Dan

Dan ist der vierte der zwölf Söhne Jaakobs und der erste, den Jaakob mit Bilha, Rahels Magd, zeugt (der zweite Bilha-Sohn ist Naphtali). Er kommt »nur wenige Wochen nach Lea’s Levi, im dritten Ehejahr« zur Welt (IV, 324; Genesis 30, 5 f.).

Dan geht »spitzbärtig ohne Schnurrbart«, seine »stechenden Augen lagen an der Wurzel der Krummnase nahe beisammen« (IV, 488). Das Spitze und Stechende prägt seinen Charakter: Er ist spitzfindig, und deshalb »taugt er zum Richter« (IV, 553), wozu ihn auch sein Sternbild, die Waage, bestimmt (V, 1792). Aus »frommer Treue gegen dies Bild« (IV, 514) übt er seine Spitzfindigkeit, wo immer sich Gelegenheit bietet (IV, 514), auch wenn er sich dabei manchmal verheddert (z. B. IV, 553).

Aber er ist auch »ein anschlägiger und tückischer Junge« (IV, 157), wird deshalb »Schlange und Otter genannt« (IV, 488 u.ö.). Der Blick seiner stechenden Augen ist ein »Schlangenblick« (V, 1607) und sein Sternbild, »des Rechtes und Richtens Gleichnis«, ist von der »stechende[n] Hornnatter« mitbestimmt (V, 1796).

Mit diesen Eigenschaften hilft Dan den Brüdern mehrfach aus der Verlegenheit. Von ihm (nicht von Ruben, vgl. Genesis 37, 22) kommt der Vorschlag, den zerschundenen Joseph in die Grube zu werfen. Auch der Gedanke, dem Vater zu sagen, ein »reißend Tier« habe den Bruder gefressen (IV, 561), und einen Fetzen seines zerrissenen Kleides mit dem Blut eines Herdentiers zu tränken (IV, 570), um dann solches Beweisstück für den sicheren Tod des Lieblings durch Fremde vor den Vater bringen zu lassen (IV, 626), schreibt der Erzähler ihm zu.

Ebenso regelt Dan die Übermittlung der umgekehrten Kunde, die Lösung der schwierigen Aufgabe, dem Vater beizubringen, dass Joseph lebt, »ohne daß es ihn streckte«. Dabei erweist Dan sich gar als Kunstkenner: »›Serach, die soll's ihm stecken auf ihre Art, daß ihm die Wahrheit erscheint in Liedesgestalt, was immer die schonendste Art ist, sie zu erfahren, ob sie bitter ist oder selig, oder gar beides.‹« (V, 1704)

Als die Midianiter, die Joseph aus der Grube ziehen, die Brüder mit dem Geretteten konfrontieren, sieht Dan abermals Gelegenheit, »sich als Schlange und Otter zu bewähren«, indem er Joseph als Sklaven und »Niemandssohn« ausgibt, als »Kleinknecht unterster Sorte« und »Hundejunge[n], den wir strafen mußten wegen Diebstahls im Rückfall, Lüge, Lästerung, Raufsucht, Halsstarrigkeit, Hurerei und gehäufter Sittenverletzung« (IV, 607). Dass er damit den Verkaufspreis des ›Sklaven‹ drückt, »wie ein verdrießlicher Rippenstoß Juda's ihn gleich hatte belehren wollen« (IV, 608), zeigt die Grenzen seiner Spitzfindigkeit: Sie »war nur eine geringere Sohnesabzweigung der höheren des Alten«, Jaakobs nämlich (V, 1733).

Der Vatersegen des sterbenden Jaakob ist kein rechter Segen, eher eine Summe des Charakterbilds: »Dan führte die Waage und richtete mit Scharfsinn. So spitzfindig war er von Geist und Zunge, daß er stach und gleich einer Natter war. Dieser Sohn gab Jaakob Gelegenheit, mit erhobenem Finger eine kleine tierkundliche Belehrung für die Anwesenden einfließen zu lassen: Im Anfang, als Gott im Schaffen war, hatte er den Igel mit der Eidechse gekreuzt, so ward die Otterschlange. Dan war eine Otterschlange. Eine Schlange war er am Wege und eine Hornnatter am Steige, nicht leicht gewahr zu werden im Sande und äußerst tückisch. In ihm nahm das Heldische die Form der Tücke an. Des Feindes Roß stach er in die Ferse, daß der Reiter rücklings fiel. So Dan, von Bilha« (V, 1801; Genesis 49, 16 f.).

Band IV: 157, 177, 316, 324, 442, 484, 487 f., 492, 505, 508, 514, 550, 553 f., 561 f., 570-572, 580, 602, 607-609, 611, 623 f., 626 f., 658.
Band V: 1520, 1547, 1590, 1607 f., 1613, 1620, 1674, 1688, 1703 f., 1733, 1796, 1801.

Vgl. Übersicht zur biblischen Genealogie und Karte der Stammesgebiete Israels. – Die Reihenfolge der Söhne weicht von der üblichen Zählung ab: Gewöhnlich wird Juda als vierter und Dan als fünfter Sohn Jakobs betrachtet; TM vertauscht die Positionen Dans und Judas.

Letzte Änderung: 03.10.2008  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück