Kröger, Tonio

Sein Vater ist Getreidehändler und Konsul, die Mutter stammt aus Südamerika. Tonio, ein zarter, brünetter Knabe, der dichtet und Geige spielt, empfindet sich als fremd unter den derberen, blonden Schulkameraden. Aber er liebt mit 14 einen solchen, Hans Hansen, und mit 16 eine blonde, ahnungslose Ingeborg Holm. »Damals lebte sein Herz«, heißt es im Rückblick (254, 261).

Nach dem Tod des Vaters geht er auf Reisen in den Süden und lebt ein Bohème-Leben. Er ist ein erfolgreicher Dichter geworden; er sieht hinter die Worte, erkennt Komik und Elend (264). Später, mit etwa 30 Jahren, lebt er in München. Immer noch leidet er unter der Unzugehörigkeit zum normalen Leben, spricht von »Erkenntnisekel« (276) und sehnt sich nach den »Wonnen der Gewöhnlichkeit« (278, 317 – so auch in »Die Hungernden«). Menschlichkeit und Kunst widersprächen sich, klagt er in einem langen Monolog-Gespräch mit der Malerin Lisaweta Iwanowna. Sie nennt ihn einen »verirrten Bürger« (281). Im September geht er wieder auf Reisen, diesmal in den heimatlichen Norden. Seiner Vaterstadt (dem ungenannten Lübeck) und dem Elternhaus macht er einen traumhaft-angeregten Besuch und wird dabei von der Polizei mit einem gesuchten Hochstapler verwechselt. Er reagiert gelassen, denn was ist er sonst? (293).

Zu Schiff reist er abends weiter nach Kopenhagen und fühlt sich glücklich auf dem Meer – »sein Herz lebte« (300). Nach einem touristischen Aufenthalt in der Hauptstadt lässt er sich für einige Zeit in einem kleinen Badeort am Sund nahe Helsingör nieder. Dort genießt er Meer, Ruhe und Vergessen.

Doch eines Tages kommt eine Gesellschaft von Ausflüglern ins Hotel, die dort das Wochenende verbringen. Tonio Kröger gerät in freudige Erregung, denn unter ihnen glaubt er in einem jungen dänischen Liebes- oder Geschwisterpaar seine Jugendlieben Hans Hansen und Ingeborg Holm zu erkennen. Abends wird getanzt. Tonio Kröger beobachtet ungesehen die Ebenbilder seiner Jugendlieben und wird plötzlich von Heimweh erfasst nach dem unkomplizierten Glück (311). In einem Brief an Lisaweta verteidigt er seine Liebe zum Leben, die allein ihn zum Dichter mache (318).