie sie »Leute des Elends entschieden noch niemals geführt, die an die Pforte Ägyptenlands geklopft hatten« (V, 1737).

Die Festung Tjaru (Zaru, Sile, Zele), die 2007 bei Ausgrabungen gefunden wurde (vgl. Bericht von National Geographic), lag nördlicher und etwas westlicher als Erman/Ranke vermuteten (vgl. Karte S. 47 in Erman/Ranke und hier Karte von Ägypten) – Fischer weist darauf hin, dass sie nicht, wie Erman/Ranke (33) annehmen, Teil der Herrschermauer war (Fischer, 465). – TMs Beschreibung der Festung stützt sich vermutlich auf Erman/Ranke (644 f, 628 f.) und auf eine in mehreren seiner Aegyptiaca und auch hier abgebildete rekonstruktive Zeichnung der Festung Semna am 2. Katarakt (Erman/Ranke 628; Wiedemann 159 u.a.).

Bei Erman/Ranke (645) finden sich Proben der ›Grenzprotokolle‹, wie Hor-waz sie über passierende Reisende abfassen muss. Das später von Joseph gelesene Protokoll (V, 1585) ist, worauf Fischer (745) hinweist, ein Zitat aus dem Papyrus Anastasi VI, 4, 14 ff. (zitiert bei Jeremias I, 340 f.).

Die Beschreibung des Bildschmucks am Mauertor, darstellend die »riesige Figur eines nackthalsigen Geiers mit gebreiteten Fittichen«, der rechts und links von Uräusschlangen »mit geblähten Köpfen auf ihren Bäuchen stehend« gerahmt wird (IV, 712 f.), hat nach Wyslings Vermutung ihr Vorbild in der Fotografie einer nicht näher identifizierten Wandmalerei, die sich unter TMs Arbeitsmaterialien fand (vgl. die Abbildung bei Wysling, 216). Meines Erachtens handelt es sich dabei um die Fotografie eines Wandfrieses aus dem großen Tempel der Hatschepsut in Deir-el-Bahari. Die Uräusschlangen befinden sich freilich nicht seitlich, sondern in einem Fries oberhalb der Geierfigur und sind auf Thomas Manns Foto nur im Anschnitt zu sehen.

Abb.: (1) Zeichnung (Rekonstruktion) der Grenzfestung Semna. – (2) Wandfries im Tempel der Hatschepsut.

Letzte Änderung: 08.08.2013  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Zeset

Gattin des Zwergs Dûdu, des ›Kleiderwarts‹ und ›Vorstehers der Schmuckkästen‹ in Potiphars Haus, und Mutter von Esesi und Ebebi, den »langen, aber garstigen Kinder[n]« des Paars (V, 942), die ihre Körpergröße der Mutter verdanken, denn Zeset gehört zum Stolz ihres Gatten zu den »Ausgedehnten« (IV, 786), d.h. zu den Normalwüchsigen. Sie hat »im Frauenhause eine gehobene Stellung« inne (V, 942), kraft deren sie Dûdus Intrigen gegen Joseph unterstützt (vgl. V, 980).

Die Abbildung zeigt die Anregung für die Erfindung des ungleichen Paars: Den Zwerg Seneb mit seiner Familie (Ägyptisches Museum Kairo).

Letzte Änderung: 17.07.2013  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Ziegenfisch

In Josephs Geburtsstunde erhielt das Sternzeichen der Ischtar (Venus), wie Joseph von Eliezer gelernt hat und seinem Vater erklärt, »einen Gedrittschein von Nergal im Ziegenfisch«, wodurch ihre Süße die notwendige Würze bekomme (IV, 109).

»Das Tierkreiszeichen des ›Ziegenfisches‹ ist identisch mit dem des Steinbockes. Es war der altbabylonische Name für dieses. Seine Erklärung wäre freilich schwierig«, schreibt TM an seine französische Übersetzerin Louise Servicen am 19.2.1934 (Selbstkommentare, 85). Er kannte Begriff und Bild vermutlich aus Meissner II (406 und 14, Abb. 4).

Letzte Änderung: 25.02.2015  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Zo'an Djanet

Zwillinge, Die

Die »wilden Zwillinge« nennt der Erzähler die beiden rauen und stets kampfbereiten Lea-Söhne Schimeon und Levi, und auch in der Jaakobs-Familie, behauptet er, nennt man die beiden »›die Zwillinge‹, obgleich sie ein Jahr auseinanderwaren« (IV, 491).

Die »störrigen Dioskuren« (IV, 380) treten fast immer als Paar auf und handeln wie ein Mann, wenn es gilt, Konflikte mit der Faust zu lösen. Sie sind »die größten Raufbolde« (IV, 158), was sie besonders mit ihrer »Schekemer Schreckenstat« (IV, 380), dem Gemetzel und Raubzug in Schekem (Sichem) nachdrücklich unter Beweis stellen (vgl. IV, 180-184).

Bei dem Überfall der Brüder auf Joseph führen die ›Zwillinge‹ sich »am allerrohesten« auf (V, 1622), und zusammen mit dem ähnlich veranlagten Gad bieten sie sich an, dem Vaterliebling gleich ganz den Garaus zu machen. Das findet der Erzähler »nur folgerecht, daß diejenigen es über die Lippen brachten und sich dafür zur Verfügung stellten, zu deren Rolle auf Erden es am besten paßte und die damit, sozusagen, ihrem Mythus sich gehorsam erwiesen« (IV, 562). Schimeon, Levi und Gad repräsentieren eine niedere Stufe der Zivilisation.

Beide sind »rüstige Leute« und erfreuen sich eines »athletischen Wuchses« (IV, 412), ihre Brust ist mit »Tätowierungen bedeckt« (IV, 494). Als Joseph den Brüdern von seinem hochfahrenden Traum erzählt, knirschen alle mit den Zähnen, aber »Schimeon und Levi bleckten sogar die Zähne dabei« (IV, 520). Sie sind »roh, aber fromm« (IV, 502), von ›wilder Dummheit‹ (IV, 514) und in Jaakobs Sicht »nichts als geölte Flegel« (V, 1545). Vom Hirtenleben halten sie nicht viel, hätten viel »lieber ein wilderes Handwerk betrieben« (IV, 502).

Der Beiname Jisrael (›Gottesstreiter‹), den der Vater bei seinem geheimnisvollen Kampf am Jabbok erworben hat (vgl. IV, 95 f.), ist für die beiden »ein Grund zu heimlichem Lächeln« (IV, 132), und nicht selten stoßen sie einander heimlich in die Seite, »wenn der Vater von seinem Ehrennamen und Gottestitel Gebrauch machte« (IV, 152).

Die ›Zwillinge‹ sind unzertrennlich. Nur einmal müssen sie sich trennen: Joseph bestimmt, dass Schimeon als Geisel in Ägypten zurückbleibt, während die übrigen Brüder zurückreisen, um Benjamin zu holen (V, 1624).

Trennung verheißt auch der ›Segensfluch‹ des sterbenden Vaters. Denn wie zuvor schon Ruben wegen seines Fehltritts mit Bilha, werden auch die ›Zwillinge‹ wegen ihrer Untaten in Schekem »unterm Segen« verflucht: »Seid verflucht, meine Lieben, verflucht unterm Segen. Getrennt sollt ihr sein und voneinandergenommen, daß ihr nicht Unfug übt mitsammen für und für« (V, 1794). Die beiden zeigen sich davon wenig beeindruckt, sie waren schon vorher darauf gefasst, »es feierlich aufgetischt zu bekommen« (V, 1789). Und »›Israel‹ blieben sie jedenfalls, – ihre Verwerfung geschah unterm Gesamtheitssegen« (V, 1795).

Band IV: 82, 88, 132 f., 145, 152, 157 f., 164, 170, 174, 181, 336, 359, 380, 412, 491-494, 502, 509-511, 514 f., 520, 549, 552, 559, 562, 564, 567, 600, 623, 631, 658. – Band V: 1470, 1545, 1547, 1555, 1622, 1625, 1641, 1652, 1664, 1789, 1794-1796.
Letzte Änderung: 07.10.2008  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Zypern Alaschia

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