Kräusel

Der Poet mit dem sprechenden Namen soll für Jungfer Ohldin Hochzeitsverse verfassen. Als diese ihn zunächst mit dem Schneider verwechselt, fühlt er sich in seiner Poetenehre gekränkt und will den Auftrag ablehnen (II, 5). Des entgehenden Verdienstes eingedenk, kehrt er aber sofort zurück und will das Gedicht gleich an Ort und Stelle und »aufs höchste in einer Stunde« abfassen (II, 6; LM III, 220). Entsprechend fällt das Ergebnis aus, das Hochzeits-Carmen ist ein dilettantisches Machwerk von unfreiwilliger Komik.

Der gezierte und eitle Dichter ist sich selbst der Nächste, Frau und Kinder bedeuten ihm mehr Last als Glück. Dementsprechend kann er kaum erwarten, dass seine todkranke Frau endlich stirbt (II, 6).

Die Figur und besonders ihr missglücktes Poem sind ein spöttischer Seitenhieb Lessings gegen die auch im 18. Jahrhundert noch stark verbreitete ›Kasual-Poesie‹, die Gelegenheitsdichtung.