Baron (Ein Abenteurer unter dem Namen Baron Weidenstamm; Antonio)

Kehrt aus »Übermut, / der Mäuse immer wieder zu der Falle / hinlockt« (V, 141), nach über 15 Jahren nach Venedig zurück, wo er im Gefängnis gelegen hatte und (wie einst Casanova) aus den berüchtigten Bleikammern des Dogenpalasts entflohen war. Die Gesellschaft lernt ihn nun inkognito unter seinem neuen Namen Baron Weidenstamm als großzügigen, aber kuriosen Gastgeber eines Spielabends kennen. Im Gespräch mit dem ihm im Grunde unbekannten Lorenzo Venier, den er noch vor der Ankunft der Gäste als neuen Vertrauten vereinnahmt, präsentiert er sich als verschwenderischer Lebemann und versucht ausgerechnet von ihm den Namen der Sängerin zu erfahren, in der er beim vorhergehenden Opernbesuch eine frühere Geliebte wiedererkannt zu haben glaubt: Es ist Lorenzos Frau Vittoria. Lorenzo nennt ihren Namen nicht, aber die begeisterten Erinnerungen des Barons an die junge Geliebte von einst erwecken in ihm quälenden Argwohn.

Auf seiner Suche nach großen und extremen Emotionen nimmt der Baron keine Rücksicht auf die Gefühle anderer. Er umwirbt mehrere Frauen gleichzeitig, die Sängerin Redegonda, seine ehemalige Geliebte Vittoria und die Tänzerin Marfisa. Als er spät in der Nacht, nachdem die Gäste gegangen sind und Redegonda in einem Zimmer auf ihn wartet, Vittoria wiedersieht und von ihr hört, wie sehr ihre Liebe zu ihm ihr Leben bestimmt hat, weiß er damit wenig anzufangen und nimmt es lediglich zum Anlass, sie erneut zu umwerben. Auf sein eigenes, spontanes Glücksstreben fixiert, vermag er die ihn Umgebenden nur mehr als Staffage seines exzessiven Lebens wahrzunehmen. Als Personen kann er sie nicht auseinanderhalten, so dass er sie mit Verwechselungen kränkt (vgl. sein Gespräch mit Vittoria: »Hätt' ich alles denn verwechselt, so den Ort als die Person?« V, 134 f.).

Allerdings verfolgt ihn auch die Angst vor dem Tod und vor seiner Demaskierung, die das Ende seines ausschweifenden Lebens bedeuten würde (vgl. V, 139 f.). Als die eifersüchtige Herzogin Sanseverina droht, seine wahre Identität preiszugeben, entschließt er sich sofort zur Abreise. Vorher folgt er aber noch der Einladung seines neuen Freundes Lorenzo Venier für den nächsten Tag. Als er im Hause Venier von Vittoria erfährt, dass er mit ihr einen Sohn, Cesarino, hat, freundet er sich mit diesem an, deckt aber Vittorias Lügen und gibt sich Cesarino nicht als Vater und Lorenzo nicht als Vittorias ehemaliger Geliebter zu erkennen. Von seiner Vaterschaft relativ unbeeindruckt, verabschiedet er sich, weil er noch eine Verabredung mit Marfisa hat, zeitig von Vittoria und hinterlässt Cesarino einen Ring.

Vorbild der Figur ist Giacomo Casanova. Die Handlung des Stücks beruht auf einer Episode aus Casanovas Memoiren.