Effinger, Marianne

Drittes Kind von Karl und Annette Effinger, geboren 1892. Schwester von James, Herbert und Erwin Effinger. Zum Kummer ihrer Mutter lehnt sie deren luxuriöses Leben ab, geht ihrem Großonkel Waldemar bei der Hilfe für die aus Russland fliehenden Juden zur Hand (351f.). Später arbeitet sie in einem Kinderhort in einem Arbeiterviertel (367f.) und erkennt verzweifelt, dass sie an dem sozialen Elend nichts ändern kann (368f.). Trotzdem besucht sie nach dem Ende ihrer Schulzeit die soziale Frauenschule von Fräulein Dr. Koch, die junge Mädchen für die soziale Arbeit vorbereitet (409). Sie freundet sich mit dem Studenten Martin Schröder an, einem Freund ihres Bruders Erwin, der sie bald täglich besucht (414), auf dessen Heiratsantrag sie aber vergeblich wartet. Seine politische Radikalisierung im Jahr 1918/19 befremdet sie (573). Nach dem Kriegsausbruch 1914 organisiert sie eine Hilfskommission für mittellose Angehörige von Soldaten (485) und arbeitet nach dem Krieg in einem Ministerium der neuen Regierung (597, 669). Im Sommer 1920 besucht sie zusammen mit ihrem Bruder Erwin ihre Cousine Lotte Effinger in Heidelberg (669), wo sie auch Lili Gallandt trifft, deren freizügige Ansichten über Liebe und Ehe sie erschüttern (673f.). Fehlende Erfahrung im Umgang mit Männern verleitet sie dazu, unverbindliche Aufmerksamkeiten ihres Kollegen Gans als Werbung zu missdeuten (702). Nach einigen Jahren ist sie Regierungsrätin im Wohlfahrtsministerium (830). In ihrer äußeren Erscheinung distanziert sie sich von den »luxuriös angezogenen Damen« durch betonte Schlichtheit von Kleidung und Frisur (827). 1932 trifft sie Martin Schröder auf der Straße wieder, der sich nun deutlich als Antisemit entpuppt (831-835). Trotzdem ist sie erneut tief von seinen Ansichten beeindruckt und stellt ihre eigene Weltsicht und die ihrer Familie grundsätzlich in Frage (832).

Im Februar 1933 wird sie von SA-Leuten aus dem Amt geworfen, Dr. Gans und Dr. Koch sehen dabei, anders als ihr Kollege Trümpler, ungerührt zu (853). Danach erwacht ihr Interesse am Judentum, sie arbeitet für die Jüdische Gemeinde, beschäftigt sich mit der Geschichte des Judentums, neigt dem Zionismus zu und bereitet Ihre Auswanderung nach Palästina vor (860f.). 1938 lebt sie mit ihrer Nichte Susanne in einem Kibbuz, in dem Lotte und Erwin sie besuchen (872f.). 1946 sendet ihr die alte Frieda den letzten Brief, den Paul Effinger an Lotte, Erwin und sie geschrieben hat (882, 885).