Bötjer Basch (1886)

Amerikaner

Sohn eines Kellerwirtes, der sich nichtsnutzig in der Stadt herumtreibt, nachdem er aus Kalifornien zurückgekehrt ist. »Er war trunkfällig und großmäulig und führte zur Unterstützung seiner Reden eine rasche Faust, daß die Leute es sich schon gefallen ließen, wenn er in der Fuhrmannskneipe seine Geschichten auftischte und seine Goldbröcklein aus der Tasche holte.« (III, 489)

Er behauptet, Fritz Basch in Amerika getroffen zu haben und Zeuge einer Messerstecherei geworden zu sein, bei der Fritz schwer verletzt worden und mutmaßlich gestorben sei. Der Erzähler traut dem »verlumpten Schwätzer« nicht (III, 492), aber Daniel Basch glaubt ihm und verfällt in tiefe Trauer. Erst spät erweist sich des Amerikaners Geschichte als Lügenmärchen.

Basch, Daniel

Der Böttcher Daniel Basch ist ein kleiner Mann mit blaßblauen Augen, »eine grüblerische Natur, bei alle dem aber kein übler Handwerksmeister« (III, 459-460). Die Lebensgeschichte des rechtschaffenen Mannes ist vor allem dadurch geprägt, dass der fast alles verliert, was ihm wichtig ist: Seine Frau Line – eine der Töchter des alten Hafenmeisters Peters, die er im Alter von schon fünfzig Jahren geheiratet hat – stirbt im Kindbett nach der Geburt ihres zweiten Kindes, das ebenfalls stirbt. Sein Sohn Fritz wandert nach Amerika aus. Auch sein Geschäft geht immer schlechter, weil sein bester Kunde, die Petersensche Brauerei, unter der Konkurrenz einer neuen, moderneren Brauerei leidet und der Inhaber selbst schließlich gar einer Typhusepidemie zum Opfer fällt.

Allein die kleine Magdalena und seine Mieterin Riekchen Therebinte scheinen noch für etwas Freude in Daniels Leben zu sorgen. Als dann aber seine Schwester Salome stirbt, der ›Amerikaner‹ ihm die (wie sich später herausstellt: falsche) Nachricht vom Tod seines Sohnes überbringt und zuletzt auch noch der Dompfaff, Daniels einzige Erinnerung an seinen Sohn, verloren geht, verfällt er in eine tiefe Depression und unternimmt schließlich einen Selbstmordversuch. Er überlebt knapp, liegt fortan aber in geistiger Umnachtung. Dann vollzieht sich die Wende: Der totgeglaubte Fritz kehrt aus Amerika wieder und Magdalena bringt den Dompfaff zurück, den ihr Bruder gestohlen hatte. Der Gesang des Vogels lässt Daniel aus seiner Umnachtung erwachen, er genest rasch und baut mit Fritz sein Geschäft wieder auf. Zu seiner Zufriedenheit heiratet sein Sohn die auch von ihm geschätzte Magdalena. Daniel stirbt am Tag der Hochzeit.

Basch, Fritz

Fritz ist der Sohns Daniels und Lines. Seine Mutter stirbt in seiner Kindheit, gerade als er sechs Jahre alt geworden ist. Durch die fehlende Mutter, so legt der Erzähler nahe, ist der Junge recht früh auf sich gestellt, was sein ungestümes Temperament fördert und ihn zu einem »Waghals« werden lässt (III, 475). Mit dreizehn Jahren ist er »ein leidlich gewachsener Junge«, trägt »einen kurzen blauen Tuchrock, manchesterne Hosen und eine große runde Tellermütze« und geht in die Gelehrtenschule. Er ist ein recht guter Schüler, besonders in Geographie und Mathematik, nur mit Latein will er zunächst nichts zu tun haben, weil er seinen Lateinlehrer, den weltfremden Collaborator, nicht leiden kann. Als der Lehrer nach einem von ihm organisierten Streich erkrankt, geht er in sich, schützt den Collaborator vor weiteren Neckereien und wird sogar im Lateinischen ein »Held«.

Nachdem er die Schule beendet hat und bei seinem Vater in die Lehre gegangen ist, zieht er nach Hamburg. Dort arbeitet er als Geselle in einer Fassbinderei. Von dort bricht er schließlich nach Kalifornien auf. Er folgt dem Ruf des Goldes, der in jenen Jahren Goldschürfer aus aller Welt lockt. Fritz arbeitet allerdings »als festgedungener Böttcher für eine dortige Exportschlachterei mit einem Hamburger Genossen« (III, 484). Seinem Vater schreibt er, dass er nach zwei Jahren heimkommen werde.

Entgegen dem – wie der Leser recht spät erfährt: falschen – Bericht des Amerikaners wird Fritz in Amerika nicht ermordet. Richtig ist, dass er bei einem Überfall schwer verletzt und bestohlen wird, aber Freunde retten ihn. Ein Brief, den er dem Vater aus der Fremde schickt, kommt nie an. Als Fritz schließlich nach Hause zurückkehrt, bringt er modernes Werkzeug mit, was darauf schließen lässt, dass er nach dem Überfall wieder zu Geld gekommen ist. Er ist nun ein »strammer Gesell, etwas größer als der Vater, mit einem braunen Bärtchen auf den trotzigen Lippen und ein Paar Augen, als wollten sie den Vogel aus der Luft herunterholen; die Dirnen und Burschen mochten sich in Acht nehmen!« (III, 506-507) Zusammen mit seinem Vater gelingt es ihm, die – zwischenzeitlich nahezu ruinierte – Fassbinderei wieder aufzubauen. Auch macht Fritz seinen Meister. Zu seines Vaters großer Zufriedenheit heiratet er schließlich Magdalena, die Tochter des Collaborators, die ihm schon in seiner Kindheit gefiel.

Basch, Line (geb. Peters)

Eine der drei Töchter des Hafenmeisters Peters, die Daniel heiratet. Zu diesem Zeitpunkt ist sie siebenunddreißig Jahre alt. Zwar sind alle – um die vierzig Jahre alten –Töchter des Hafenmeisters, wie der Erzähler findet, »brave Mädchen; aber die braune Line war doch die bravste; sanft, wirtschaftlich und von gutem Menschenverstande, dabei ein wenig schelmisch« (III, 461). Line ist die Mutter von Fritz. Sie stirbt – als dieser sechs Jahre alt ist – im Kindbett nach der Geburt ihres zweiten Kindes, das ebenfalls stirbt. Für Daniel ist der Tod seiner Frau ein schlimmer Verlust, den er sein Leben lang nicht verschmerzen wird.

Collaborator

Der Collaborator – Vater von Tiberius und Magdalena – ist ein sehr gelehrter, wohl etwas vergeistigter Mann, der sein Wissen augenscheinlich nicht besonders gut vermitteln und darum auch die Achtung seiner Schüler nicht erringen kann. Ohne Humor scheint er allerdings auch nicht zu sein: »Wenn Morgens bei seinem Eintritt die Jungen mit allerlei Possen auf ihre Plätze gekrochen und gesprungen waren, pflegte der etwas ärgerliche Herr seinen hageren Hals vorzustrecken und, in der einen Hand das Buch, mit der anderen und seinem kahlen Kopf ihre Sprünge nachzuäffen.« (III, 470) Die Schüler beschimpfen ihn hinter vorgehaltener Hand, was der »harthörige Alte« (ebd.) aber hört.

Der Collaborator wird das Opfer eines Streiches, den Fritz mit einigen seiner Schulkameraden ihm spielt und bei dem sogar »mit einer kleinen Kanone« (III, 471) geschossen wird. Wenngleich es dabei, wie der Erzähler bemerkt, »sehr akkurat« zugegangen ist zieht sich der Collaborator darüber ein »Gallenfieber« zu (ebd.). Durch Ermahnungen des Vaters zur Einsicht gebracht, bringt Fritz seine Mitschüler dazu, den Lehrer nicht länger zu necken. Allerdings ist der Collaborator damit auch nicht ganz zufrieden. Die Neckereien seiner Schüler scheinen ihm zu fehlen.

Er und seine Frau sterben infolge einer Typhusepidemie.

Großmutter

Magdalenas und Tiberius' Großmutter kümmert sich nach dem Tod des Collaborators und seiner Frau um die beiden Kinder. Sie »kann nicht von ihrem Lehnstuhl auf« (III, 480), was in Daniels Augen nicht gut für Tiberius' Erziehung ist.

Hafenmeister Peters

Vater von Line, Mine und Stine, mit deren jüngerem Bruder Daniel die »unterste Klasse der Gelehrtenschule besucht hatte« (III, 461).

Hermes

Ein alter Maler, der gewöhnlich »die schönen Nelken und Vergißmeinnicht für die Stammbücher machte« (III, 462). Daniel gibt ihm den Auftrag, die Mörtelschicht, mit der er das Totenbild über seiner Haustür zugedeckt hat, mit einer Rose zu bemalen. Daniel erklärt seiner Frau, dass die Rose für sie und die Rosenknospe für kommenden Nachwuchs steht.

Ich

Der Ich-Erzähler des Romans ist Landvogt. Daniels Mutter stand bei seiner Großmutter lange in Dienst, weshalb auch er mit Daniels Familie recht gut bekannt ist und an ihrem Schicksal Anteil nimmt. Außerdem gibt er bei Daniel öfters Arbeiten in Auftrag, wie etwa ein »Badewännchen« für sein kränkelndes Kind (III, 491).

Jochims, Hans

Einer der beiden ›Swemmers‹ – »ein paar ältere kräftige Jungen, […] die Schwimmkünstler unter denen, die draußen bei der Schleuse badeten« (III, 501). Als Daniel sich dort herunterstürzt, um sich umzubringen, retten sie ihn. Hans Jochims ist später Lehrling in Daniels und Fritz' Werkstatt, wo er »mit flinken Händen« zugreift (III, 512). Daniel hat unterdessen seinen Selbstmordversuch vergessen. Auch Hans Jochims erinnert ihn nicht daran.

Magdalena

Die blonde Tochter des Collaborators ist als Kind eine Spielkameradin von Fritz, ein »acht- oder neunjähriges Mädchen mit einem sanften Gesichtlein und ein Paar blauen Augen« (III, 479), für das Fritz schon in Kindertagen Zuneigung empfindet. Sie bewundert seinen Dompfaff sehr. Während seiner Abwesenheit besucht sie öfters Daniel, dem sie ans Herz wächst. Nach Fritz' Rückkehr bringt die nun Dreizehnjährige den Dompfaff zurück, den ihr Bruder Tiberius gestohlen hat. Sie macht großen Eindruck auf Fritz und ringt ihm das Versprechen ab, ihren Bruder nicht zu verraten. Fritz und Magdalena heiraten schließlich.

Marten

Der alte Geselle Daniels übernimmt nach Lines Tod im Haushalt das Kochen, weil er früher einmal Schiffskoch war.

Peters, Jan s. Schneider

Peters, Trine s. Trine

Reimers, Hans

Der »dicke Schlachterssohn« (III, 470) ist einer von Fritz' Schulkameraden. Als Fritz Geld für einen gemeinsamen Streich einsammelt, passt Hans, »der nie etwas ausgeben mochte« (ebd.), unter dem Vorwand, er habe sich gestern erst ein Meerschweinchen von Claus Schohster gekauft.

Riekchen Therebinte

Riekchen Therebinte ist ein kleines, mageres und herzensgutes »fünfzigjähriges Frauenzimmer« (III, 481), an die Daniel seine Wohnstube vermietet, nachdem Fritz nach Amerika gegangen ist. Sie war früher Kammerjungfer, ein Beruf, den sie bei gegebenem Anlass zuweilen immer noch ausübt. Finanziell ist sie recht gut gestellt. Ein »kleines boshaftes Mädchen« hat mal über sie gesagt, dass sie »ein hüpfendes Gerippchen« sei (III, 481). Sie behandelt ihre augenscheinlich kuriose äußere Erscheinung mit Gelassenheit und Humor, hält sich aber etwas auf ihre »weitläufige Stirn« zugute, weshalb sie, »wenn die Schönheit eines jungen Mädchens gelobt wurde, selten, wiewohl etwas zaghaft, zu bemerken unterließ: ›Ja, hübsch, recht hübsch! Aber die Stirn, ist die nicht etwas unbedeutend?‹ Sie wurde dann meistens ausgelacht, und sie selber lachte mit; denn Neid und Bosheit waren nicht dahinter; sie wollte nur in Betreff der Schönheit sich doch ein wenig in Erinnerung bringen. Die niedrige Stirn ihres Mietsherrn pflegte sie stets voll wahren Mitleids zu betrachten und erwähnte ihrer niemals gegen Andere«. (III, 481)

Sie nimmt Anteil an Daniels Leid und ist ihm in seinem Unglück eine treue Stütze.

Salome

Daniels Schwester ist eine alte Jungfer, die ihrem um fast zwanzig Jahre jüngeren Bruder lange Zeit den Haushalt führt. Mit siebzig Jahren zieht sie in ein Stift, und Daniel heiratet Line. Daniel besucht sie jeden Sonntag im Stift und liest ihr die Briefe vor, die Fritz aus der Fremde schickt. Salome stirbt im hohen Alter, nachdem sie »in mählich verdämmerndem Bewusstsein das äußerste Lebensziel erreicht« hat (III, 487).

Schneider (Jan Peters)

Als Daniel den Dompfaff vermisst und in der Regennacht nach ihm sucht, hören sein Nachbar, der schwindsüchtige Schneider Jan Peters, und seine Frau Trine ihn nach dem Vogel rufen. Der Schneider möchte ihm zu Hilfe kommen, aber seine Frau hält es für unnötig. Er ist der erste, der dem Erzähler berichtet, dass Daniels Sohn Fritz am Leben und heimgekehrt ist. Nach der Wiedereröffnung der Böttcherei »schonte der Nachbar Schneider seinen letzten Atem nicht, um den Ruhm des jungen Böttchers zu verkünden« (III, 511).

Schohster, Claus

Als Fritz bei seinen Mitschülern Geld für den Streich an dem Collaborator sammelt und Hans Reimers mit dem Hinweis passt, er habe Claus gerade erst ein Meerschweinchen abgekauft, muss Claus den Rest seines Verkaufserlöses, drei Schillinge, herausrücken.

Tiberius

Der ältere Bruder von Magdalena ist »ein heimtückischer, schieläugiger Bursche« (III, 477) und sieht »bös und häßlich« aus (III, 479). Schon sein unchristlicher Name zieht Daniels Unmut auf sich. Er ist es, der den Dompfaff stiehlt, an dem Daniels Herz hängt. 

Trine

Als Daniel den Dompfaff vermisst und in der Regennacht nach ihm sucht, hören sein Nachbar, der schwindsüchtige Schneider Jan Peters, und seine »stämmige Ehehälfte« Trine ihn nach dem Vogel rufen (III, 498). Der Schneider möchte ihm zu Hilfe kommen, aber seine Frau hält das für unnötig. »›Laß ihn!‹ sagte sie; ›die Verrückten können mehr vertragen als du; was will er mit seinem Vogel nachts im Garten laufen?‹« (III, 499)