E.T.A. Hoffmann: Der goldene Topf (1819)

Anselmus, Student

Ist der Held der Erzählung, der sich vom tollpatschigen Studenten zum kompetenten Dichter wandelt. Sein »kindliches poetisches Gemüt« qualifiziert ihn als Anwärter für die Reise in das poetische Atlantis, für die er von der phantastischen Serpentina ausgewählt wird (291).

Der Student ist von »kräftigem Wuchse« und mit einem »wohlgebildeten Gesicht« ausgestattet, aber sein Anzug liegt »ganz aus dem Gebiet aller Mode«, so dass er mit seinem »magistermäßigen Styl« unbeholfen wirkt (230).

Er ist ein Pechvogel, der sehr darunter leidet, noch nie einen »Herrn Hofrat oder eine Dame« gegrüßt zu haben, »ohne den Hut weit von« sich »zu schleudern oder gar auf dem glatten Boden auszugleiten« (231). So stolpert er auch am Himmelfahrtstag am Schwarzen Tor in Dresden über den Apfelkorb einer alten Frau. Obwohl er ihr all sein Geld als Entschädigung lässt, verflucht sie ihn mit dem Spruch: »Ja renne – renne nur zu, Satanskind – ins Krystall bald dein Fall – ins Krystall!« (229). Sein darauf folgender, selbstmitleidiger Monolog unter einem Holunderbaum wird von drei grün-goldenen »Schlänglein« unterbrochen. Er blickt in das »Paar herrliche dunkelblaue Augen« der Schlange Serpentina, es fährt ihm »wie ein elektrischer Schlag« durch alle Glieder und er ist verliebt (234).

Diese beiden Begegnungen mit der »höheren Welt« eröffnen das Spannungsfeld zwischen prosaischer und phantastischer Welt, auf dem die folgenden Bewährungsproben des Helden angesiedelt sind.

Veronika, die Tochter seines Freundes Konrektor Paulmann, lässt ihn »das Abenteuer unter dem Holunderbaum« immer wieder für eine Weile vergessen, denn auch sie hat »recht schöne dunkelblaue Augen« (240). Sein zweiter guter Freund Heerbrand versucht ihm eine lukrative Schreiberstelle bei dem Archivarius Lindhorst zu vermitteln. Sein Vorstellungstermin scheitert aber wegen eines unerfreulichen Vorfalls mit dem Türknauf des Archivarius. Der verwandelt sich in die Fratze des Äpfelweibes und die Klingelschnur »zur weißen durchsichtigen Riesenschlange«, die ihn würgt, bis er ohnmächtig zu Boden geht (244). Nach den Schilderungen dieses Vorfalls halten die beiden Freunde ihn »nun in der Tat für seelenkrank«. Sie setzen sich verstärkt dafür ein, Anselmus in die Anstellung beim Archivarius zu bringen, weil sie hoffen, dass er bei einer ordentlichen Arbeit wieder zu Verstand kommt (249). Anselmus entzieht sich ihnen aber immer weiter und verfällt gern in ein »träumerisches Hinbrüten« (253).

Als er abends wieder einmal am Holunderbaum nach den Schlangen ruft, erscheint der Archivarius, dem er sich anvertraut. Unerwarteter Weise lacht Lindhorst ihn nicht aus, sondern erweist sich als Teil seines phantastischen neuen Lebens. Als Vater von Serpentina verspricht der Archivarius ihm, dass er seine Liebe nach Herzenslust sehen kann, wenn er nur endlich die Stelle als Abschreiber antritt.

Mit einem »goldgelben Liquor« aus Lindhorsts Hand überwindet Anselmus das Äpfelweib an der Haustür (257). Nachdem er allerlei Mysterien in Lindhorsts Haus bewundert hat, beginnt er seine Kopierarbeiten. Mit jedem Wort, das er schreibt, kehrt sein Selbstvertrauen zurück. Die Arbeitsstunden bei Lindhorst sind »die glücklichsten seines Lebens, denn immer von lieblichen Klängen, von Serpentina’s tröstenden Worten umflossen«, gelingt ihm seine Arbeit wie von selbst (284). Veronikas Existenz verblasst, während ihm die wundervolle Welt um Serpentina und den Archivarius immer wirklicher wird und er seine letzte Aufgabe antritt: Im azurblauen Saal soll er ein besonderes Manuskript kopieren. Die zuerst fremdartigen Zeichen erkennt Anselmus mit Hilfe von Serpentinas »Tönen und Leuchten« bald als Erzählung von »der Vermählung des Salamanders mit der grünen Schlange« (287). Serpentina, erstmals in Menschengestalt, erzählt ihm die Geschichte ihres Vaters aus Atlantis, die Anselmus aufschreibt ohne es überhaupt zu bemerken.

Während er in der poetischen Welt aufzugehen droht, begibt Veronika sich in die Fänge des Äpfelweibs und lässt sich von ihr einen magischen Spiegel machen, mit dessen Hilfe sie Anselmus beeinflussen kann. Mit ihm stellt sie seinen treuen Glauben an Serpentina und die magische Welt auf eine harte Probe: Bei einem zufällig wirkenden Besuch bei Paulmanns – der Leser ahnt, dass der magische Spiegel eine Rolle dabei spielt – wirkt der Zauber des Äpfelweibs, und Anselmus scheint es, als sei er immer nur in Veronika verliebt gewesen (295ff.). Infolge dieser Schwäche verkleckst er am folgenden Tag das bedeutende Manuskript, wofür er von Lindhorst gestraft wird (302). Der Student findet sich in einem Kristallglas eingesperrt wieder, womit der Fluch des Äpfelweibs erfüllt ist.

In dieser misslichen Situation gibt ihm Serpentinas Stimme wieder Hoffnung. Er schlägt ein Hilfsangebot des Äpfelweibs aus, beweist so doch seine Treue und wird von Lindhorst freigelassen. Endlich kann er »in die Arme der holden lieblichen Serpentina« fallen (309). Der Weg zur Hochzeit und auf »das hübsche Rittergut« des Salamanderkönigs in »Atalantis« steht ihm nun frei (316). In der »Erkenntnis des heiligen Einklangs aller Wesen« leben die beiden dort »in höchster Seeligkeit immerdar« (320).

Äpfelweib (Rauerin, Liese)

Sie ist ein »altes häßliches Weib« (229), laut Lindhorst eine »fatale Kreatur« (257). Von Angelike Oster allerdings wird sie als alte Seherin geschätzt, Heerbrand ist sie als »Kartenlegerin und Kaffeegießerin« bekannt (314). Sie selbst sieht sich als »weise Frau« und betrachtet den Archivarius als ihren größten »Feind« (267). Von Serpentina hört Anselmus später, dass die Alte ein Produkt der Liebe zwischen einer Feder des bösen schwarzen Drachen und einer Runkelrübe sei. Ihre Mittel seien die »feindlichen Prinzipe, die in schädlichen Kräutern und giftigen Tieren wohnen« (292).

Anselmus stolpert auf dem Markt über ihren Apfelkorb in die Geschichte hinein. Obwohl er ihr als Entschädigung all sein Geld überlässt, verflucht sie ihn mit dem Spruch:»Ja renne – renne nur zu, Satanskind – ins Krystall bald dein Fall – ins Krystall!« (229) Ihre »gellende, krächzende Stimme« wirkt auch auf die Umstehenden unheimlich, »so daß man dem vorhin noch ganz Unbemerkten jetzt teilnehmend nachsah« (230).

Ihr hexenhaftes Äußeres verschlägt der hilfesuchenden Veronika den Atem: Indem »sie sprach, wackelte das hervorragende spitze Kinn, verzog sich das zahnlose Maul von der knöchernen Habichtsnase beschattet« (264). Die schwarzen borstigen Haare, die unter einem bunten Kopftuch hervorschauen und der schwarze Kater, der sie stets begleitet, tun ein Übriges. Sie weiß aber Veronika mittels ihrer Magie zu überzeugen und verspricht, ihr »mit allen Kräften« beizustehen (266).

Zur Tag- und Nachtgleiche gießt sie »im Bann des magischen Kreises« einen magischen Spiegel, mit dessen Hilfe Veronika Anselmus sehen und beeinflussen kann. Dass Veronika von Anselmus gar nichts haben wird, wenn es ihr gelingt ihn von Serpentina abzubringen, weiß die Alte ganz genau und ihre Hilfestellung erweist sich als eigennützig.

Ihr Plan geht auf: Anselmus lässt sich von Serpentina ablenken, scheitert mit seiner Aufgabe und wird vom Salamanderkönig in die Kristallflasche gesperrt, wo sie ihn verhöhnt: »hab’ ich dir’s nicht längst voraus gesagt?« (305). Als sie sich aber mit dem gestohlenen goldenen Topf davon machen will, wird sie von Lindhorst aufgehalten. Der verwickelt sie und ihren Kater in einen Kampf, in dem die beiden unterliegen und getötet werden. Zuletzt schrumpft die Alte zur Futterrübe zusammen, die Lindhorsts Papagei zur Belohnung verzehren darf.

Bruder von Archivarius Lindhorst

Die Neuigkeiten über seinen Bruder nutzt der Archivarius, um seine philiströse Umwelt bei einem Treffen im Kaffeehaus in Erstaunen zu versetzen. Nach dem Tod ihres Vaters vor 385 Jahren habe er Lindhorst um den geerbten Onyx beneidet. Bei der Leiche des Vaters hätten die Brüder sich auf »ungebührliche Weise« darum gezankt, bis der »Selige« die Geduld verloren habe (247f.). Er sei kurzerhand vom Totenbett aufgestanden und habe den »bösen Bruder« die Treppe hinuntergeworfen (248). Lindhorst erzählt weiter: »Das wurmte meinen Bruder, und er ging stehenden Fußes unter die Drachen« (248).

Nun halte er sich im »Zypressenwalde dicht bei Tunis« auf, um dort einen »berühmten mystischen Karfunkel« zu bewachen (248). Weil ein »Teufelskerl von Nekromant« hinter dem Stück her sei, könne der Bruder immer nur auf das Viertelstündchen, »wenn gerade der Nekromant im Garten seine Salamanderbeete besorg[e]«, zu Lindhorst kommen und ihm die Neuigkeiten vom Nil mitteilen (248).

Drache, Der schwarze

Figur der Geschichten aus Atlantis, die Archivarius Lindhorst bei einem Treffen im Kaffeehaus zum Besten gibt: Ein in einem Berg verborgener Drache, der einst aus seinem Gefängnis hervorkam, um dem Geisterfürsten Phosphorus zu helfen, seine geliebte Feuerlilie zurückzugewinnen. Es gelang dem Drachen, sie wieder in eine Lilie zu verwandeln, aber sie litt darunter so sehr, dass Phosphorus gegen den Drachen kämpfen musste, der sich schließlich wieder in den Berg zurückzog.

Aus den schwarzen Federn, die beim Kampf auf die Erde gefallen waren, wuchsen, wie Serpentina später Anselmus erzählt, »feindliche Geister empor«, die nun »überall den Salamandern und Erdgeistern widerstreben« (292). Das alte Äpfelweib ist das Ergebnis der Liebe einer dieser Federn und einer Runkelrübe. Sie gehört zu den Wesen, die alle negativen Prinzipien in Giftpflanzen und Tieren sammeln und mischen, um ihre Opfer damit der Macht der Dämonen zu unterwerfen (292).

Feuerlilie

Der Archivarius Lindhorst stellt sie in seiner Familiengeschichte, die er im Kaffeehaus zum Besten gibt, als seine »Ur – ur – ur– urgroßmutter« vor (247).

Sie war ein Wesen aus Atlantis und Tochter der Sonne. Sie verliebte sich in den jungen Phosphorus und flehte um seine Liebe. Trotz seiner Warnungen wollte sie nicht abrücken, ließ sich küssen und nahm so den Funken des Gedankens auf. Daraufhin »loderte sie auf in Flammen, aus denen ein fremdes Wesen hervorbrach, das schnell dem Tale entfliehend, im unendlichen Raum herumschwärmte« und alle, die ihr bisher lieb waren, vergaß (246).

Der schwarze Drache fing dieses Wesen Phosphorus zuliebe wieder ein, umschloss es mit seinen Fittichen, so dass es sich wieder in eine Lilie verwandelte. Doch »der bleibende Gedanke zerriß ihr Innerstes und die Liebe zu dem Jüngling Phosphorus war ein schneidender Jammer«, von dem sogar alle Blumen welk wurden (246). Phosphorus ertrug dieses Leid nicht lange und forderte den Drachen zum Kampf. Er siegte, befreite die Feuerlilie und »umschlang sie voll glühenden Verlangens himmlischer Liebe und im hochjubelnden Hymnus huldigten ihr die Blumen, die Vögel, ja selbst die hohen Granitfelsen als Königin des Tals« (246).

Ihre Tochter ist die grüne Schlange, in die der Salamander sich verliebt. Er wiederholte die Geschichte ihrer Mutter mit ihr. Als sie jedoch durch die Lüfte schwebt, zerstörte er Phosphorus’ Garten. Als der Salamander ihre Tochter entführt, rufen ihre Düfte »in namenloser Klage im ganzen Garten nach der geliebten Tochter« (289).

Paulmann, Fränzchen

Jüngste Paulmann-Tochter, zwölf Jahre alt und die gute Seele der Familie. Als Veronika sich mit dem Alräunchen herumschlägt, wundert sie sich über den Lärm, denn sie kann das Fabelwesen nicht sehen: »Was ist dir denn heute, Schwester? Du wirfst ja alles durcheinander, daß es klippert und klappert, ich muß dir nur helfen« (261). So serviert sie den Kaffee für die »Mademoisell Osters«, die kurz darauf zu Besuch kommen (260).

Auch nach Veronikas Zaubernacht mit dem Äpfelweib sorgt sie für die fiebernde Schwester mit einer »Tasse dampfenden Tees« (281). Als die Herren im Punschrausch gar zu ausgelassen werden, springt Fränzchen »weinend« (299) davon, ehe sie später den »desorganisierten Papa« zu Bett bringt (310). Die von ihr servierte Suppe wird kalt, während der Registrator Heerbrand um die Hand von Veronika anhält.

Heerbrand, Registrator

Freund von Anselmus und Konrektor Paulmann. Nach seinem Aufstieg zum Hofrat wirbt er um »die Mamsell Veronika«, die er schon lange »im Stillen geliebet« (312).

Er hat laut Paulmann einen »Hang zu den Poeticis« und unterstützt Veronikas Verteidigungsrede für den vermeintlich verrückten Anselmus: »sollte man denn nicht auch wachend in einen gewissen träumerischen Zustand versinken können?« (240) Trotzdem ist auch er der Meinung, dass für Anselmus’ Genesung nichts »dienlicher sein könne, als die Beschäftigung bei dem Archivarius Lindhorst, nämlich das Nachmalen der Manuskripte« (249). Mit Nachdruck versucht er, ihm die vakante Stelle beim Archivarius Lindhorst zu verschaffen.

An einem Abend in Paulmanns Haus gerät Heerbrand durch einen »verderblichen Punsch« in einen Rausch, in dem er zu Paulmanns Entsetzen Anselmus‘ phantastische Weltsicht teilt. Zudem vergisst er über der Verteidigung des Studiosus sein eigenes Anliegen – die Bekanntgabe seiner Beförderung zum Hofrat und den Heiratsantrag für Veronika. Am nächsten Morgen verlässt er fluchtartig das Haus und lässt sich einige Zeit nicht mehr bei Paulmanns blicken. Erst nach mehreren Monaten, in denen auch Anselmus verschwunden bleibt, taucht Heerbrand wieder bei Paulmann auf: »da trat er in einem neuen modernen Kleide vom besten Tuch, in Schuhen und seidenen Strümpfen des starken Frostes unerachtet, einen großen Strauß lebendiger Blumen in der Hand« durch die Tür (311). Er verkündet seine Beförderung und bittet um Veronikas Hand. Er schenkt ihr ein paar Ohrringe, die sie bereits aus einem Traum kennt.

Ehe sie einwilligt, will sie beichten, dass sie sich Anselmus wegen einiger Hexenkünste bedient hat. Heerbrand reagiert erstaunlich gelassen und ist der Meinung, solche Erzählungen seien lediglich eine »poetische Allegorie«, die »den gänzlichen Abschied von dem Studenten« bedeuteten (314).

Lindhorst, Archivarius (Salamander)

Als Teil der phantastischen Welt ist er ein aus Atlantis vertriebener Elementargeist des Feuers aus dem Geschlecht der Salamander, Diener des Geisterfürsten Phosphorus und Vater von Serpentina. In der prosaischen Welt nennt er sich Archivarius Lindhorst, und der Registrator Heerbrand hält ihn für einen »forschenden Antiquar, auch wohl neben her für einen experimentierenden Chemiker«, der einen Abschreiber für seine Manuskripte sucht (241).

Lindhorst weiß seine philiströse Umwelt stets zu verblüffen, unter anderem mit seinen Familiengeschichten. Seine »Ur-ur-ur-urgroßmutter« sei eine Feuerlilie gewesen, die den Geisterfürsten so sehr liebte, dass sie sich von ihm den ›Funken des Gedankens‹ einpflanzen ließ (247). Sein Bruder sei unter die Drachen gegangen, nachdem ihr verstorbener Vater ihn vor 350 Jahren eine Treppe hinab geworfen habe. Diese Geschichten seien »buchstäblich wahr« und keineswegs nur »allegorisch gemeint«, versichert Lindhorst den lachenden Zuhörern (247). Der einzige, der ihn nicht auslacht, ist Anselmus, der die kleinen Schlangen sehen kann und die Stelle als Abschreiber bei Lindhorst antreten soll.

Serpentina erzählt Anselmus später, warum der Archivarius das »dürftige Leben« der Menschen teilen und »dessen Bedrängnisse ertragen« muss (290). In grauer Vorzeit hat er den Geisterfürsten Phosphorus in Atlantis sehr verärgert. Gegen den Rat des Fürsten schloss er die grüne Schlange, Tochter der Feuerlilie, voll »glühenden Verlangens« in die Arme. Wie vorhergesagt, zerfiel sie in Asche, aus der ein »geflügeltes Wesen« stieg und davonflog (289). Angesichts dieses Verlusts ergriffen »Wahnsinn und Verzweiflung« den Salamander und in seinem Zorn zerstörte er den Zaubergarten des Fürsten (289). Zur Strafe nahm Phosphorus ihm die Feuermagie weg und verbannte ihn unter die Menschen, wo er bis in die Zeit der Geschichte hinein lebt.

Eine Rückkehr ist nur nach der Erfüllung einiger Bedingungen möglich, von denen die erste in der Geschichte bereits erfüllt ist: Das Zeitalter, in dem »die Sprache der Natur dem entarteten Geschlecht der Menschen nicht mehr verständlich« ist, ist bereits angebrochen (290). Deshalb hat der Salamander bereits die Feuermagie zurück, seine grüne Schlange wiedergefunden und mit ihr drei Töchter gezeugt, die er nun noch unter die Haube bringen muss. Die Anforderungen an die heiratswilligen Kandidaten sind allerdings hart. In dieser »dürftigen armseligen Zeit der innern Verstocktheit« muss für jedes Mädchen ein junger Mann gefunden werden, der ein »kindliches poetisches Gemüt« besitzt, um sein Mädchen überhaupt erkennen zu können (290f.).

Lindhorst gibt sich dem Kandidaten für Serpentina, Anselmus, eines Abends unter dem Holunderbaum zu erkennen, wo der Student nach seiner »holden Geliebten« zu rufen pflegt (253). Er versucht den Studenten zu überzeugen, die Kopierarbeiten bei ihm endlich zu beginnen, und lockt ihn mit der Aussicht, seine Tochter öfter zu sehen. Um das Problem mit dem Äpfelweib an der Haustür zu lösen, versorgt er den jungen Mann mit einem Liquor, der ihr das Gesicht verätzt.

In Lindhorsts Haus sieht Anselmus allerlei Märchenhaftes: Einen verzauberten Garten mit bunten Spottvögeln, sprechende graue Papageien mit Brille auf dem Schnabel sowie ein azurblaues Bibliothekszimmer mit einem zauberhaft schimmernden goldenen Topf in der Mitte. Vor allem aber hört er die Stimme der geliebten Serpentina, die ständig durch wundervoll duftende Säle weht.

Lindhorst gewährt dem Studenten einen Probetag. Mit den Ergebnissen ist er sehr zufrieden und seine »ganze Gestalt« verändert sich zu einer königlichen. Er ist sich nun sicher, dass Anselmus der richtige Kandidat für Serpentina ist. Er warnt den jungen Mann, dass das mit ihr angestrebte »Glück im höheren Leben« nur durch den Kampf gegen »feindliche Mächte« zu erreichen sei (275).

Erstaunlich ist auch seine Fähigkeit, scheinbar überall anwesend zu sein, ohne gesehen zu werden. Er erscheint jedesmal »genau in dem Augenblick, wenn Anselmus eben die letzten Zeichen einer Handschrift vollendet«, um ihm eine neue zu geben (284). Er behauptet sogar, bei einem Punschgelage im Haus von Paulmann »in der Terrine« gewesen zu sein und alles gesehen zu haben (301).

In der Gestalt des »gekrönten Salamanders« straft er Anselmus für einen Fleck auf einem besonders wertvollen Manuskript (302). Mit »fürchterlicher Stimme« zaubert er Anselmus in die Kristallflasche, in der er auf einem Regalbrett unter anderen Flaschen steht. In denen sitzen »Kreuzschüler« und »Praktikanten« ihre Strafen ab, allerdings ohne sich ihrer Gefangenschaft überhaupt bewusst zu sein.

Lindhorst ist erst wieder zur Stelle, als es darum geht, das Äpfelweib daran zu hindern, Serpentinas Mitgift, den goldenen Topf, zu stehlen. Gemeinsam mit seinem grauen Papagei, der den schwarzen Kater erledigt, kann er die Alte überwältigen. Dem Papagei überlässt er dann auch die Runkelrübe, zu der die Hexe zusammengeschrumpft ist, als Belohnung. Danach befreit er Anselmus, der kurz vorher jede Hilfe von der Hexe ausgeschlagen und damit seine Treue doch noch bewiesen hat. Nur »ein feindliches Prinzip« das von außen in ihn gedrungen sei, trage die Schuld an seinem Fehler: »Du hast deine Treue bewährt, sei frei und glücklich« (309).

Dem fiktiven Erzähler, der sich mit der zwölften Vigilie quält, schreibt er ein Billet und bittet ihn zu Gast. Er bietet ihm das Lieblingsgetränk eines gemeinsamen guten Freundes, Kreisler an. Der spielt in vielen anderen Geschichten E.T.A. Hoffmanns als Künstlerfigur eine wichtige Rolle. Mit dem Zaubertrank gewährt Lindhorst dem Erzähler Einblick in das wundervolle Atlantis und verbindet damit die poetologische Auflösung von Anselmus Geschichte: »Ist denn überhaupt des Anselmus Seligkeit etwas anderes, als das Leben in der Poesie, der sich der heilige Einklang aller Wesen als tiefstes Geheimnis der Natur offenbaret?« (321)

Oster, Angelike

Freundin von Veronika Paulmann, die sie mit ihrer Schwester besucht.

Angelike ist einem Offizier versprochen, von dem sie aber schon lange keine Nachricht mehr bekommt, so dass »man an seinem Tode oder wenigstens an seiner schweren Verletzung kaum zweifeln konnte« (262). Am Nachmittag ihres Besuchs bei Veronika ist sie erstaunlich guter Laune. Eine Frau mit Sehergabe, die alte Rauerin, hat ihr erzählt, dass er verwundet ist. Aber nur gerade so schwer, dass er nicht schreiben kann. Bald wird er, genesen und zum Rittmeister befördert, nach Hause kommen. Daraufhin sucht auch Veronika die Alte auf in der Hoffnung, mit ihrer Hilfe den in Serpentina verliebten Anselmus zurückzugewinnen.

Papagei, Der graue

Die rechte Hand des Archivarius Lindhorst. Er versteht sich als Hüter der kleinen Spottvögel im Hausgarten und verteidigt die »mutwilligen Buben« gegen Vorwürfe des Archivarius (271). Als Anselmus nicht zur Arbeit bei Lindhorst erscheint, taucht er als kleiner Mann in grauem Mäntelchen bei Paulmanns auf und ermahnt Anselmus, die Arbeit nicht noch einen weiteren Tag zu versäumen. Sein Gesicht hat »etwas seltsam gravitätisches«, aber seine »krummgebogene Nase, auf der eine große Brille« sitzt und seine Perücke, die eher einer Federmütze gleicht, lässt die Anwesenden ahnen, dass es sich hier um einen Papagei handelt (299). Paulmann hat am nächsten Tag seine Wahrnehmung wieder soweit unter Kontrolle, dass er Heerbrand gegenüber darauf besteht, dass das gestern nur der »alte kleine Famulus des Archivarii« war, der den Studenten gesucht habe (310).

Als die alte Rauerin den goldnen Topf stehlen will, schlägt der Papagei Alarm. Den schwarzen Kater der Hexe hindert er an der Flucht und fasst ihn »mit dem krummen Schnabel im Genick, daß rotes feuriges Blut ihm aus dem Halse stürzte« (307). Im folgenden Kampf unterliegt ihm der Kater, dem er noch die Augen aushackt.

Die Runkelrübe, in die sich die alte Hexe zurückverwandelt, darf der Papagei verspeisen. Als Dank für seine Mühe bekommt er darüber hinaus Ersatz für die vom Kater lädierte Brille und sechs Kokosnüsse als »ein kleines Douceur« versprochen (308). Er verabschiedet sich vergnügt: »Lebenslang der Ihrige, verehrungswürdiger Freund und Gönner!«, und fliegt mit seiner Beute aus dem Fenster (308).

Veronika weiß später noch zu berichten, dass ihr Zauberspiegel zersprungen ist, als der Papagei die Runkelrübe aufgegessen hat.

Paulmann, Konrektor

Ist der philiströse Freund von Anselmus und Registrator Heerbrand und Vater von Veronika und Fränzchen.

Er ist dem Studenten Anselmus wohlgesonnen, hält seine »Anfälle« allerdings für zunehmende Anzeichen des Wahnsinns (238f.). Zur Behandlung der krankhaften »Fantasmata« empfiehlt er »Blutigel, die man, salva venia, dem Hintern appliziert« (240). Als seine Tochter Veronika beginnt, Tagträumereien nachzuhängen, reagiert er empört und besorgt zugleich, weil er glaubt, dass sie von Anselmus‘ Neigung zum Phantastischen angesteckt ist (dabei träumt sie nur von ihrem gesellschaftlichen Aufstieg als Hofratsgattin).

Paulmann hält die Stelle bei Lindhorst für das richtige Mittel, um Anselmus wieder zur »Raison« zu bringen (249). Deshalb bemüht er sich mit Heerbrand gemeinsam sehr darum, den jungen Studenten an den Archivarius zu vermitteln. Dabei ahnt er nicht, dass er ihn damit selbst weiter in die phantastische Geschichte verstrickt. Als er dann auch bei seinem Freund Heerbrand Neigungen zum Phantastischen bemerkt, glaubt er endgültig an eine Ansteckungsgefahr von Anselmus‘ Wahnsinn und nimmt sich vor, ihn nicht mehr ins Haus zu lassen. Dass der inzwischen im Glas eingesperrte Anselmus tatsächlich nicht mehr zu Besuch kommt, führt er auf seine eigene Autorität zurück.

Nachdem Anselmus nicht mehr als Heiratskandidat in Frage kommt, ist es ihm sehr genehm, dass der zum Hofrat beförderte Heerbrand seine Tochter nun heiraten will (312f.).

Paulmann, Veronika

Ist die älteste Tochter von Konrektor Paulmann. Die Gegenfigur zu Serpentina verliebt sich in den Studenten Anselmus, der Aussicht auf eine Stelle als Hofrat hat. Da sie aber vordringlich »Frau Hofrätin« werden will, ist sie dann später auch mit dem frisch ernannten Hofrat Heerbrand zufrieden.

Sie ist »ein recht hübsches blühendes Mädchen von sechzehn Jahren« und ihre dunkelblauen Augen tun es Anselmus bei ihrer ersten Begegnung an (239f.). Während ihr Vater und Heerbrand beratschlagen, wie Anselmus wieder zur Vernunft zu bringen sei, denkt sie mit »fromm zum Himmel« erhobenen Augen, »wie der Student Anselmus schon jetzt ein recht artiger junger Mann sei auch ohne Raison!« (249)

Als sie Heerbrands Prognose hört, dass Anselmus es noch zum Hofrat bringen wird, gibt sie sich einem Tagtraum hin, in dem sie schon »Frau Hofrätin« ist. Der »moderne Hut, der neue türkische Shawl« stehen ihr ganz großartig und ihr Gatte ist in diesem Traum »nach der letzten Mode gekleidet« (259). Er »zieht ein Paar herrliche nach der neuesten Art gefaßte Ohrringe aus der Westentasche« und hängt sie ihr an die Ohren (260), ganz so, wie es später Heerbrand tun wird.

Ein kleines »Alräunchen« hält sie im Weiteren von ihren Tagträumen ab (261). Es schlägt mit seinen »kleinen Spinnenfingern Schnippchen« und schreit: »er wird doch nicht Dein Mann!« (261) Von ihrer Freundin Angelike Oster hört Veronika von dem Äpfelweib, der alten Seherin vor dem Seetor, und sucht die Alte noch am gleichen Abend auf. Die gibt sich als ihre »ehemalige Wärterin« und »weise Frau« aus und kann sie überreden, ihre vermeintlich uneigennützige Hilfe anzunehmen. Veronika ahnt nicht, dass Anselmus auch für sie verloren sein wird, wenn es der Alten gelingt, ihn von Serpentina abzubringen.

In der »Nacht des Aequinoktiums« muss sie ihr bei der Herstellung eines magischen Spiegels assistieren, den sie am nächsten Morgen bei sich vorfindet. Es scheint ihr, »als schössen feurige Strahlen aus dem Spiegel, die in ihr Innerstes drangen und es wohltuend erwärmten« (282). Vor allem kann sie Anselmus darin sehen und beeinflussen. Der fühlt sich nun auch, »als sei er an sie gekettet« und müsse ihr »folgen wohin sie nur wolle« (294). Bei einem Besuch in ihrem Haus muss er schließlich »herzlich über die tolle Einbildung lachen, in eine kleine Schlange verliebt zu sein« (296). Bald darauf gerät er zur Strafe für diese Untreue in die Kristallflasche, und Veronika bekommt ihn nicht mehr zu sehen.

Durch den Spiegel weiß sie aber, dass er die schöne grüne Schlange schließlich heiratet und gönnt ihm sein Glück »herzlich« (314). Sie willigt in Heerbrands Antrag ein, fühlt sich aber verpflichtet, ihm ihr Abenteuer mit der Hexe zu beichten. Da Heerbrand keinen Anstoß an der Sache nimmt, erfüllt ihr Traum sich doch noch und wenige »Wochen nachher saß die Frau Hofrätin Heerbrand wirklich […] in dem Erker eines schönen Hauses auf dem Neumarkt und schaute lächelnd auf die Elegants hinab, die vorübergehend und herauflorgnettierend sprachen: ›Es ist doch eine göttliche Frau die Hofrätin Heerbrand!‹« (315)

Phosphorus, Geisterfürst

Geisterfürst in Atlantis, der Wunderwelt, aus der Archivarius Lindhorst ausgeschlossen wurde, und in die Anselmus und Serpentina am Ende der Geschichte eingehen. Die Geschichten von Phosphorus und Atlantis werden von dem Archivarius Lindhorst und Serpentina erzählt.

In seiner Jugend war er »ein glänzendes Leuchten«, weshalb es nicht weiter verwunderlich ist, dass die Feuerlilie sich in ihn verliebt hat (245). Er warnte sie aber: Im Falle einer Verbindung würde der Funke des Gedankens in sie dringen und sie alles vergessen, was ihr lieb und teuer sei. Sie überredete ihn dennoch zum Kuß, bei dem sie dann tatsächlich in Flammen aufgeht. Aus ihnen löste sich ein Wesen, das durch die Welt flog und sich sogar nicht mehr um Phosphorus kümmerte. Seine Klagen erfüllten das gesamte Tal »und die Granitfelsen neigten ihre Häupter teilnehmend vor dem Jammer des Jünglings« (246). Einer von ihnen öffnete sich und der schwarze Drache, der sich daraus löste, bot Phosphorus seine Hilfe an. Tatsächlich gelang es dem Drachen auch, das Wesen zu fangen und wieder in eine Lilie zu verwandeln, aber sie wurde dabei so unglücklich, dass ihre Trauerdüfte alle Blumen welken ließen. Phosphorus ertrug dieses Leid nicht, legte seine »glänzende Rüstung« an und nahm den Kampf mit dem Drachen auf (246). Ein Schlag des schwarzen Drachen-Fittichs gegen die Rüstung ließ einen Ton erklingen, der die welken Blumen wieder zum Leben erweckte. Sie »umflatterten wie bunte Vögel den Drachen, dessen Kräfte schwanden«, bis er wieder von den Erdelementargeistern in der Erde gehalten werden konnte (246). Die Lilie war damit wieder befreit. Lindhorst erzählt die Feuerlilie sei seine »Ur – ur – ur– urgroßmutter« (247).

Serpentina erzählt später Anselmus die Geschichte weiter: Wegen seiner eigenen Erfahrungen habe Phosphorus dem Salamander, der in der prosaischen Welt als Archivarus Lindhorst bekannt ist, dringend davon abgeraten, sich mit der Tochter der Lilie zu verbinden. Doch der Salamander habe die Warnung ignoriert und den Garten von Phosphorus verheert, nachdem die Prophezeiung sich bewahrheitet habe.

Zur Strafe nahm der Geisterfürst dem Salamander das Feuer weg und verbannte ihn aus Atlantis. Die Auflagen für eine Rückkehr waren hart: Der Salamander sollte sein Feuer erst in einer fernen Zeit wiederbekommen, wenn die »Sprache der Natur dem entarteten Geschlecht der Menschen nicht mehr verständlich« sein würde (290). Dann sollte er auch seine grüne Schlange wiederfinden und mit ihr drei Töchter zeugen, die den Menschen nur in der Gestalt der Mutter erscheinen könnten. Und erst wenn diese drei Töchter sich mit jungen Männern von ›kindlich poetischem Gemüt‹ verheirateten, die die »Bürde des Gemeinen« abgeworfen hätten, dürften alle nach Atlantis zurückkehren. In Anselmus findet Archivarius Lindhorst zumindest einen Kandidaten für seine Tochter Serpentina, und die beiden siedeln zum glücklichen Ausgang der Geschichte wieder in Atlantis, während Lindhorst noch in der prosaischen Welt leben muss.

Serpentina

Ist die jüngste der drei Töchter des Archivarius Lindhorst. Wegen einer Strafe, die ihrem Vater in Atlantis auferlegt wurde, kann sie den Menschen nur als »in grünem Gold erglänzende[s] Schlänglein« erscheinen und überhaupt nur von poetischen Gemütern erkannt werden (234). »Aber nicht eher, bis drei Jünglinge dieser Art« gefunden und mit »diesen drei Töchtern vermählt« sind, darf der Salamander zurück nach Atlantis (291). So warten die Schwestern im Holunderbaum auf geeignete Kandidaten. Als Mitgift wird ihnen jeweils ein goldener Topf in Aussicht gestellt. »In seinem Glanze soll sich unser wundervolles Reich, wie es jetzt im Einklang mit der ganzen Natur besteht« spiegeln und dem Paar das Leben versüßen (291).

Als der geeignete Kandidat für Serpentina erweist sich Anselmus, weil er sich gleich bei seiner ersten Begegnung augenblicklich in das »Paar herrliche dunkelblaue Augen« verliebt, mit denen sie ihn aus dem Holunderbusch anschaut (234). Da er im Umgang mit dem Philister Paulmann und seiner Tochter immer wieder geneigt ist, diese phantastische Erscheinung zu verdrängen, ermahnt sie ihn beständig: »glaube – glaube – glaube an uns« (239). Sie begleitet Anselmus bei seiner Kopierarbeit in Lindhorsts Haus, umgibt ihn mit »lieblichen Klängen« und »tröstenden Worten« und versetzt ihn damit in »eine nie gefühlte Behaglichkeit, die oft bis zur höchsten Wonne stieg« (284).

Auch als Anselmus von Lindhorst in eine Kristallflasche gesperrt wird, umflüstert Serpentina ihn weiter: »glaube, liebe, hoffe!« (305) Anselmus spürt ganz deutlich, dass »nur sie es sei, die ihm den Aufenthalt in dem Krystall erträglich« macht (305). Gleichzeitig zieht er daraus die Kraft, die Hilfe der alten Hexe auszuschlagen.

Nach dem Sieg über die Alte können die beiden sich glücklich in Atlantis niederlassen, wo sie vom Erzähler beobachtet werden. Er sieht Serpentina mit dem goldenen Topf in den Armen, dem eine »herrliche Lilie« entsprießt (320). Sie fragt Anselmus: Gibt »es denn eine Seligkeit die der unsrigen gleicht?« (320)

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