Andrea

Ist in der überfrachteten Kulisse der späten Renaissance zu Hause; er wohnt in einem luxuriösen Anwesen in Imola. Hedonistisch folgt er in intensivem Erleben, in »der freien Triebe [...] Spiel« (III, 18), ausschließlich seinem Verlangen und lässt sich von augenblicklichen Stimmungen leiten, ohne sein Handeln zu hinterfragen. Er misst weder dem Gestern noch dem Morgen Bedeutung bei. Nur durch sein gedankenloses Aufgehen im Hier und Jetzt meint er sich selber treu sein zu können. Aus seinen Freunden zieht er situationsabhängig Nutzen (vgl. III, 26). In seiner eigenen Entschlusslosigkeit beneidet er sie einerseits um ihren zielgerichteten Willen (5. Szene). Andererseits verachtet er sie, weil sie seine exklusive Wahrnehmung nicht teilen (»Sie fühlen's nicht und reden andre Dinge!…«, III, 25). Einzig sein bester Freund Lorenzo bildet hier eine Ausnahme (vgl. III, 25). Andrea verachtet Verbindlichkeiten, Eintönigkeit und langweilige Moral, so dass er sogar dem betrügerischen Pferdehändler Ser Vespasiano etwas abgewinnen kann: »Ich liebe Schurken, ich kann sie verstehen, / Und niemand mag ich lieber um mich sehen. [...] So haß ich die, die ihre Triebe zähmen / Und sich gemeiner Ehrlichkeit bequemen. / Es ist manchmal so gut, Verrat zu üben!« (III, 19) Diese Einstellung wird jedoch auf eine harte Probe gestellt, als Andrea erfährt, dass seine Geliebte Arlette ihn am Tag zuvor mit Lorenzo betrogen hat. Er blickt der grellen Wirklichkeit nun ins Auge und erkennt nur »hüllenloses Sein« (III, 31). Seine Eifersucht und Kränkung machen ihm bewusst, dass er das Geschehene nicht vergessen kann, weil es als schmerzliche Erinnerung präsent bleibt. Er gerät aus der Fassung und kann Arlette nicht vergeben: »Dies Gestern ist so eins mit deinem Sein, / Du kannst es nicht verwischen, nicht vergessen: Es ist, so lang wir wissen, daß es war.« (III, 34) Allerdings ist der Reiz des Augenblicks, ist »die Lust, sich aufzugeben« (III, 35), ihm weiterhin allzu nachfühlbar: »Ich kann so gut verstehn die ungetreuen Frauen.. / So gut, mir ist, als könnt' ich in ihre Seelen schauen.« (ebd.).