Ehrhardt

Ehrhardt liebt die deutlich jüngere Angelica, die er hat aufwachsen sehen. Er kann sie aber nicht heiraten, denn er hat erst in spätester Jugend eine berufliche Laufbahn begonnen. Deren bescheidene Einkünfte verbieten es ihm auf unabsehbare Zeit, vielleicht sogar auf immer, eine Familie zu gründen (I, 363). Dennoch – »aller Erkenntnis und allen Willens unerachtet« (I, 363) – vollbringt die Liebe in einer lauen Sommernacht »ihr leidevolles Wunder zwischen ihnen« (I, 364). Das Wunder hindert Ehrhardt allerdings nicht, der Geliebten gleich danach »mit klaren Worten« zu verdeutlichen, dass und warum er sie nicht heiraten kann. Angelica verspricht sich ihm dennoch (I, 365), und so sind die beiden seit dieser nächtlichen Liebesbegegnung heimlich ein Paar.

Ehrhardt genießt das ›träumerische‹ Bewusstsein seines heimlichen Besitzes (I, 368), leidet aber auch daran, ihn der ›Welt‹ nicht zeigen zu können. Argwöhnisch beobachtet er seine Geliebte, die, von der Mutter genötigt, den altersgemäßen Vergnügungen nachgeht. Da er an den Fest- und Tanzveranstaltungen der städtischen Gesellschaft wegen seiner geringen Mittel nicht teilnehmen kann, versucht er, sie ebenfalls davon zurückzuhalten. Er drängt sie damit in einen wachsenden Zwiespalt. Beide entfremden einander zusehends und »vergingen in Qual, daß sie nicht Eins im Andern selig sein konnten, wie sie es einst gekonnt« (I, 379).

Mitten in dieser ungelösten Situation verlässt Ehrhardt die Stadt, um in einem weit entfernten Ort ein Amt zu übernehmen. Ein Jahr später erlangt er eine einträgliche Stellung, die ihn wider Erwarten in die Lage versetzt, seinen Heiratswunsch zu verwirklichen. Er reist in seine Heimatstadt, um sich Angelicas Ja-Wort zu holen. Dort muss er indes erfahren, dass sie inzwischen einem Arzt versprochen ist, dessen ersten Antrag sie seinetwegen abgewiesen hatte (I, 378). Ohne sie gesehen zu haben, reist er enttäuscht wieder ab. Der Erzähler fühlt mit ihm, lässt ihn aber immerhin über »die Schwäche seiner Natur und die Schwere seiner Schuld« nachdenken (I, 382).

Als Ehrhardt wenig später durch den Brief eines Freundes erfährt, dass Angelicas Bräutigam kurz vor der Hochzeit gestorben ist, gibt er sie nach kurzem inneren Ringen gleichwohl verloren: Der »Zauber ihres Wesens, wie er noch einmal vom Abendschein erinnernder Liebe angestrahlt erschien, war in der ganzen Welt nur noch in seiner Brust zu finden« (I, 384).