Skowronnek, Doktor

Der Arzt lebt seit seiner Geburt in der Kreisstadt W. Er arbeitet nur vier Monate im Jahr als Badearzt in Franzensbad. Den »Geständnissen« seiner Patientinnen verdankt er sein Wissen über die verschiedenen Gesellschaftsschichten und ihr Privatleben (361).

Er kennt Franz Trotta schon lange als Besucher desselben Kaffeehauses, doch ihre »Freundschaft auf den ersten Blick« beginnt erst kurz nach Jacques’ Tod, als sie zufällig den gleichen Zeitungsartikel mit dem gleichen Unverständnis für »neumodische und verrückte Idee[n]« lesen (360). Ab diesem Tag treffen sie sich immer um die gleiche Stunde zum Schachspiel. Zu Anfang sprechen sie nicht viel, doch mit der Zeit entwickelt sich ein immer vertrauteres Verhältnis zwischen ihnen, bis sie sich auch über Privates austauschen.

Der Doktor ahnt, dass den Bezirkshauptmann Sorgen um seinen Sohn beschäftigen, doch kommt es lange nicht zu einer offenen Aussprache. Als Trotta ihm schließlich berichtet, Carl Joseph wolle die Armee verlassen, eröffnet Skowronnek erst einmal eine praktische Erklärung: »Vielleicht steckt eine Frau dahinter?« (366) Er teilt ihm sein Verständnis für diese Entscheidung mit, da ein junger Offizier »mit seinem Beruf nicht zufrieden sein« könne (367). Er konfrontiert Trotta mit der Realität, dass ein Krieg das »Ende der Monarchie« bedeuten müsste und schlägt vor, Carl Joseph könnte stattdessen beispielsweise »bei der Eisenbahn unterkommen« (367). Doch auch er möchte die »Grausamkeit« der Zukunft, die er in den Gesichtern seiner eigenen beiden Kinder sieht, selbst nicht erleben (371). Seine Loyalität gegenüber Trotta beweist er auch, als er diesem, ohne zu zögern, seine Ersparnisse anbietet, um die finanziellen Probleme Carl Josephs zu lösen. Die Summe reicht allerdings nicht aus, und so bringt er ihn auf die Idee, beim Kaiser selbst anzufragen, obwohl ihm das selbst als »zu phantastisch« erscheint (396).

Während des Krieges ist er »vormittags im Garnisonspital, nachmittags im Kaffeehaus« (446). Als Trotta im Sterben liegt, erfüllt er ihm alle Wünsche, die er äußert, er bringt ihm Jacques’ Kanarienvogel, bestellt einen Geistlichen und bringt ihm schließlich das Bildnis seines Vaters. Bei der Beerdigung fühlt sich der Doktor, »Zivilist, der er war«, in seiner Uniform unwohl, er tritt als einer der Ersten ans Grab. Am Nachmittag sitzt er wie immer im Kaffeehaus und spielt »schmunzelnd« eine Partie Schach gegen sich selbst (455). So endet der Roman.

Vorbild der Figur war der Arzt und Schriftsteller Josef Löbel (1882-1942). Vgl. dazu jetzt Peter Voswinckel: Dr. med. Josef Löbel (1882–1942), Franzensbad/Berlin. Botschafter eines heiteren deutschen Medizin-Feuilletons in Wien–Berlin–Prag. Berlin: DGHO (Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie) 2018.