Tristan (1903)

Eckhof, Gabriele

Die weibliche Hauptfigur in »Tristan«, Gabriele Klöterjahn, ist eine geborene Eckhof aus Bremen (was beim Sprechen an »gewissen liebenswürdigen Lautverzerrungen zu erkennen war« - 324). Aus ihrer Beschreibung ihres Mädchenlebens mit sechs Freundinnen macht sich Detlev Spinell ein Bild im Geschmack des Jugendstils, das er der Wirklichkeit als ästhetische Wahrheit gegenüberstellt (340).

Hinzpeter, Dr.

Hausarzt der Familie Klöterjahn.

Höhlenrauch, Pastorin

Patientin in ›Einfried‹, eine »fünfzigjährige Dame, die Pastorin Höhlenrauch, die neunzehn Kinder zur Welt gebracht hat und absolut keines Gedankens mehr fähig ist«. Sie »irrt, von einer blöden Unrast getrieben [...] ziellos und unheimlich durch das ganze Haus« (320).

Klöterjahn, Anton

Kaufmann aus einer Stadt an der Ostsee. Er heiratete die zarte Gabriele Eckhof aus Bremen, die nach der Geburt von Anton Klöterjahn junior zu kränkeln begann. Man vermutet eine Luftröhren-Erkrankung, und Klöterjahn bringt sie in das Sanatorium ›Einfried‹, wo er seiner Frau eine Woche lang Gesellschaft leistet, bevor ihn sein »blühendes Kind, sein ebenfalls blühendes Geschäft« in die Heimat zurückrufen (327).

Klöterjahn ist »mittelgroß, breit, stark und kurzbeinig«, hat ein »volles, rotes Gesicht mit wasserblauen Augen«, trägt einen englischen Backenbart und »war ganz englisch gekleidet«. Er liebt es, »viel und gut zu speisen und zu trinken«, und unterhält die Kurgesellschaft in ›Einfried‹ mit Beschreibungen von daheim genossenen Diners, wobei seine Sprache »etwas Gaumiges und Nasales« erhält, während »leicht schmatzende Geräusche im Schlunde sie begleiteten« (326). Einer der Gäste, Spinell, mit dem Gabriele sich nach Klöterjahns Abreise anfreundet, sieht ihn »auf dem Korridor in ziemlich unerlaubter Weise mit einem Stubenmädchen scherzen« (326). Angesichts des nahenden Todes seiner Frau aber, der ihn nach ›Einfried‹ zurückruft, gehen ihm die Augen über, »und man sah, wie ein warmes, gutes, menschliches und redliches Gefühl aus ihm hervorbrach« (368).

Klöterjahn, Gabriele

Gattin des Kaufmanns Anton Klöterjahn, eine geborene Eckhof, vom Erzähler nur als »Herrn Klöterjahns Gattin« (oder einfach als »sie«) bezeichnet. Sie hatte diese Heirat gewollt, betont sie im Gespräch mit Spinell (341). Nach der Geburt von Anton Klöterjahn junior wurde Gabriele kränklich, man vermutet eine Luftröhren-Erkrankung. Klöterjahn bringt sie in das Sanatorium ›Einfried‹, wo sie sich nach Klöterjahns Abreise mit dem merkwürdigen Dichter Detlev Spinell anfreundet.

Gabriele, eine zierliche, »unstofflich« (322) wirkende junge Frau von ›schwacher Grazie‹ und ›zartem Liebreiz‹, ist das genaue Gegenteil ihres »stämmigen Gatten«: Ihr von lichtbraunem Haar gerahmtes Gesicht zeigt »unsägliche Zartheit, Süßigkeit und Mattigkeit«, auf ihrer »durchsichtigen Stirn« verzweigt sich ein seltsames blaßblaues Äderchen, sie hat »schöne, blasse Hände«, eine leicht verschleierte Stimme und zum »Verschießen« neigende Augen, deren Winkel in »tiefem Schatten« liegen (323).

Unter dem Einfluss des Schönheitsschwärmers Spinell scheint sie sich von ihrem gewöhnlichen Leben zu entfremden. Bewusst verführt Spinell sie zum ärztlich verbotenen Klavierspiel; unter den Tönen von Wagners »Tristan« schmelzen sie hin (wie Gerda Buddenbrook und Leutnant von Throta). Zwei Tage später wird Gabriele Klöterjahn kränker, ihr Mann kommt, sie hat einen Blutsturz und stirbt. Spinell, der aus seiner ästhetischen Abneigung gegen Namen und Person Klöterjahns kein Hehl macht, wirft diesem in einem Brief vor, er habe Gabriele durch die Heirat ins »Leben« gezwungen, statt sie der Schönheit und dem Tod zu überlassen, für die sie bestimmt sei (361); er aber, Spinell, habe dafür gesorgt, dass sie in Schönheit vergehe (362). Sie habe sich für den überaus gesunden Sohn Anton junior geopfert. Diesem kräftigen Säugling gehört das letzte Bild der Erzählung: jauchzend sitzt er in seinem Wagen, über sich die Gloriole der untergehenden Sonne (370f.).

Abbildung aus Hoffmeister/Gernhardt (115). – © Robert Gernhardt.

Leander, Dr.

Er leitet »nach wie vor« die Anstalt: das Sanatorium ›Einfried‹, in dem durch ozonreiche Luft, medizinische Anwendungen und gute Kost Kranke genesen sollen. »Mit seinem zweispitzigen schwarzen Bart, der hart und kraus ist wie das Roßhaar [...], seinen dicken, funkelnden Brillengläsern und diesem Aspekt eines Mannes, den die Wissenschaft gekältet, gehärtet und mit stillem, nachsichtigem Pessimismus erfüllt hat«, hält er die Leidenden in seinem Bann (319).

Mit diesem Bart weist er voraus auf Ärzte wie Dr. Krokowski im »Zauberberg« und Dr. Erasmi in »Doktor Faustus«.

Müller, Dr.

Diesem Arzt überlässt Dr. Leander die leichten und die hoffnungslosen Fälle in seinem Sanatorium ›Einfried‹. Er »heißt Müller und ist überhaupt nicht der Rede wert.« (321). Am Ende betreut er die sterbenskranke Gabriele Klöterjahn.

Osterloh, Fräulein von

Hausdame im Sanatorium ›Einfried‹. Tätig und kompetent kommandiert sie die Dienerschaft, sie »wirtschaftet mit einer rasenden Umsicht« (319), und auf ihren Wangen glüht »die unauslöschliche Hoffnung, dereinst Frau Doktor Leander zu werden« (320).

Spatz, Frau

Im Sanatorium ›Einfried‹ gibt es »gastrisch Leidende, wie die Magistratsrätin Spatz, die überdies an den Ohren krankt« (320). Sie ist oft zugegen, wenn Spinell und Gabriele Klöterjahn miteinander sprechen, versteht aber kaum etwas. Aus der »Tristan«-Szene flieht sie, dann erlebt sie Gabriele Klöterjahns Blutsturz mit.

Spinell, Detlev

Der Dichter ist »Kurgast« im Sanatorium ›Einfried‹. Er wird aus der Perspektive der anderen Patienten beschrieben, »ein befremdender Kauz« (324) mit sonderbarem Namen. »Detlev Spinell war sein Name und sein Äußeres war wunderlich« (327): er ist Anfang dreißig, stattlich, brünett, völlig bartlos, mit weißem, gedunsenem Gesicht und rehbraunen Augen; auch hat er sehr große Füße. »Der verweste Säugling« nennt ihn ein Mitpatient (328). Spinell stammt aus Lemberg. Er hat ein Buch geschrieben, in dem er oft liest.

Zart und einfühlend nähert er sich »Herrn Klöterjahns Gattin« und macht sie mit seinen Ansichten vertraut. Er schwärmt für das Schöne und verachtet das Leben. Gabriele ist fasziniert von ihm und lässt sich schließlich zum verbotenen Klavierspiel verführen: Sie spielt Chopin und den »geheimnisvolle[n] Zwiegesang« des »Tristan« (353). Am Ende sinkt er vor ihr auf die Knie. Bald darauf stirbt sie an einem Blutsturz, Spinell ist am Ziel. Als er aber kurz darauf Gabrieles Kind, den pausbäckigen, von Gesundheit strotzenden Anton Klöterjahn junior, ein Inbild mit sich einverstandenen Lebens, in seinem Wägelchen sitzen sieht, ergreift Spinell die Flucht.

Abbildung aus Hoffmeister/Gernhardt (98). – © Robert Gernhardt.