Danton, Georg

Georg Danton ist der Anführer einer gemäßigten Gruppierung von Revolutionären, die ein Ende des blutigen Terrorregimes der Jakobiner fordern. Er ist verheiratet mit Julie, für die er trotz seiner Liebschaften ernsthafte Gefühle hat, besonders weil ihre Gegenwart ihm Ruhe bringt. Er sieht sich selbst als Gallionsfigur der Revolution und als verantwortlich für die Abschaffung der Monarchie: »Ich habe auf dem Marsfelde dem Königthume den Krieg erklärt, ich habe es am 10. August geschlagen, ich habe es am 21. Januar getödtet und den Königen einen Königskopf als Fehdehandschuh hingeworfen« (III, 4). Er unternimmt jedoch aktiv nichts gegen die Schreckensherrschaft Robespierres, wie es seine Anhänger von ihm erwarten, sondern vertreibt sich die Zeit mit seiner Geliebten, der Grisette Marion. Seine Genusssucht macht ihn im Gegensatz zu dem als genügsam bekannten Robespierre beim Volk unbeliebt.

Er weiß, dass er sich in Lebensgefahr befindet: »die Revolution ist wie Saturn, sie frißt ihre eignen Kinder« (I, 5). Trotzdem glaubt er, dass ihn seine Verdienste um die Revolution und vor allem seine Qualitäten, die später noch gebraucht würden, vor der Guillotine schützen werden: »Männer meines Schlages sind in Revolutionen unschätzbar, auf ihrer Stirne schwebt das Genie der Freiheit« (III, 4). Immer wieder taucht der Gedanke auf, dass seine Feinde es nicht wagen werden, etwas gegen ihn zu unternehmen (I, 5).

Seine Anhänger machen ihm Vorwürfe, dass er nicht an die Öffentlichkeit tritt und gegen Robespierre Stellung bezieht: »Du stürzest dich durch dein Zögern in’s Verderben, du reißest alle deine Freunde mit dir« (II, 1). Schließlich erklärt er sich wenigstens zu einem Gespräch mit Robespierre bereit, bei dem er versucht, ihn zu überzeugen, dass das Morden ein Ende haben müsse und schon zu viele Unschuldige gestorben seien. Auf Robespierres Entgegnung, es seien keine Unschuldigen zu Tode gekommen, reagiert Danton mit Hohn (I, 6). Er greift Robespierres Moralistentum an und setzt ihm die eigene Einstellung entgegen, die sowohl Tugend als auch Laster leugnet: »Jeder handelt seiner Natur gemäß d. h. er thut, was ihm wohl thut« (I, 6).

In einem Gespräch mit seinen Gefährten begründet er seine Untätigkeit damit, dass er sich nach Ruhe sehne und keinen Sinn mehr im Kampf sehe. Hinter seiner Todessehnsucht stecken aber auch Schuldgefühle wegen der von ihm verschuldeten Septembermorde. Er bereut, das Revolutionstribunal begründet zu haben, weil es weitere Morde nicht verhindert, sondern nur bürokratisiert habe. So ist er bereit, den Tod als das kleinere Übel in Kauf zu nehmen, anstatt noch mehr Schuld auf sich zu laden: »ich will lieber guillotinirt werden als guillotiniren lassen« (II, 1). Schließlich ist der Tod für Danton, der wegen seiner Schuldgefühle unter Schlafstörungen leidet, sogar die angenehmere Alternative: »mir giebt das Grab mehr Sicherheit, es schafft mir wenigstens Vergessen« (II, 4). Er verzweifelt über der Frage der Schuldfähigkeit und Verantwortung des Einzelnen für seine Taten. Er glaubt nicht mehr an die Freiheit, sondern sieht das Subjekt als fremdbestimmt an: »Wer will der Hand fluchen, auf die der Fluch des Muß gefallen? Wer hat das Muß gesprochen, wer? Was ist das, was in uns hurt, lügt, stiehlt und mordet? Puppen sind wir, von unbekannten Gewalten am Draht gezogen« (II, 5).

Nach der Verhaftung scheint er sich zunächst in sein Schicksal zu fügen, doch der Gedanke, seine Frau Julie allein zurückzulassen, gibt ihm noch einmal Kraft, gegen seine Hinrichtung aufzubegehren: »O Julie! Wenn ich allein ginge! Wenn sie mich einsam ließe! […] Ich kann nicht sterben, nein, ich kann nicht sterben. Wir müssen schreien, sie müssen mir jeden Lebenstropfen aus den Gliedern reißen« (III, 7). Bei seiner Verteidigung, die öffentlich stattfindet, gelingt es ihm mit seiner Rede, das Volk gegen Robespierre und die Seinen aufzubringen. Er macht dem Volk klar, dass die Jakobiner durch ihre immer neuen Hinrichtungen nichts für die wahren Bedürfnisse des einfachen Volkes tun: »Ihr wollt Brod und sie werfen euch Köpfe hin. Ihr durstet, und sie machen euch das Blut von den Stufen der Guillotine lecken« (III, 9). Als die Verschwörung Dillons aufgedeckt und vom Revolutionstribunal dazu genutzt wird, den Prozess abzukürzen und die Dantonisten sofort hinzurichten, begehrt Danton ein letztes Mal auf, er prophezeit Frankreich eine Zeit des Unrechts und nennt Robespierre und seine Anhänger die wahren Republikfeinde: »Das ist die Dictatur, sie hat ihren Schleier zerrissen, sie trägt die Stirne hoch, sie schreitet über unsere Leichen. […] Ich klage Robespierre, St. Just und ihre Henker des Hochverraths an. Sie wollen die Republik im Blut ersticken« (III, 9).

Doch letzten Endes ist es wieder Dantons Ruf als Genussmensch, der die Stimmung des Volkes zu Robespierres Gunsten kippen lässt. Das Leben ist für Danton in der Rückschau sinnlos: »Das war der Mühe werth mich so groß zu füttern und mich warm zu halten. Bloß Arbeit für den Todtengräber!« (IV, 3)

Septembermorde: Als Justizminister duldete George Danton, dass vom 2. bis 5. September 1792 über 1000 politische Gefangene ermordet wurden.