Benzon, Rätin von

Mutter von Julia und ehemalige Geliebte des Fürsten Irenäus. Sie ist ein »besonderer Stern, der am Hofe« leuchtet, eine »Witwe in der Mitte der Dreißiger Jahre, sonst eine gebietende Schönheit, noch jetzt nicht ohne Liebreiz« (48). Ihre Sonderstellung zeigt sich darin, dass sie das einzige Mitglied des Hofes ohne Adelstitel ist, das »der Fürst dennoch ein für allemal als Courfähig [sic] angenommen« hat (48). Durch eine »gewisse Kälte des Charakters« gekennzeichnet, »die dem Talent zu herrschen unerläßlich« ist, zieht sie zweifellos die »Fäden des Puppenspiels an diesem Miniaturhofe« (48). Im Umgang mit ihrer Tochter Julia aber beweist sie »mütterliche […] Zärtlichkeit«, und auch für Hedwiga ist sie eine wichtige Bezugsperson, weshalb die Fürstin es ihr überlässt, sich um die Prinzessin zu kümmern, wenn sie verstört ist (211 ff.).

Als ehemalige Geliebte des Fürsten musste sie es hinnehmen, dass die gemeinsame uneheliche Tochter Angela mit einer Kinderfrau nach Neapel geschickt wurde. In einem Gespräch wirft sie ihm vor: »Diese Wunde, die mir Ihre Strenge schlug, werde ich niemals verschmerzen!« (339) Sie weiß nicht, dass Angela ermordet wurde, und ahnt auch nichts von der Verbindung zwischen Angela und Hektor. In diesem Gespräch deutet sie auch an, möglicherweise die leibliche Mutter Hedwigas zu sein. Diese Andeutung wird im Text aber sonst nicht bestätigt (336). Nach der Liaison mit dem Fürsten ging sie eine Vernunftehe mit Benzon ein, die ihr »Trost und Ruhe« bot. Obwohl sie damit auf ihre erste »Liebe« verzichten musste, die ihrer Meinung nach den höchsten »Lichtpunkt« im Leben einer Frau darstellt, behauptet sie Abraham gegenüber: »nie ist eine Klage, ein Vorwurf meinen Lippen entflohen« (257 f.).

Eine ähnliche Ehe plant sie für ihre zweite Tochter Julia mit dem zurückgebliebenen Prinzen Ignaz. Aber Julias Leidenschaft für Kreisler droht ihre Pläne zu durchkreuzen, und es bleibt der Verdacht im Raum stehen, dass sie an dem Anschlag auf Kreisler nicht unbeteiligt ist. Als sie versucht, Kreisler beim Fürsten in Misskredit zu bringen, scheitert sie und erstarrt vor »innerer Wut, sich so kalt abgefertigt zu sehen« (416).

Auch Abrahams Einfluss, der die Ehe zwischen Ignatius und Julia zugunsten seines Freundes Kreislers verhindern will, stellt eine Gefahr für ihre Pläne dar. Sie droht ihm unverhohlen: »wollt Ihr in den Kampf treten mit mir, so seht Euch vor« (259).

Aus dem Brief Abrahams an Kreisler geht hervor, dass es ihr gelingt, durch eine neuerliche Heirat den Adelstitel der »Reichsgräfin von Eschenau« zu ergattern, wodurch der geplanten Hochzeit ihrer Tochter mit dem Prinzen offiziell nichts mehr im Wege steht (455).