Lexikon zu »Joseph und seine Brüder« (1933-43)

Abgeschlossene Einträge: 490   |   Letzte Änderung: 21.07.2018

O

Od   Ol   On   Op   Or   Os

Odollam (Adullam)

Aus Odollam stammen der Hirte Hirah, ein Freund Judas, und wohl auch Schua und dessen Tochter, Judas Schwiegervater und Frau, die er durch Hirah kennenlernt (vgl. IV, 493; V, 1549). Seit Juda mit Hirah »gut Freund« geworden ist, lebt er nicht mehr dauerhaft im Hain Mamre beim Vater, sondern weidet seine Herden »weiter abwärts gegen die Ebene [d.i. Sephela] auf den Triften Odollam« (V, 1564). In der Nähe liegen auch Timnach, wo die Schafschur stattfindet, an der Juda und Hirah teilnehmen, und Enajim, wo Juda auf dem Rückweg von Timnach auf die als Kedescha verkleidete Thamar trifft (vgl. V, 1571 f.).

Der Ort liegt nordwestlich von Hebron; vgl. Karte von Kanaan. – Die üblichere Namensform Adullam (vgl. Genesis 38,1) kommt im Roman nur einmal vor (IV, 493), ansonsten verwendet TM die (der Transskription der Septuaginta folgende) Form Odollam.

Letzte Änderung: 23.02.2015  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Olâm

Die großen »Weltumläufte« von Zeit und Raum, über die Eliezer seinen Schüler Joseph unterrichtet (IV, 403-405), heißen »Olâm«, was soviel wie »Äon« bedeutet. Weitere Namen sind »Erneuerungen des Lebens«, »Wiederholungen des Gewesenen« und »Ewige Wiederkehr«, denn diese (432 000 Jahre umfassenden) Weltalter sind »die genaueste Wiederholung aller vorangegangenen« (IV, 405).

Gott heißt »El olâm«, weil er Herr der Äonen ist. Als »der durch die Äonen Lebende« ist er »Chai olâm«. Und er »war es, der dem Menschen hatte olâm ins Herz gegeben, nämlich die Fähigkeit, die Äonen zu denken und sich damit in gewissem Sinne ebenfalls zu ihrem Meister aufzuschwingen« (IV, 405).

TM stützt sich hier (teilweise wörtlich) auf Mereschkowskij (177) und Jeremias I (53 f., 116, 271). – Zu den Gottesnamen vgl. auch El eljon.

Letzte Änderung: 28.07.2010  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Ölbaum

Ölbäume sind, ähnlich wie die Dattelpalmen und Feigenbäume, an allen Schauplätzen des Romans gegenwärtig. Auf dem Acker- und Weideland, das Jaakob vor den Toren Schekems kauft, stehen Ölbaume (IV, 164), in seinem Lager im Hain Mamre bei Hebron hat er einen »Ölgarten« (IV, 442), und auch auf Josephs Anwesen in Menfe spiegeln sich Ölbäume »in dem ummauerten Karree eines Lotosteiches« (V, 1587). Die rohen Methoden der Brüder bei der Olivenernte und Ölkelter sind Anlass für eine von Josephs ›Angebereien‹ beim Vater (IV, 442; vgl. auch IV, 880).

Der Ölbaum und der Feigenbaum sind die beiden Bäume im »Garten der Welt«, von denen Joseph am Beginn des Romans zum Vater spricht (IV, 111 f.). Er ergänzt damit seine aus seinem Horoskop bezogene Selbstdeutung als ein doppelt, von »Tagessegen« und »Segen der Nacht« Gesegneter (IV, 108-110), dessen »Witz« den »Geschäftsträger und Unterhändler mache zwischen Vatererbe und Muttererbe« (IV, 110): Der Ölbaum ist der Lebensbaum und der Sonne heilig; er repräsentiert (wie der Wein) das Geist- und Vaterprinzip; der Feigenbaum dagegen ist dem Mond heilig, er ist der Baum des Erkennens und des Todes; er repräsentiert das Leib- und Mutterprinzip. Wer von seinen Früchten isst, wird sterben, aber seine Seele wird »Wurzeln haben, woher die Quellen kommen« (IV, 111).

Echnaton erwähnt Hermes' Rolle als Erfinder der Ölbaumkultur (V, 1428).

Die Frau von Peteprês Hausmeier Mont-kaw, die ihm bei der Geburt des ersten Kindes gestorben war, hatte Beket geheißen, was soviel wie ›Ölbaum‹ bedeutet (V, 995). Der sterbende Mont-kaw nennt sie sein »Ölbäumchen«, das er wieder anzutreffen hofft »am Nile des Westens« (V, 1000).

Die Übertragung der kosmischen Gegensätze (Sonne vs. Mond) auf  Öl- und Feigenbaum folgt den Bemerkungen zu Genesis 2,9 ff. von Jeremias I (74-77). Dort auch der Hinweis, dass der Weinstock, der gewöhnlich als das »Lebensholz« (76) verstanden wurde, in jüdischen Legenden auch durch den Ölbaum ersetzt wird (77). – In »Die Bäume im Garten. Rede für Pan-Europa« von 1930 verwendet Thomas Mann zur Charakterisierung des »Weltgegensatzes« von Leben und Tod, Ober- und Unterwelt dieselben mythischen Symbole und spricht in sehr ähnlichen Wendungen wie Joseph (vgl. den hier verfügbaren Auszug). – Den Namen Beket und seine Bedeutung hat TM aus Erman/Ranke (103).

Abb.: Olea Europaea L. aus: Köhler's Medizinal-Pflanzen in naturgetreuen Abbildungen mit kurz erläuterndem Texte. Gera 1887. Band 2, nach S. 109. – Bildquelle: biolib.de

Letzte Änderung: 04.08.2013  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Ölbäumchen Beket

On (Heliopolis)

Das »lehrhafte On« (d.i. Heliopolis) ist nach Per-Sopd und Per-Bastet die dritte und bis dahin größte ägyptische Stadt auf Josephs Reise nach Theben. On liegt an der »Spitze des Dreiecks der Mündungen« (IV, 729), d. h. dort, wo sich der Nil zum Delta verzweigt. Das bringt ihm die formelhaft wiederholte Bezeichnung »On an der Spitze des Dreiecks« ein (IV, 737; V, 941, 1041 u.ö.).

On liegt nicht nur an der Spitze des Dreiecks, sondern hat auch selbst die Form eines Dreiecks, dessen nördliche Spitze »gedachterweise, aber so ziemlich auch in Wirklichkeit« mit der Spitze des Nildeltas zusammenfällt. An dem Spitzenpunkt erhebt sich ein riesiger Obelisk aus feuerfarbenem, poliertem Granit, der den großen, weit nach Süden ins Stadtgebiet ausgreifenden Tempelbezirk im Norden abschließt (IV, 733).

Das ›goldene On‹ ist das »Sonnenhaus«, das Haus der großen Sonnengottheit Atum-Rê-Horachte (IV, 731). Ihr zu Ehren »gleißte und blitzte« die ganze Stadt von Gold: Die Dächer der Ringmauern sind aus Gold, überall ragen goldene Sonnenmale in Tiergestalt auf, und selbst die ärmsten Hütten tragen auf ihren Dächern vergoldete Sonnenzeichen (IV, 732). Aber alles wird »überfunkelt« von dem riesigen Granitobelisken an der »Spitze des Dreiecks«, dessen ebenfalls goldene Spitze »täglich den ersten Morgenstrahl aufglimmend empfing« (IV, 733).

On ist die »Stadt des Blinzelns« (V, 1506), denn von dem blitzenden Licht haben die Einwohner ständig tränende Augen, und Fremde ziehen sich gegen den »Glast« Kapuzen und Mäntel über den Kopf (IV, 732). Die Priester des Sonnentempels mit ihren Blankschädeln sind doppelt betroffen, ihnen tränen die Augen auch »vom vielen In-die-Sonne-Sehen« (IV, 734). Der Erzähler nennt sie (seines Urhebers norddeutsche Herkunft verratend) die »Plieräugigen« (IV, 736).

Eine »Stadt zum Blinzeln« ist das tausendjährige On aber auch »von Geistes wegen«: »Urweise Lehrhaftigkeit war hier zu Hause«, die vor allem auf der Geometrie fußte, speziell auf der Geometrie des Dreiecks. Der Erzähler vermutet, dass der »Sinn für das Raumlehrhafte« mit dem »Dienst des Tagesgestirns«, dem Sonnenkult, zusammenhängt (IV, 733).

Geometrie fundiert auch das »Gottesdenkertum und die Gabe der Glaubensgesetzgebung«, die in On zu Hause und in der Priesterschaft des Sonnentempels »erblich« sind: »Heiliger Scharfsinn war ihr Besitztum von alters« (IV, 734). Auf dem Tauschmarkt vor den Toren des Tempels lässt sich der alte Midianiter von den Sonnenpriestern ihre ›Theologie der Zusammenschau‹ erklären, und Joseph hört zu. Sie ist eine Form des Monotheismus, die das Kunststück fertigbringt, »niemanden dabei zu kränken und ungeachtet ihres identifizierenden Betreibens die tatsächliche Vielheit der Götter Ägyptens unangetastet zu lassen« (IV, 725).

Das gelingt durch die »Wissenschaft vom Dreieck«. Dessen »Spannseite« nämlich entspricht den zahlreichen Göttern Ägyptens; die »zusammenstrebenden Schenkelseiten« aber versinnbildlichen den Prozess der »Zusammenschau«, der die Vielheit in dem einen »Schluß- und Schnittpunkt« an der »Spitze des Dreiecks« zusammenführt, ohne sie zu vernichten: sie bleibt in dem von den drei Seiten umschlossenen Raum erhalten. Die »Spitze des Dreiecks« aber und die Einheit der Vielheit, so erklären die »Spiegelköpfe«, sei »der Herr ihres Tempels, sei Atum-Rê« (IV, 735).

Genau genommen umfasse die »Spannseite« des Dreiecks nicht nur die Vielheit der ägyptischen, sondern aller Götter, die mithin in der Einheit der Vielheit im Spitzenpunkt des Dreiecks, Atum-Rê-Horachte, zusammengefasst seien. Deshalb, so lassen die »Plieräugigen« wissen, könnten auch Fremde »getrost und ohne Verrat« dem »Horizontbewohner« Atum-Rê opfern, weil zugleich mit ihm »auch ihre heimischen Götter die Gaben empfingen« (IV, 737).

Die Einheitsbestrebungen des Amun in Theben dagegen hätten mit dieser Wissenschaft vom Dreieck, ihrer Toleranz und Weltläufigkeit nichts zu schaffen, seien vielmehr eine »engstirnige Anmaßung« von »gewalttätiger Plumpheit« (IV, 736).

Echnatôn besitzt in On einen komfortablen »Absteige-Palast«, östlich des Sonnentempels gelegen und mit ihm verbunden durch eine »Allee von Sphinxen und Sykomoren«, auf welcher »der Gott dahinzog, wenn er seinem Vater zu räuchern gedachte« (V, 1406). Bevor Echnatôn den Bau einer neuen, »ganz dem Atôn geweihten Stadt« (Achet-Atôn) beschließt, spielt er mit dem Gedanken, den Hof nach On zu verlegen, »wo er sich viel wohler fühlte« als in der Amun-Stadt Theben. Oft reist er nach On, um der »Amunsräucherei« zu entgehen und »sich mit den lehrhaften Spiegelköpfen vom Hause des Atum-Rê-Horachte über die Natur dieses herrlichen Gottes, seines Vaters, und über sein inneres Leben zu unterhalten« (V, 1382 f.).

In seinem Palast zu On träumt er auch seine beiden Träume von den fetten und mageren Kühen und von den vollen und verdorrten Ähren (V, 1386-1391). Hier findet auch seine erste Begegnung mit Joseph statt (V, 1404), ebenso das Zusammentreffen mit Jaakob (V, 1752-1757).

»Das Mädchen« Asnath, Josephs Frau, ist in On aufgewachsen, ihr Vater Potiphera ist Oberpriester des Sonnentempels (V, 1514). Ihr »Vorzugsaufenthalt war das Ufer des Heiligen Sees im Tempelbezirk ihres Vaters«, und »nichts liebte sie mehr, als mit ihren Gespielinnen, Priestertöchtern und Töchtern der Großen von On, auf dieser Aue am spiegelnden Wasser zu wandeln« (V, 1517).

Wie im Tempel des Ptach in Menfe gibt es auch im Sonnentempel zu On einen heiligen Stier, die ›lebende Wiederholung‹ des Atum-Rê, Merwer, dem die Sonnenpriester Rauchopfer darbringen (IV, 731 f.).

Der Sonnentempel zu On ist nach Überzeugung der Sonnenpriester auch der Ort, an dem sich der »Zeitvogel« Bennu (Phönix) alle 500 Jahre verbrennt und aus der Asche verjüngt hervorgeht (V, 1386 f.).

Vgl. Karte von Ägypten. – ›On‹ ist die koptische Form des altägyptischen Ortsnamens ›Iunu‹; die Griechen nannten die Stadt Heliopolis. – Die Darstellung von On stützt sich auf Erman/Ranke (31 u.ö.); vgl. auch Erman (26-28, 89-91). – Über TMs Darstellung der  ›Theologie der Zusammenschau‹ der Priester von On urteilt Jan Assmann: »Man kann das Phänomen Heliopolis nicht schöner und zugleich treffender darstellen.« (Assmann II, 104)

Abb.: Vier Gottheiten von Heliopolis (Papyrus Harris).

Letzte Änderung: 10.08.2013  |  Seitenanfang< / Lexikon   |  pfeil Zurück

Opetfest

Einer der Höhepunkte des ägyptischen Festjahres ist zugleich der Höhe- und Endpunkt der Geschichte von Joseph und Mut-em-enet, denn der Verführungsversuch der verzweifelt Verliebten, der mit Josephs Aburteilung durch Potiphar endet, fällt auf den Tag des Opetfestes im zehnten Jahr von Josephs Aufenthalt in Ägypten (V, 1238).

Das Opetfest findet am »Tag des Beginnes der Nilschwelle«, dem ›amtlichen Neujahrstag‹, statt. Es ist der »große Festtag von Amun-Rê's Besuch im Südlichen Frauenhause« (V, 1240). Dabei wird das im Tempel von Karnak verwahrte Bildnis des Amun mit großem Pomp und unter Begleitung des Pharao von Karnak zum »Säulenhause am Fluß«, dem Südlichen Frauenhaus, gebracht. Das Bildnis, »ein eigentümlich unförmiges Hockepüppchen«, sitzt »heilig versteckt in seiner verschleierten Kapelle« auf einer »widderkopfgeschmückten Barke«, die nun – begleitet von den Barken der Mut und des Chonsu – »auf langen Schulterstangen von vierundzwanzig Blankschädeln in gestärkten Überschürzen« aus der »heiligste[n] Dunkelkammer« auf den Platz vor dem Tempel getragen wird, wo das Ritual des »Gänsefliegens« stattfindet und Pharao dem Gott ein Brandopfer darbringt (IV, 1243 f.). Danach werden die Barken der heiligen »Dreiheit« in einem Festzug an den Fluss gebracht, wo die Reise zu Schiff weitergeht, begleitet von einer großen Volksmenge, die, angeführt von einem Amunspriester, dem Zug der Barken am Ufer zu Fuß folgt (V, 1244 f.).

In Luxor angekommen, wird die Barke mit dem Gottesbild zum Tempel getragen, »empfangen und eingeholt unter Knicksen, Leibeswindungen und Zweiggewedel von Amuns irdischen Nebenfrauen, den Damen vom Hohen Hathorenorden in Dünngewändern, die nun vor dem Hochgemahl (nämlich vor dem gewickelten Hockepüppchen in seiner verhüllten Kajüte) tanzten, Handpauken schlugen und sangen mit allseits beliebten Stimmen« (V, 1246). Mut-em-enet nimmt dieses Mal nicht an dem »schönen Dienst ihrer Schwestern, der Amunskebsen« teil. Sie lässt sich entschuldigen und lässt sagen, sie sei »unpaß« (V, 1248).

Der Verlauf des Festes wird ausgiebig geschildert (V, 1240-1246), »um die Hörerschaft mit dem öffentlichen Rahmen vertraut zu machen, in welchem die Hochstunde unserer Geschichte, der privaten und eigentlichen, sich abspielte«, denn die »großzügigste Kenntnis dieses Rahmens genügt, um zu verstehen, wie sehr in Anspruch genommen Peteprê, der Höfling, an diesem Tage war« (V, 1246 f.). 

Die Schilderung des Festes stützt sich auf Blackman (56-62), Erman (198 f.) und bei der Beschreibung der Barke wohl auch auf Erman/Ranke (313 f.) und die dort eingefügte Abbildung einer Amunsbarke aus dem Totentempel Sethos I. in Abydos. – Das Ritual des »Gänsefliegens« gehört eigentlich zum Fest des Gottes Min, dessen (teilweise ähnlicher) Verlauf bei Erman/Ranke (71 f.) beschrieben wird. – Vgl. auch Wiedemann (371 f.) und zur Datierung des Neujahrstages Erman/Ranke (16). – Nach Erman sind Opetfest (198 f.) und Neujahrsfest (371 f.) zwei verschiedene Feste.

Abb.: (1) Die Barke des Amun auf einem Relief in Karnak. – (2) Das »Gänsefliegen«. – (3) Tanzende Frauen in einem Festzug.  

Letzte Änderung: 03.11.2017  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Ophir

Zu den »siebzig oder wahrscheinlich zweiundsiebzig« Völkern des Erdkreises, über die Joseph von Eliezer unterrichtet wird, gehört im »äußersten Süden« das Land Ophir, »das Goldland, der Kunde nach« (IV, 407). 

Nach 1.Könige 9,28 und 2.Chronik 8,18 ließ König Salomo große Mengen Gold aus Ophir (Ofir) holen.

Letzte Änderung: 29.08.2010  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück

Orakelbaum Terebinthe und Tamariske
 

Osarsiph Joseph
 

Osiris Usir

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