Briest, Luise von

Effis Mutter, eine »schöne, schlanke« Frau (1/7), zu Beginn der erzählten Geschichte 38 Jahre alt (vgl. 1/11), eine geborene Belling aus Schwantikow, einem Gut in der Nachbarschaft des Briestschen Gutes Hohen-Cremmen (vgl. 1/11).

Luise von Briest hat, wie sich in mehreren Gesprächen mit ihrem Mann zeigt, ein recht genaues und differenziertes Bild von Effis Charakter. Sie kennt auch Innstetten, der, als er »noch keine Zwanzig« war (ebd.), erfolglos um ihre Hand angehalten hatte und nun um die ihrer Tochter wirbt. Sie kann also die markanten Unterschiede beider Charaktere einschätzen. Dennoch rät sie ihrer Tochter, den Heiratsantrag des 38-Jährigen (den Effi zwei Tage zuvor zum ersten Mal gesehen hat) anzunehmen, und versieht diesen Rat sogar mit einigem Nachdruck (vgl. 2/18).

Zwei Gründe dürften für dieses Verhalten verantwortlich sein. Zum einen ist ihr Denken stark von den Normen und Konventionen ihres Standes bestimmt: Dass Effi durch eine Heirat mit einem erfolgreichen und ehrgeizigen Beamten wie Innstetten »mit zwanzig Jahren« da stehen wird, »wo andere mit vierzig stehen« (ebd.), ist in ihren Augen ein starkes Argument für diese Ehe, wohl das stärkste und ausschlaggebende. Denn zum anderen hat sie eine illusionslose Auffassung von dem Leben, das Frauen in der Ehe erwartet. Dass »die Frau in einer Zwangslage sei«, die ihr ein selbstbestimmtes Leben verwehrt, steht für sie fest (5/47), ja mehr: Sie ist auch überzeugt, dass jeder Mann seine Frau nolens volens »quält« schon dadurch, dass er das gemeinsame Leben an seinen Vorstellungen und Vorlieben ausrichtet (5/41). Liebe und Zuneigung scheint sie deshalb für eher nachrangige Kriterien der Partnerwahl zu halten und ist sich sicher, dass ihre Tochter von Glück sagen kann, in Innstetten doch immerhin einen »Mann von Charakter, von Stellung und guten Sitten« zu bekommen (2/18).

Darauf, dass sie sich in ihrer eigenen Ehe in einer »Zwangslage« befindet, deutet allerdings nichts hin, eher im Gegenteil. Briest ist ein gutmütiger Skeptiker, der dazu neigt, seiner Frau das Heft des Handelns zu überlassen. Das gilt insbesondere für den Entschluss, Effi nach ihrer Scheidung nicht in Hohen-Cremmen aufzunehmen (vgl. 31/301 f.), an dem Frau von Briest selbst nach Rummschüttels alarmierendem Brief noch festzuhalten geneigt scheint (vgl. 34/328).

Erst spät, erst am Grab ihres Kindes, stellt sie sich die Frage, die der Leser sich schon am Beginn der Geschichte stellt: »ob sie nicht doch vielleicht zu jung war?« (36/350)