Katzler, Ermyntrud

Ehefrau des Oberförsters Katzler, eine geborene Prinzessin von Ippe-Büchsenstein, die ihren bürgerlichen Mann aus Liebe und »ohne Rücksicht auf Ebenbürtigkeit« geheiratet hat (6/87). Sie ist, so Woldemar, eigentlich »nicht hübsch, Blondine mit großen Vergißmeinichtaugen und etwas lymphatisch, auch wohl nicht ganz gesund« (6/86), versteht es aber, sich vorteilhaft zu kleiden und »etwas aus sich zu machen« (18/208). In dem stolzen Bewusstsein, sich aus Liebe in die bürgerliche Sphäre herabgelassen zu haben, ist Ermyntruds großes Thema die Pflichterfüllung; selbst ihr Mann fühlt sich unwohl, wenn sie davon zu sprechen beginnt (vgl. 18/209 und 211). In übertriebenem Pflichtbewusstsein schickt sie Katzler zur Wahlversammlung, obgleich sie kurz vor der Niederkunft steht; dasselbe wiederholt sich kurz nach der Geburt; sie will sogar, dass er unmittelbar nach dem Tod der Tochter »trotz des Ernstes der Stunde« Dubslav Weihnachtseinladung annimmt, ein Ansinnen, dem er sich jedoch ausnahmsweise verweigert (27/300). Dubslav bemerkt in einem Brief an Woldemar, dass Ermyntrud »zu viel« für »den armen Katzler« sei (26/291).

Zu ihrem Verständnis von bürgerlichem Leben gehört es, ihrem Mann viele Kinder zu gebären. Dass es sich dabei ausschließlich um Mädchen handelt, ist für Ermyntrud, wie Lorenzen vermutet, »etwas wie eine zu leistende Sühne […] wegen des von ihr gethanen Schrittes« (19/215). Der Kinderreichtum in einem Haus, in dem eine Prinzessin lebt, bietet Anlass für viele Spekulationen über Ermyntruds Motive. So ist Rex von dieser »Ausgiebigkeit« zunächst schockiert (6/87), sieht dann darin aber eine bewundernswerte andauernde »Opferung eines Innersten und Höchsten«; Czako argumentiert weit bodenständiger mit Katzlers attraktiver Erscheinung (6/89). Dubslav hält Ermyntrud für »hochgradig sentimental« und ist davon überzeugt, dass »die ganze Katzlerei« aus eben dieser Sentimentalität hervorgegangen ist (19/215). Pastor Lorenzen findet sie zwar sehr liebenswürdig, aber doch auch alles an ihr »ein wenig überspannt« (ebd.).

Ermyntrud hält große Stücke auf Dubslav und macht ihm Komplimente, die ihren Mann in Verlegenheit bringen (vgl. 6/87 f.). Woldemar äußert allerdings schon zu Beginn die Vermutung, dass sie Dubslav bekehren will, denn sie ist in religiöser Hinsicht »von der strengen Richtung« (6/87) und wird »mit jedem Tage kirchlicher« (37/382). Diese Vermutung bestätigt sich am Ende, als Ermyntrud sich mit Koseleger abspricht, Dubslav ohne Rücksicht auf seinen gesundheitlichen Zustand – genauer: unter Ausnutzung desselben – zu besuchen, um ihn von seinem liberalen Prinzip »leben und leben lassen« zurück auf den rechten Weg zu führen (37/382). Dubslav erklärt sich den für ihn ärgerlichen Bekehrungsversuch damit, dass die Prinzessin im Oberförsterhaus doch fehl am Platze sei und nun »nach allem möglichen« greife, »um in der selbstgeschaffenen Alltäglichkeit nicht unterzugehen« (37/392).