Dianora, Madonna

Die zwanzigjährige Dianora verbringt den Tag damit, ungeduldig auf ihren Geliebten Palla degli Albizzi zu warten, den sie nach Einbruch der Dunkelheit erwartet. Am Balkonfenster ihres »ernsten lombardischen Palastes« stehend (III, 95), schaut sie sehnsüchtig über die im Abendschein liegenden Hügel und Gärten. Als es dunkel geworden ist, befestigt sie eine seidene Strickleiter am Balkon und wird von ihrer Amme überrascht. Im Gespräch mit ihr ist sie unkonzentriert und versucht auszublenden, was ihr die Amme über ihren brutalen Ehemann berichtet. Als die Amme aber von einem spanischen Ordensbruder zu sprechen beginnt, der von »der Ergebung in den Willen des Herrn« predigt (III, 105) und eine Stimme hat, die der des Palla degli Albizzi ähnelt, hört Dianora aufmerksam zu. Nachdem die Amme das Zimmer verlassen hat, verbinden sich in Dianora das Bild des spanischen Bruders und das des Geliebten zu der Vorstellung eines bacchantischen Jünglings (vgl. III, 107). Aus ihrer Hoffnung, dass die Ankunft ihres Geliebten nun kurz bevor stehe, wird sie jäh aufgeschreckt, als ihr Mann Messer Braccio das Zimmer betritt und sie zur Rede stellt. Sie begreift sofort, dass er sie töten wird und lässt wesentliche Stationen ihres kurzen Lebens Revue passieren. Sie spricht über ihre Kindheit in Bergamo, den Tod ihrer Mutter, die erzwungene Hochzeit mit Braccio und ihr Liebesverhältnis zu Messer Palla, das seit zwölf Wochen besteht. Anlässlich der Hochzeit des Franceso Chieregati habe sie in ihrem damaligen Tischnachbarn sofort ihre Liebe erkannt. Während ihrer Liebesbeichte ist Dianora zwar von Todesangst erfüllt. Sie zeigt aber keine Reue und beschreibt ihrem brutalen Ehemann ihre Liebe zu Messer Palla als eine innere Freiheit, für die es sich zu sterben lohnt.