Minna von Barnhelm (1764/1767)

Verfasserin: Esther Schmalkuche

Tellheim, Major von

Tellheim hat im Siebenjährigen Krieg als Major unter preußischer Flagge gedient und sich in dieser Zeit mit dem sächsischen Fräulein Minna von Barnhelm verlobt. Nach Kriegsende sieht er sich außerstande, das Eheversprechen einzuhalten, weil er glaubt, gesellschaftlich und wirtschaftlich erledigt und ihrer deshalb nicht mehr würdig zu sein.

Bei seinem Auftrag, von den sächsischen Ständen Kriegskontributionen einzutreiben, hatte er den um das Geld verlegenen Ständen die Summe gegen einen Wechsel vorgestreckt, der ihm nach dem Krieg das Misstrauen der preußischen Militärverwaltung eingebracht hatte. Er wurde der Bestechlichkeit verdächtigt und trotz seiner militärischen Verdienste aus der Armee entlassen. Dadurch sieht er sich in seiner Ehre gekränkt. Zugleich gerät er durch die ausbleibenden Zahlungen der Generalkriegskasse in wirtschaftliche Not, hat zuletzt keinen Heller mehr und sieht sich sogar gezwungen, seinen Verlobungsring zu versetzen (I, 10; LM II, 185). Und schließlich hat sein rechter Arm von einer Schussverletzung eine Lähmung zurückbehalten (I, 8; LM II, 184).

Trotz seiner Not lehnt er es ab, fremde Hilfe anzunehmen: Das Geld, das ihm sein ehemaliger Wachtmeister Paul Werner gegeben hatte, rührt er nicht an (I, 4); die ihm eigentlich zustehende Rückzahlung eines Kredits, den er seinem ehemaligen Rittmeister Marloff in Kriegszeiten gewährt hatte, nimmt er aus der Hand von dessen notleidender Witwe nicht an (I, 6); seinen Burschen Just will er entlassen, weil er ihm »nichts schuldig werden will«, und duldet nicht, dass Just die zahlreichen Geldhilfen, die er ihm und seinen Eltern im Krieg hatte zuteil werden lassen, mit dem ausstehenden Lohn verrechnet (I, 8).

Die Großzügigkeit, die er anderen erweist, paart sich mit der Unfähigkeit, selbst Hilfe anzunehmen. Dieses Missverhältnis, das die Verwandtschaft von Großmut und Hochmut, von Altruismus und Egoismus verrät, bleibt Tellheim selbst verborgen. Paul Werner, der ihm die Augen dafür zu öffnen versucht, bekommt nur die stereotyp wiederholte Auskunft: »ich will dein Schuldner nicht seyn« (III, 7; LM II, 219). Für die Kränkung, die er ihm damit zufügt, ist er blind. Es bleibt Minna vorbehalten, ihm diesen Star zu stechen.

Denn auch Minna gegenüber zeigt Tellheim dasselbe Verhalten: Er nennt sich »einen abgedankten, an seiner Ehre gekränkten Officier, einen Krüppel, einen Bettler« (IV, 6; LM II, 237), der sie durch eine Heirat der Verachtung aussetzen würde, und kündigt die Verlobung auf. Minnas Bereitschaft, ihr reiches Erbe mit ihm zu teilen, nennt er nicht Liebe, sondern »blinde Zärtlichkeit«, die anzunehmen nur ein »nichtswürdiger Mann« fertigbringe, und wundert sich über ihre ungehaltene Reaktion (IV, 6; 242 f.).

Dies ist denn auch der Punkt, an dem Minna die Komödie zu spielen beginnt, die ihn heilen soll: Sie gibt vor, enterbt worden zu sein und nun ebenfalls Armut zu leiden (IV, 6-7; LM II, 243 f.). Augenblicklich wird Tellheim anderen Sinnes, Minnas Unglück befähigt ihn, sich über sein eigenes Unglück hinwegzusetzen (V, 5; LM II, 249). Er trifft Vorbereitungen für die Heirat, nimmt nun Paul Werners Geld an, bittet ihn sogar, ihm noch mehr zu beschaffen (V, 1), und, was die Hauptsache ist, er pfeift auf seine Ehrenangelegenheit, die, wie er jetzt erkennt und Minna eingesteht, die Liebe zum Verstummen gebracht hatte: »Aergerniß und verbissene Wuth hatten meine ganze Seele umnebelt; die Liebe selbst, in dem vollesten Glanze des Glücks, konnte sich darinn nicht Tag schaffen« (V, 5; LM II, 249).

Aber Minna spielt ihr Spiel noch weiter: Als das königliche Handschreiben eintrifft, das Tellheim gänzlich rehabilitiert und auch seine Geldnot beendet, zahlt sie ihm seine verletzende Ehrversessenheit heim, indem sie ihm die Ehe mit denselben Argumenten, ja mit denselben Worten verweigert, die er gebraucht hatte: Der Brief des Königs habe die Gleichheit zwischen ihnen wieder aufgehoben, nur eine »nichtswürdige Kreatur« würde sich nicht schämen, »ihr ganzes Glück der blinden Zärtlichkeit eines Mannes zu verdanken« (V, 9; LM II, 256 f.). Diese Probe der Liebe besteht Tellheim: Um die »Gleichheit« wiederherzustellen, will er das Handschreiben des Königs zerreißen (ebd.).

Auch dass Minna den »Scherz« noch weiter und, wie sie bald einsieht, zu weit treibt (V, 11), kann er ihr, als er schließlich erfährt, dass alles nur Komödie war, nachsehen.

Barnhelm, Minna von

Die zwanzigjährige Minna, Nichte des Grafen von Bruchsall und Verlobte Tellheims, stammt aus einem thüringischen Landesteil Sachsens. Sie ist schön, klug und beherzt, ihre Selbstständigkeit und die Entschlossenheit, ihr Schicksal nicht männlicher Willkür zu überlassen, sind bemerkenswert.

Nachdem Tellheim sie seit dem Ende des Krieges ohne Nachricht gelassen hat, ist sie kurzentschlossen nach Berlin gereist, um ihn zu suchen. Sie findet einen verbissen mit seiner verletzten Ehre beschäftigten Mann (vgl. Tellheim), der sich »einen abgedankten, an seiner Ehre gekränkten Officier, einen Krüppel, einen Bettler« nennt (IV, 6; LM II, 237) und ihr erklärt, sie unmöglich heiraten zu können. Minna ist zwar getroffen von der Egozentrik seines Ehrgefühls, das der Liebe keinen Raum lässt, zweifelt aber dennoch keinen Moment an seiner Liebe.

Mit einer Komödie bringt sie ihn dazu, dieser Liebe in seinem von der Ehrenkränkung ›umnebelten‹ Herzen wieder Platz zu schaffen, indem sie vorgibt, ihr Onkel habe sie wegen ihrer Verbindung mit ihm enterbt, sie sei also genauso mittellos wie er (IV, 6-7). Mit dem sogleich erfolgenden Beweis seiner Liebe (V, 1-5) gibt sie sich allerdings nicht zufrieden. Als ein Handschreiben des Königs ihn rehabilitiert und auch seine Vermögensverhältnisse auf einen Schlag kuriert, konfrontiert sie ihn mit seinen exaltierten Ehrbegriffen, indem sie ihm mit seinen eigenen Argumenten und Worten die Ehe verweigert (V, 9).

Tellheim besteht auch diese Liebesprobe, aber ein gar zu besitzheischender Ton (V, 9; LM II, 256) reizt Minna, den »Scherz« noch weiter zu treiben, »zu weit«, wie sie kurz darauf einsieht (V, 11; LM II, 259), denn nun droht ihr das Spiel zu entgleiten: Als Tellheim erfährt, dass sie seinen Verlobungsring, den er beim Gastwirt versetzt hatte, an sich genommen hat, glaubt er, sie wolle sich seiner auf elegante Art entledigen (V, 10; LM II, 258). Er ahnt nicht, dass Minna ihm den Ring schon längst erneut übergeben hat (IV, 6; LM II, 243), denn er hält diesen Ring für den ihren und muss ihre Weigerung, sich ihn an den Finger stecken zu lassen, missverstehen (vgl. V, 5).

Ihr Mädchen Franciska, die sie zuvor schon einige Male ermahnt hatte, das Spiel zu beenden, kommentiert den Vorgang trocken: »Nun mag sie es haben!« (ebd.). Tatsächlich muss Minna nun rasch alles aufklären, wobei ihr die Ankunft ihres Onkels hilft. Trotz schlechten Gewissens wegen des zu weit getriebenen Spiels, kann sie Tellheims Wunsch, sie möge bereuen, nicht entsprechen: »Nein, ich kann es nicht bereuen, mir den Anblick Ihres ganzen Herzens verschafft zu haben!« (V, 12; LM II, 260)

Bruchsall, Graf von

Minnas Onkel hat nur einen Auftritt am Ende des Stücks (V, 13). Er hatte seine Nichte, die er wie eine Tochter betrachtet, auf ihrer Suche nach Tellheim begleitet, um als Vertreter der sächsischen Stände deren Schulden bei Tellheim zurückzuzahlen. Aufgrund eines Wagenschadens trifft er erst ein, als sich der Konflikt zwischen Minna und Tellheim bereits gelöst hat. In Tellheim sieht er weniger den Soldaten als den Menschen: »ein ehrlicher Mann mag stecken, in welchem Kleide er will, man muß ihn lieben« (V, 13)

Franciska

Kammermädchen und Freundin Minnas. Sie ist gewitzt, gutherzig und schön und gibt sich, je nach Situation, vornehm, schalkhaft-kokett oder auch bodenständig. Dem neugierigen Wirt, der eigentlich Minna aushorchen will, indem er ihre Personalien aufnimmt, legt sie die eigene Biographie ironisch und übertrieben ausführlich dar: Nicht »Kammerfrau«, sondern »Kammerjungfer« sei sie, ihr voller Name laute Franciska Willig, Tochter eines Müllers aus »klein Rammsdorf«, einem der Güter der Familie Barnhelm. Ihr Bruder habe die Mühle des Vaters übernommen, sie selbst sei sehr jung auf den Hof gekommen und »ward mit dem gnädigen Fräulein erzogen«. Wie Minna werde sie »künftige Lichtmeß ein und zwanzig Jahr« (II, 2; LM II, 193 f.).

Franciska unterstützt Minna bei ihrer Komödie, beobachtet aber ihre Neigung, das Spiel zu übertreiben, mit wachsender Sorge. Mehrfach ermahnt sie sie, es gut sein zu lassen (V, 5; V, 9; V, 10), und betrachtet die drohende Verwicklung am Ende als angemessene Quittung: »Nun mag sie es haben!« (V, 10; LM II, 258). Nach der heiteren Auflösung ist sie erleichtert, und bekennt ihre Angst vor dem Scheitern des Spiels: »Ich habe gezittert und gebebt, und mir mit der Hand das Maul zuhalten müssen« (V, 12; LM II, 261).

Ihrer Behauptung, »zur Komödiantinn verdorben« zu sein (ebd.), wird man kaum zustimmen, denn sie ist eine Lustspielfigur, wie sie im Buche steht. Dazu gehört auch, dass sie, wie ihre Herrin, am Ende ebenfalls unter die Haube kommt, und wie Minna übernimmt auch sie dabei die Initiative. Sie macht Paul Werner einen Heiratsantrag: »Herr Wachtmeister – – braucht Er keine Frau Wachmeisterin?« Paul Werner, der auf das »Frauenzimmerchen« schon längst ein Auge geworfen hat, lässt sich das nicht zweimal fragen (V, 15; LM II, 263 f.). 

Just

Tellheims Bursche, aufrichtig, treu und voller Bewunderung für seinen Herrn, ist diesem über das Dienstverhältnis hinaus verbunden. Vor anderen kann der leicht Erregbare auch derb und unhöflich auftreten. Die unverschämte Behandlung Tellheims durch den Wirt etwa nimmt Just als persönliche Beleidigung und verteidigt Tellheim hitzig, nur unwillig sieht er von Handgreiflichkeiten ab (I, 2-4). Paul Werner findet an Just »nicht viel Besonders« (III, 5), ist aber von seiner Ehrlichkeit und Vertrauenswürdigkeit überzeugt (III, 4; LM II, 213).

Als Tellheim ihn aus Geldnot entlassen will und ihm eine Rechnung über den noch ausstehenden Lohn abverlangt, verrechnet Just seinen Lohn mit den Ausgaben, die der Major für ihn und seine Eltern übernommen hat, und erklärt sich zu seinem Schuldner, um bleiben zu dürfen (I, 8; LM II, 182 f.). Tellheims Versuch, ihn durch Aufzählung seiner schlechten Eigenschaften zum Gehen zu bewegen – »Und deine Hartnäckigkeit, dein Trotz, dein wildes ungestümes Wesen […], deine tückische Schadenfreude, deine Rachsucht« –, führt zu nichts: Just vergleicht seine Anhänglichkeit an den Major mit der eines Pudels, der ihm, seit er ihn vor dem Ertrinken gerettet habe, nicht mehr von der Seite weiche, obwohl er noch »keinen Bissen Brod« von ihm bekommen habe (I, 8; LM II, 183 f.). Der Major brauche ihn nun einmal, und er sei »ein Bedienter, der – wenn das Schlimmste zum Schlimmen kömmt, – für seinen Herrn betteln und stehlen kann« (I, 8; LM II, 184).

Werner, Paul

Tellheims ehemaliger Wachtmeister. Im zivilen Leben ist er Bauer, er hat ein »schönes Freischulzengericht« in der Nähe Berlins (III, 4; LM II, 213), möchte aber nach dem Krieg nicht mehr Bauer sein, sondern Soldat bleiben (»Nein, Soldat war ich, Soldat muß ich wieder seyn!«), trägt sich deshalb mit dem Gedanken, nach Persien auszuwandern, »um unter Sr. Königlichen Hoheit, dem Prinzen Heraklius, ein Paar Feldzüge wider den Türken zu machen« (I, 12; LM II, 186 f.).

Für seinen ehemaligen Major empfindet er Freundschaft, Treue und den aufrichtigsten Respekt. Im Krieg hatte er ihm zweimal das Leben gerettet (III, 7; LM II, 218). Als er von Tellheims finanziellen Schwierigkeiten erfährt, verkauft er sein Bauerngut und will Tellheim den gesamten Erlös übereignen (I, 12; LM II, 187 f.). Doch alle Versuche, dem Major das Geld zu übergeben, scheitern an dessen Unfähigkeit, Hilfe anzunehmen, und Paul Werner kann nicht verleugnen, dass ihn Tellheims Verhalten kränkt (III, 7; LM II, 218). Als Tellheim später seine Meinung ändert und das Geld geradezu verlangt, ist ihm dies eine Freude (V, 1). Dann aber, im nächsten und letzten Akt von Minnas Komödie, in dem Tellheim sich in Bitternis und Menschenhass gefällt, stößt er den Freund erneut unwirsch zurück und verletzt ihn damit ernstlich: Werner wirft ihm zornig sein Geld vor die Füße (V, II; LM II, 259). Er lässt sich aber schon bald wieder versöhnen, und Tellheim möchte den sehen, der »ein besseres Mädchen und einen redlichern Freund hat« als er (V, 14; LM II, 262 f.).

Der Heiratsantrag von Minnas Kammerjungfer Franciska bringt den braven Wachtmeister aus dem Häuschen: »Holla! Herr Major! nicht groß gethan! Nun habe ich wenigstens ein eben so gutes Mädchen, und einen eben so redlichen Freund, als Sie!« (V, 15; LM II, 264) Für sein »Frauenzimmerchen« will er, der sich vorher an Beförderungen uninteressiert gezeigt hatte (III, 7; LM II, 219), sogar Karriere machen: »Ueber zehn Jahr ist Sie Frau Generalinn, oder Wittwe!« (V, 15; LM II, 264)

Ein »Freischulzengericht« ist ein nicht zinspflichtiger Bauernhof von einigen Hufen Land. Paul Werner ist also ein freier, nicht gutsuntergehöriger Bauer.

Wirt, Der

Der eigennützige und verschlagene Wirt richtet sein Verhalten am erhofften Gewinn der Gäste aus. Er ist aufdringlich und neugierig, ein williger Handlanger der preußischen Polizei. Als Tellheim, seit langem ein zuverlässiger Gast, in finanzielle Schwierigkeiten gerät, lässt er sein Zimmer für zahlungskräftigere Gäste (Minna von Barnhelm) räumen und gegen ein deutlich schlechteres tauschen. Vor Minna und Franciska legt er seine Vorbehalte gegen abgedankte Offiziere wie Tellheim offen: »Jetzt liegen alle Wirthshäuser und Gasthöfe von ihnen voll; und ein Wirth hat sich wohl mit ihnen in Acht zu nehmen« (II, 2; LM II, 196). Seine angeblichen Verdienste um Tellheim, mit denen er sich vor Paul Werner brüstet, führt Franciska mit Recht auf sein »schurkisches Betragen« zurück (III, 5; LM II, 214). Er nimmt Tellheims Verlobungsring in Zahlung und legt ihn Minna zur Schätzung vor. Dadurch erfährt Minna von Tellheims Anwesenheit.

Dame in Trauer, Eine

Witwe von Marloff, einem Freund und ehemaligen Stabsrittmeister Tellheims. Sie sucht Tellheim auf, um den letzten Willen ihres Mannes zu erfüllen und dessen Schulden zu begleichen. Durch den Tod ihres Mannes ist sie selbst in Armut geraten und durch die Trauer überdies erkrankt. Obwohl sie und ihr Sohn nur vorübergehend Obdach bei einer Freundin gefunden haben, gebietet ihr der Anstand, Tellheim das Geld zurückzuzahlen. Dass Tellheim vorgibt, die Schulden seien bereits bezahlt, durchschaut Frau Marloff und lässt sich nicht abweisen. Erst als Tellheim darlegt, er betrachte es als Diebstahl am Sohn seines Freundes, den er auch weiter unterstützen wolle, lenkt sie dankbar, wenn auch zögernd ein (I, 6).

Feldjäger, Ein

Der Feldjäger überbringt das Königliche Handschreiben, das Tellheim im vollen Maße rehabilitiert. Wegen der Schwierigkeit, Tellheim ausfindig zu machen, hatte sich die Übermittlung des Schreibens verzögert. Von Riccaut hatte der Feldjäger dann schließlich Tellheims Adresse erfahren. Franciska folgert sogleich, dass der »Minister«, von dem Riccaut über Tellheims Angelegenheiten erfahren haben will, niemand anderes als der Feldjäger war (V, 6; LM II, 252).

Riccaut de la Marliniere

Lieutnant Riccaut stellt sich Minna als Freund Tellheims vor (was dieser berichtigen wird). Der Franzose, ein Wichtigtuer, Blender und Falschspieler, hatte ursprünglich Tellheim berichten wollen, dass dessen Streitsache bald zu einem guten Ende kommen werde und ein entsprechender Brief des Königs unterwegs sei. Da er Tellheim nicht vorfindet, vertraut er sich Minna an, wobei ihn ihre Weigerung, französisch zu sprechen, in einige Verlegenheit bringt; seine Sprache ist eine drollige Mischung aus Französisch und Deutsch. Über den Verlauf von Tellheims Angelegenheiten weiß er angeblich von einem befreundeten Minister, der sich, um Riccaut einen Gefallen zu tun, für Tellheim beim König eingesetzt habe. Tatsächlich hat er, wie sich später herausstellt, seine Informationen von dem Feldjäger, der Tellheim den Brief des Königs überbringt (V, 6).

Die eigene Herkunft und militärische Laufbahn schildert Riccaut in den schönsten Farben. Nach einer Flucht aufgrund einer »Affaire d'honneur« sei er heimatlos, geworden, danach habe er »gedienet Sr. Päbstlichen Eilikheit, der Republik St. Marino, der Kron Polen, und den Staaten-General, bis ik endlik bin worden gezogen hierher.« (IV, 2) Aufgrund der vielen Ortswechsel sei er nicht zum Oberst aufgestiegen und habe nun abdanken müssen.

Trotz seiner Prahlerei erweckt Riccaut Minnas Mitleid, er überredet sie, ihm Geld zum Glücksspiel zu geben und verspricht, den Gewinn mit ihr zu teilen.