Faulstich, Dr.

Mitglied des engeren Gesellschaftskreises der Gräfin Amelie auf Schloss Guse (vgl. II, 3/172 f.), ein, wie Lewin findet, zwar »kluger und interessanter Mann«, aber von »zweifelhaftem Gepräge« (II, 10/229). Er besucht ihn mit Tubal nach dem Weihnachtsfest in seiner Wohnung in Kirch-Göritz, und auf dem Weg dorthin gibt er seinem Vetter einen Abriss seiner Geschichte (vgl. II, 10/230-234): Sohn eines strenggläubigen Predigers in der Altmark, studierte er einige Semester Theologie in Halle, von der ihn seine »literarischen Liebhabereien« stark ablenkten; er lernte Ludwig Tieck kennen und spielte einige Zeit seinen Mentor; nach dem Bruch mit seinem Vater ging er nach Berlin, gehörte dort zur Entourage der Gräfin Lichtenau; nach deren Niedergang fand er mit Ludwig Tiecks Hilfe eine Anstellung als Bibliothekar bei Graf Drosselstein, der ihm schließlich eine Lehrerstelle in Kirch-Göritz verschaffte, eine »halbe Sinekure«, die es ihm erlaubt, sich ganz seinem Steckenpferd, der literarischen Romantik, zu widmen (II, 10/232). Er bestreitet, so Lewin, seinen »ethischen Bedarf aus dem ästhetischen Fonds«, ist eine »schwache Natur« (ebd.), liebt die Bequemlichkeit, hat einen entschiedenen »Mangel an Gesinnung« und »kennt nur sich selbst« (II, 10/233). In Kirch-Göritz lebt er mit der kinderlosen Witwe Griepe, seiner Vermieterin, die ihn beherrscht.

Neben Tieck verehrt und bewundert er insbesondere Novalis und zitiert seinen beiden Besuchern Passagen aus den »Hymnen an die Nacht« und den »Geistlichen Liedern« (vgl. II, 11/242-245). Er agiert als Intendant der musikalischen und theatralischen Darbietungen am Silvesterabend auf Schloss Guse und steht dabei äußerste Nervenbelastungen aus (vgl. II, 19/344 f.).

Nach seinem Besuch bei Hansen-Grell vergleicht Lewin beide Männer: »während der eine [Faulstich] das Schöne nur feinsinnig kostete, strebte ihm der andere mit ganzer Seele nach. Was den einen verweichlichte, stählte den andern, und so war Grell ein Vorbild, während Faulstich eine Warnung war.« (III, 18/228)

Unter Punkt 6 ihrer letztwilligen Verfügungen bestimmt Gräfin Amelie, dass bei ihrem Tode »Faulstich, dem ich mein Miniaturbild mit der Rubineneinfassung hinterlasse, […] eine Cantate dichten, und Nippler (der ein Douceur von zehn Dukaten empfängt) […] diese Cantate komponiren« soll, die am dritten Sonntag nach ihrem Begräbnis in der Guser Kirche oder an ihrem Grab gesungen werden soll (IV, 5/279). Faulstich hat den Text schon am Begräbnistag fertig und lässt sie, auf Zettel gedruckt, verteilen (vgl. IV, 5/275 f.).