St. Arnaud, Cécile von

Ehefrau von Pierre von St. Arnaud, über deren Vorgeschichte Gordon, der das Paar während eines Urlaubs im Harz kennenlernt, von Anfang an rätselt, aber (ebenso wie der Leser) erst spät durch einen Brief seiner Schwester aufgeklärt wird (vgl. 21/170-173 und 22/174-176). Nach dem frühen Tod des Vaters in bescheidenen Verhältnissen und ohne Bildung in einer oberschlesischen Garnisonsstadt aufgewachsen, wurde die Siebzehnjährige mit Zustimmung ihrer Mutter Geliebte eines Duodezfürsten und nach dessen Tod Geliebte seines Neffen und Erben, der jedoch früh starb. Sie kehrte zu ihrer Familie zurück, der sie durch ihr vom alten Fürsten erhaltenes Erbe eine ansehnlichere Lebensführung ermöglichte. Hier lernte sie St. Arnaud kennen, der sich mit ihr verlobte, um ihretwillen mit einem Stabsoffizier duellierte, aus der Armee austrat und sie nach neunmonatiger Festungshaft heiratete. Das Paar lebt in Berlin, wird aber von der ›guten Gesellschaft‹ weitgehend geschnitten (vgl. 1/7 f.) und ist für seinen geselligen Umgang auf gesellschaftlich eher zweitrangige oder komische Figuren wie Hedemeyer, Rossow, Wandelstern oder Snatterlöw angewiesen, und bei jeder neuen Verbindung, so auch bei Gordon, steht Cécile in der Furcht vor dem Bekanntwerden ihrer Vorgeschichte (vgl. 18/147 f.), die ihr Leben überschattet und sie krank gemacht hat. Ihr einziger Vertrauter ist Hofprediger Dörffel, der ihre Konversion zum Protestantismus begleitet hat. Später findet sie in der Malerin Rosa Hexel, die sie im Harz-Urlaub kennengelernt hat, eine Freundin (vgl. 21/168). Ihrem Mann, der, äußerlich fürsorglich, Wärme und Zärtlichkeit vermissen lässt, ist sie, wie Gordon wohl richtig vermutet, »mehr aus Schutzbedürfnis als aus Liebe« verbunden (9/60). Sie genießt jede Aufmerksamkeit und Freundlichkeit, die man ihr entgegenbringt, ist eine »ganz auf Huldigung und Pikanterie gestellte Natur« (8/45), dabei eine »Kinderseele« (9/57). Trotz mangelnder Erziehung und Bildung hat sie »eine vornehme Haltung und ein feines Gefühl, will sagen ein Herz« (9/61), das es ihr verbietet, ihren Mann zu hintergehen und ihrer Neigung zu Gordon Raum zu geben, weshalb Gordon sie mit seinen beleidigenden Ansprüchen zutiefst verletzt. Bevor sie es aus der Zeitung erfährt, weiß sie, dass St. Arnaud das Duell gesucht und Gordon getötet hat (vgl. 28/211). Sie nimmt sich mit einer Überdosis ihrer Digitalis-Tropfen das Leben und verfügt, neben der Grabkapelle ihrer beiden fürstlichen Geliebten begraben zu werden, bei denen sie fand, »was mir die Welt verweigerte: Liebe und Freundschaft, und um der Liebe willen auch Achtung« (29/215).