Runtschen, Frau

Zugehfrau der Möhrings, die sie nach einer der notwendigen Sparsamkeit geschuldeten Unterbrechung wieder in Dienst nehmen, als Hugo bei ihnen eingezogen ist. Frau Runtschen putzt außerdem auch bei Frau Petermann und einer Familie Kulicke. Sie ist die Mutter von Ulrike und wird fast immer nur als ›die Runtschen‹ oder ›die alte Runtschen‹ bezeichnet. Sie ist sehr arm, nimmt von Frau Petermann und Frau Möhring ungeniert Lebensmittelgeschenke an und neidet ihrer eigenen Tochter spontan das bei Mathildes Verlobungsfeier erhaltene Trinkgeld, obwohl diese es mit ihr teilt; doch Frau Runtschen »konnte mit einer Hälfte nicht zufrieden sein, die eben die Hälfte und nicht das Ganze war« (9a/53). Am nächsten Tag sagt sie sich aber, »daß Ulrike sehr anständig gehandelt« hat, denn sie »hätte ja gar nichts geben oder wenigstens mogeln können« (9b/54). Unkommentiert bleibt Ulrikes Bemerkung, dass zumindest Schultzes Trinkgeld anders ausgefallen wäre, wenn statt ihrer die Mutter bedient hätte.

Tatsächlich sieht man Frau Runtschen ihre Armut ein wenig an: Sie ist auf einem Auge blind und hat deshalb eine schwarze Augenklappe, zu deren regelmäßigen Wechsel Mathilde sie auffordern muss; außerdem trägt sie einen schwarzen »Kiepenhut, mit dem sie wie verwachsen« ist, und bei schlechtem Wetter »Mannsstiefel« (8/49 f.). Sie ist insgesamt eine etwas ungepflegte Erscheinung, die Mathilde vor Hugo peinlich ist. Ihm graust es vor Frau Runtschen sogar so sehr, dass er rundheraus erklärt, sie nicht sehen zu wollen (vgl. 10a/63). Zu Silvester wird daher – wie schon zur Verlobungsfeier – Ulrike engagiert, während ihre Mutter nur in der Küche beim Bleischmelzen helfen darf. Diese offensichtliche Zurücksetzung der Alten führt zu einem Streitgespräch zwischen Mathilde und ihrer Mutter, die Hugos Haltung für unangebrachten Hochmut hält. Frau Möhring will gesehen haben, wie Frau Runtschen »die Hand zitterte, weil sie recht gut gemerkt hat, daß wir sie hier vorne nich mehr sehn wollen« (10a/65). Für Mathilde ist Hugos strikte Ablehnung der alten Runtschen dagegen ein gutes Zeichen, sie sieht darin die Ablehnung nicht nur des Hässlichen, sondern auch des Schlechten und Falschen: »Daß er so gegen die Runtschen is, das ist mein Hoffnungsanker.« (10a/67) Nach Hugos Tod versichert Mathilde ihrer Mutter in einem Brief, weiter für sie zu sorgen, sodass diese »nicht wie die alte Runtschen reinmachen und einholen« werde (15/113).