Der weisse Fächer. Ein Zwischenspiel (1897)

Prolog, Der

Verkündet, dass das Spiel, leicht »wie ein Federball«, etwas vom Schein des Lebens abbilden will. Dem Leben »gleich« sein wolle es nicht (III, 153).

Fortunio

Ein vierundzwanzigjähriger Witwer und Mirandas Vetter. Im Dialog mit seinem Freund Livio erläutert Fortunio seine Lebensphilosophie: Auf das »Schattenspiel« des Lebens sei kein Verlass (IIIl, 153). Der Mensch besitze sein Leben nicht. Da alles im Werden begriffen sei, seien die Dinge an sich wertlos, seien nur, was der Mensch aus ihnen mache. Fortunio geht ganz in seiner sich selbst auferlegten Rolle des trauernden Witwers auf. Er versagt sich jeden Kontakt zum weiblichen Geschlecht, das ihm heute im Gegensatz zu seinen Jugendzeiten ohnehin reizlos erscheint. Einzig die Erinnerung an seine geliebte Frau hält ihn aufrecht. Bewusst lebt er ein schattenhaftes Dasein, in dem Erinnerung und Vergangenheit ihm alles sind. Nach dem Gespräch mit seiner Großmutter bleibt er allein auf dem Friedhof zurück und trifft dort auf Miranda. Ihr, die ebenfalls verwitwet ist, wirft er übermäßige Traurigkeit vor. Er erteilt ihr den Rat, ihr nonnenartiges Leben endlich aufzugeben. Sie versündige sich damit gegen das Leben. Mit seinen guten Ratschlägen bespiegelt Fortunio sich auch selbst: »Aber es gibt hochmütige, eigensinnige Seelen, die mehr für ein Ding bezahlen wollen, als das Leben verlangt [...]. Und an diesen rächt sich das Dasein« (III, 169). Nachdem Miranda abgegangen ist, gerät er ins Grübeln und es bahnt sich die Möglichkeit einer Befreiung von Einsamkeit und Trauer an.

Grossmutter

Fortunios Großmutter, die vor Lebensenergie nur so strotzt, versteht nicht, warum sich ihr junger Enkel und dessen Freund Livio auf dem Friedhof aufhalten. Sie moniert Fortunios »übermäßige Trauer« (III, 158). Seiner unbeschwerten Jugend stellt sie das schwere Lebensschicksal ihrer Generation entgegen, das ihr die Lebensfreude dennoch nicht hat nehmen können. Sie rät ihrem Enkel, den sie für altklug und langweilig hält, das Leben zu genießen. Bereits in seiner Kindheit habe er es verpasst, das Leben intensiv zu erleben.

Livio

Gemahnt seinen Freund Fortunio an dessen eigene Maxime, nach der der Mensch sein Leben aktiv in die Hand nehmen soll. Das habe Fortunio vor lauter Trauer nun selbst versäumt. Fortunios Vorsatz, nach dem Tod der geliebten Frau für immer allein zu bleiben, kann Livio nicht nachvollziehen. Gemeinsam mit der Großmutter verlässt er den Friedhof und lässt seinen Freund allein zurück.

Miranda

Fortunios Kusine, ebenfalls jung verwitwet, tritt im Gespräch mit der Mulattin auf dem Friedhof auf und erzählt von ihrem Traum, der sie auf den Friedhof geführt hat: Auf dem Grab ihres Mannes erscheint ihr unter frischen Blumen dessen Gesicht. Doch mit dem Welken der Blumen wird auch das Antlitz ihres Mannes undeutlicher. Um es unter dem Laub wieder sichtbar zu machen, fächelt sie das Laub mit ihrem weißen Fächer fort. Das Gesicht ist aber verschwunden. Miranda überkommt das Gefühl, den Grabhügel trocken gefächelt zu haben. Sie weint so sehr darüber, dass sie aufwacht. Der Traum ist für sie insofern von besonderer Bedeutung, als ihr Mann ihr kurz vor seinem Tod ein Versprechen abgerungen hat: Miranda darf an keinen anderen Mann denken, solange die Erde über dem Grab nicht trocken ist. Bei ihrem Besuch auf dem Friedhof findet sie das Grab feucht und taufrisch. Sie gibt aber zu bedenken, dass die Grabstätte schon morgen wieder trocken sein kann. Das Leben kann ihr keine Sicherheit, kein »Festes nirgends« bieten (III, 173), sie fühlt sich verloren in ihrer Einsamkeit. Auf den Ratschlag ihres Vetters Fortunio, das Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen, reagiert sie gereizt. Sie hält Fortunios Reden für verlogen. Dennoch erkundigt sie sich bei ihren Dienerinnen, was für einen Eindruck Fortunio gemacht habe, als er den Friedhof verließ. Als sie erfährt, dass er nachdenklich, aber nicht allzu traurig ausgesehen hat, ist sie zufrieden: »So wird noch alles gut« (III, 175).

Mulattin, Die

Mirandas Dienerin, die ihrer Herrin ins Gewissen redet, das Leben in Trauer und Einsamkeit aufzugeben.

Catalina

Mirandas zweite Dienerin. Sie ist traurig, weil sie durch einen Brief davon erfährt, dass ihr Geliebter ihr untreu geworden ist.

Epilog, Der

Erklärt, dass sich der Leser/Zuschauer das weitere Geschehen leicht selbst ausmalen könne. Das Spiel sei nur eine Momentaufnahme, die die Ambivalenz von Unheil und Glück vor Augen führe.

© Katharina Meiser 2012 – Alle Rechte vorbehalten.