Feddersen, Sönke (Sönke Kröger)

Gastwirt und Bauer, Eigentümer des Brinkebüller Dorfkrugs mit 15 Hektar Land, Ehemann von Ella Feddersen, (gesetzlicher) Vater von Marret und Großvater von Ingwer Feddersen, 93 Jahre alt (25), also 1921 oder 1920 geboren. Sönke war erst fünfzehn, als er den Gasthof übernehmen musste, weil sein Vater starb (249). Ein paar Jahre später wurde er in den Krieg geschickt, in dem er sein Tun, weit davon entfernt, sich auf die Gehorsamspflicht des einfachen Soldaten zu berufen, als schwere persönliche Schuld erlebte. Von Hause aus nicht fromm, glaubt er seither an einen Gott, der über jeden Menschen Buch führt und dafür sorgt, dass man für alles, »was man verbrochen hatte«, zahlen muss (173). Deshalb war er einverstanden mit den »fast tausend Tage[n]« im russischen Kriegsgefangenenlager, nahm sie als Abzahlung der Schuld, die er als Soldat auf sich geladen hatte (173f.). Als er im Dezember 1947 doch noch nach Hause kam und verstand, dass Ella, die ihn tot glaubte, sich einem anderen Mann, Steensen, zugewandt hatte und von ihm schwanger war, nahm er das als Zeichen, dass er noch immer im »Soll« stand und weiterzahlen musste, mit einem »Kuckuckskind, das dann auch noch halfbackt war«, und mit einer Frau, »die ihm zur Hälfte abgezogen wurde« (174). Allerdings hat er seitdem auch eine »Wut« in sich, die »so alt wie Marret« ist und die ihn siebzehn Jahre später, als sich herausstellt, dass Marret schwanger ist, fast überwältigt, weil er sich ein zweites Mal zum »Hampelmann« gemacht sieht. »Erst ein Kuckuckskind und jetzt ein Enkelkind mit einem unbekannten Vater.« (83). Aber Ella gibt dem vaterlosen Enkelkind den Namen von Sönkes Vater, Ingwer, und weckt damit einen alten, längst begrabenen Wunsch: »Einen Jungen haben, ihn so nennen wie den Vater.« (178) Und tatsächlich wird Ingwer sein Junge. Er bringt den schreienden Säugling zur Ruhe, indem er ihn sich unter Hemd und Weste vor den Bauch knöpft, und trägt das Kind seitdem fast immer mit sich herum, bei den Brinkebüllern heißt er bald »Sönke Büdel« (183f.). Leuten von außerhalb erklärt er: »Dat is min Jung.« (185) Das unverhoffte Glück lässt ihn denken, dass sein Konto bei dem göttlichen Buchhalter nun ausgeglichen ist, »er hatte abbezahlt« (ebd.). Er bereitet Ingwer auf die Aufgaben eines Gastwirts und Bauern vor (239f.), plant sogar eine weitreichende Modernisierung des Gasthofs (257), während der leibliche Großvater das Kind in der Schule auf den Weg »Richtung Ortsausgang« schiebt, Richtung Gymnasium und Universität (239). Dass Ingwer diesen Weg dann tatsächlich geht (257), verwindet Sönke schwer. Noch Jahre später, wenn Ingwer am Sonntagabend wieder zu den »Studierern« nach Kiel fährt, geht Sönke vor die Tür und bläst ihm auf seiner Trompete seinen grimmigen »Gruß an Kiel« (25, 129). Er »[s]puckte auf den BAföG-Antrag, das Diplom, den Doktortitel« (24). Im Alter wird er versöhnlicher, nimmt auch die Fürsorge des Enkelsohnes an. Seinem letzten großen Wunsch, mit Ella die Gnadenhochzeit zu feiern, macht der Tod einen Strich durch die Rechnung. Er stirbt eine Woche vor seinem 70. Hochzeitstag (315).