Andres

Widersacher des Ignaz Denner, Ehemann von Giorgina und Vater von Georg. Von seinem Grafen wird er nach langer treuer Dienerschaft als Leibjäger zum Revierjäger ernannt, nachdem er das Waisenmädchen Giorgina geheiratet hat. Statt des »gehofften Wohlstandes« erlebt das Paar eine Pechsträhne. Aber Andres ist ein »wackrer frommer Mann, der lieber darben als ungerechtes Gut an sich bringen« will, und so darben die beiden, so dass Giorgina nach der Geburt des ersten Sohnes ernsthaft krank wird (51).

Als eines Abends der vermeintliche Kaufmann Ignaz Denner um Obdach in ihrem Haus bittet, gewährt Andres ihm Gastfreundschaft trotz seiner Not mit der im Sterben liegenden Giorgina und wird von dem Fremden mit ihrer Rettung belohnt. Da Andres nichts von der Magie des Liquors weiß, erscheint Denner ihm vorderhand wie ein »Schutzengel«, und er lehnt das Geld für die Übernachtung ab. Aber gegen Giorginas Freude, der Denner das Geld stattdessen übergibt, kann sich Andres’ »innere Stimme«, die ihn bisher immer vor »allen Gefahren des Leibes und der Seele« geschützt hat, nicht durchsetzen (55). So bringen die finanziellen Zuwendungen Denners das Haus im Laufe der folgenden Jahre in den Genuss »eines gewissen Wohlstandes« (61).

Denners Ansinnen, Andres' Sohn Georg mitzunehmen und ihn auf seine Kosten erziehen zu lassen, weist dieser brüsk von sich (64). Aber erst nach drei Jahren erweist sich Andres' Misstrauen nachweislich als begründet: Denner gibt sich ihm als Räuber zu erkennen und zwingt ihn, an einem Raubzug seiner Bande teilzunehmen. Obwohl er von dem Geschehen abgestoßen ist, springt er, »wie von unwiderstehlicher Macht getrieben«, herbei, wirft sich den angeschossenen Denner, »stark, wie er war, auf die Schultern« und rettet ihn (65). Die Räuber nehmen ihn als ein Mitglied ihrer Bande an und werden das auch später aussagen.

Andres, der nun begreift, dass sein eigener Wohlstand aus dem Diebesgut der Räuber resultiert, lässt sich unter weiteren Drohungen von Denner das Versprechen abnehmen zu schweigen. Fortan plagen ihn »die folternde Qual des bösen Gewissens« auf der einen Seite und die Sorge um Frau und Kind auf der anderen (73). Seiner Frau erzählt er lediglich, dass Denner sich »als der verruchteste Bösewicht« erwiesen habe (68).

Als Denner kurz nach der Geburt des zweiten Sohnes doch wieder auftaucht, beschließt er, nun doch Anzeige zu erstatten, um »seinen ängstlichen Zustand zu enden« und »sein Gewissen zu beruhigen« (75). Vom Grafen von Vach darüber in Kenntnis gesetzt, dass in Frankfurt ein unverhofftes und ansehnliches Erbe für Giorgina abgeholt werden kann, ändert er aber kurzfristig seine Pläne und weiht Giorgina wieder nicht ein, weil er sie mit dem Geldsegen überraschen will.

Bei seiner Rückkehr findet er das Haus verwüstet und sein jüngstes Kind ermordet vor (76f.). Seine Frau berichtet ihm von dem Einfall der Räuber, und noch ehe er reagieren kann, wird er festgenommen und verhört. Denner, der zu dem Verhör hinzugezogen wird, sagt aus, Andres habe an dem Beutezug teilgenommen und den Grafen selbst ermordet. Dass er Teil der Bande sei, wird von den Räubern bestätigt, der plötzliche Reichtum der Familie und seine Abwesenheit von zu Hause, stützen diese Aussage. Alle Zeugen, die Andres' Version unterstützen könnten, sind entweder tot oder unauffindbar.

Nach einem Jahr Haft sagen plötzlich zwei weitere Jäger gegen ihn aus, er wird der Folter unterzogen und gesteht, »vom Schmerz gewaltsam zerrissen, den Tod wünschend«, alles, was ihm vorgeworfen wird (85). Dem alten Trabacchio, der ihm Rettung durch den Liquor – aus seines eigenen »Kindes Herzblut gekocht« – verspricht, widersteht er aber ebenso wie Denner, der ihm die Flucht aus dem Gefängnis anbietet (86f.). Andres deckt die Fluchtpläne der Räuber vor den Richtern auf und erhält dafür Hafterleichterung. Das folgende Jahr der Ermittlungen bringt er mit »gottseligen Betrachtungen« zu, bis er sich bereit fühlt, »das Leben auch auf schmerzliche Weise, wie eine Bürde abzuwerfen« (88).

Auf dem Richtplatz selbst taucht ein bisher unauffindbarer Kaufmann aus Frankfurt auf und bezeugt in letzter Sekunde Andres' Version der Geschichte. Er wird freigelassen und darf fortan mit seiner Familie auf dem Gut des jungen Grafen von Vach leben. Nach wenigen Monaten stirbt Giorgina. Er, der durch den erlittenen »Gram, durch das lange Gefängnis, ja durch den unsäglichen Schmerz der Tortur körperlich zu Grunde gerichtet, siech und krank« ist, bleibt mit Georg zurück, der ihm ein letzter Trost ist (101f.).

Den sterbenden Denner, den er und Georg am Wegesrand finden, will er seinem Schicksal überlassen. Als dieser sich aber als Giorginas Vater zu erkennen gibt, wird er bei seinem christlichen Pflichtgefühl gepackt und nimmt ihn mit. In dem Glauben, Denner sei wirklich geläutert, pflegt er ihn wieder gesund. Bald schon bemerkt er Denners neuerliche Wandlung zum Dämonischen, reagiert aber nicht schnell genug. Am späten Abend trifft er im Wald auf den alten Trabacchio und Denner, der im Begriff ist, Georg zu erstechen. Dass er Denner kurzerhand erschießt, bereut er nicht, weil er sich von Gott »dazu ausersehen« fühlt, seinen Georg zu retten sowie seinen jüngsten Sohn und Giorgina und alle anderen Opfer Denners »zu rächen« (108). Frieden findet er aber erst, nachdem er das Schatzkästchen Denners, dessen Zauber ihn nachts immer noch lockt, in eine »tiefe Bergschlucht« geworfen hat: »Nun genoß Andres eines ruhigen heitern Alters, das keine feindliche Macht zu zerstören vermochte« (109).