Wescott, Katharine

Die 38-jährige Amerikanerin ist im Autobus mit einer Gruppe Lehrerinnen aus Massachusetts (II, 50) in der Stadt unterwegs. »Sie hatten einen Tag für die Stadt und zwei weitere für die amerikanische Besatzungszone in Deutschland« (II, 51).

Katharine fühlt sich für ihre deutlich jüngere Kollegin Kay verantwortlich, ist wohl auch etwas in sie verliebt (II, 51). Sie hindert sie daran, Hemingways »Accross the river« zu lesen, ein Buch, das nach ihrer Überzeugung »nie hätte gedruckt werden dürfen (II, 52). Kay entzieht sich ihr nach Möglichkeit und setzt sich am Nachmittag zu Katharines Verstimmung und Besorgnis ganz von der Gruppe ab (II, 165).

Katharine fühlt sich in Deutschland am Puls der »Weltgeschichte« (II, 166) und macht sich ständig Notizen: »ich kann es im Geschichtsunterricht anbringen, eine historische Stunde, Amerika in Deutschland« (II, 51). Beim Anblick von schlecht gekleideten Passantinnen notiert sie: »Noch immer sichtbar die Unterdrückung der Frau, keine dem Mann gleichwertige Stellung. Sie würde darüber in Massachusetts im Frauenclub sprechen« (II, 52).

In der Halle von Mr. Edwins Hotel treffen die Lehrerinnen auf Philipp, den sie zunächst für Mr. Edwins Sekretär halten (II, 96 ff.). Katharine erbittet von ihm eine Einführung in Mr. Edwins »doch allzu schwer zugängliches, allzu dunkles, der Deutung bedürfendes Werk« (II, 97), eine Bitte, die Philipp der »freundlichen Eule mit der Brille« (II, 98) verweigern muss.

Auf dem Weg zu Mr. Edwins Vortrag im Amerikahaus übernimmt Katharine die Führung der Lehrerinnen, die ihr »in Zweierreihen wie eine Schulklasse« folgen. Sie führt sie über »den großen Platz, eine von Hitler entworfene Anlage« (eine Anspielung auf den Münchner Königsplatz) und doziert über dessen Bedeutung, während Mildred Burnett Vögel beobachtet und über Kay nachdenkt, statt ihr zuzuhören. Katharine ist befremdet: »›Seit wann interessieren Sie sich für Vögel? […] Das sind […] gewöhnliche Spatzen. Achten Sie lieber auf die Weltgeschichte.‹ – ›Das ist dasselbe‹, sagte Miß Burnett, ›es spielt sich alles unter Spatzen ab. Auch Sie sind nur ein Spatz, liebe Wescott« (II, 165 f.).

Beim Vortrag von Mr. Edwin sitzt die Reisegruppe in der ersten Reihe. Als die Frauen Kay erblicken, die mit Philipp zur Tür herein kommt, stöhnt Katharine: »Es ist furchtbar« und hat »das Gefühl, daß man die Polizei rufen müsse« (II, 184).

Beim Vortrag schreibt sie eifrig mit, »was sie nicht verstand, aber für bedeutend hielt« (II, 204). Als Edwin die Zufälligkeit der menschlichen Existenz mit Gertrude Steins Metapher »Tauben im Gras«, der Titelmetapher des Romans, umschreibt, hört Katharine auf mitzuschreiben und erinnert sich an Mildreds Bemerkungen über Vögel. Dass der »verehrte Dichter« und die »viel weniger verehrte Lehramtskollegin« gleiche Gedanken haben könnten, verwirrt sie ebenso wie diese Gedanken selbst. »Sie war keine Taube oder sonst ein Vogel. Sie war ein Mensch, eine Lehrerin, sie hatte ein Amt, auf das sie sich vorbereitet hatte und immer wieder vorbereitete, sie hatte Pflichten, und sie suchte sie zu erfüllen« (II, 207 f.).

Nach dem Vortrag stehen Katharine und ihre Kolleginnen mit ihren Merkbüchern, in die sie »tote Wörter« geschrieben haben, »Grabzeichen des Geistes; Wörter, die sie nicht zum Leben, die sie zu keinem Sinn erwecken würden«, in dem sich leerenden Saal und sind enttäuscht: über ihre Reise, über den Vortrag und über die untreue Kay (II, 213).