Robespierre

Robespierre, vom Volk der ›Unbestechliche‹ genannt, ist der Anführer der Jakobiner und verantwortlich für die Schreckensherrschaft während der Revolution. Camille, der ihn seit Jugendtagen kennt, beschreibt ihn als damals schon »immer finster, und einsam« (II, 3).

Beim Volk ist er für seine Tugendhaftigkeit bekannt, was ihm eine größere Autorität verschafft als seinem Gegenspieler Danton, der als Genussmensch gilt. Mit der Tugend rechtfertigt er auch die Schreckensherrschaft: »Die Waffe der Republik ist der Schrecken, die Kraft der Republik ist die Tugend. Die Tugend, weil ohne sie der Schrecken verderblich, der Schrecken, weil ohne ihn die Tugend ohnmächtig ist« (I, 3). Die Revolution ist für ihn erst dann vollendet, wenn das Laster komplett aus der Welt geschafft ist. Er ist überzeugt, dass bei den zahllosen Hinrichtungen von politischen Gegnern kein Unschuldiger getroffen wird. Für sein Ideal der Freiheit wäre er ohne Rücksicht bereit, Freunde, Verwandte, sogar sich selbst zu opfern (I, 5). Trotzdem zögert er, als er das Todesurteil über seinen Jugendfreund Camille sprechen soll, er überwindet sich jedoch und will die Sache schnell hinter sich bringen: »Weg mit Ihnen! Rasch! nur die Todten kommen nicht wieder« (I, 6). So leicht nimmt er den Verlust jedoch nicht, er leidet unter der Einsamkeit, in die er sich selbst durch die Hinrichtung seiner engsten Vertrauten manövriert hat.

Auch Danton bescheinigt ihm seine Tugendhaftigkeit, wirft ihm jedoch vor, er befriedige damit nur sein Bedürfnis, sich besser als andere zu fühlen. Robespierre leugnet dies vehement, doch nachdem Danton ihn verlassen hat, kommen ihm Zweifel an seiner eigenen Integrität: »Ich weiß nicht, was in mir das Andere belügt« (I, 6). Er zweifelt auch daran, ob es wirklich notwendig ist, Danton töten zu lassen, und ob seine Motive dafür nicht doch aus Neid und Geltungsbedürfnis gespeist werden. Doch er schiebt diese Zweifel sofort beiseite, indem er sich seiner Ideale erinnert: »Ist’s denn so nothwendig? Ja, ja! die Republik! Er muss weg« (I, 6).

Nach der Verhaftung Dantons und seinen ersten Verteidigungsplädoyers scheint die Stimmung auf der Straße zu kippen, Robespierre wird in einer Versammlung »Verräter« genannt, weil es dem Volk durch die vielen Hinrichtungen nicht besser geht: »Die Guillotine ist eine schlechte Mühle und Samson ein schlechter Bäckerknecht, wir wollen Brod, Brod!« (III, 10) Doch schnell werden wieder Stimmen laut, dass sich Robespierre im Gegensatz zu Danton nicht bereichert habe, und das Volk ist schon bald wieder auf der Seite des ›Unbestechlichen‹. Auch im Wohlfahrtsausschuss gibt es Stimmen, die sich heimlich gegen Robespierre wenden und seinen Tugendrigorismus kritisieren: »Robespierre will aus der Revolution einen Hörsaal für Moral machen und die Guillotine als Katheder gebrauchen. […] Auf dem er aber alsdann nicht stehen, sondern liegen soll« (III, 6). So hat es durchaus seine Berechtigung, wenn Danton kurz vor seiner Hinrichtung dem Anführer der Jakobiner den baldigen Tod prophezeit: »Ich lasse ihm keine sechs Monate Frist, ich ziehe ihn mit mir« (IV, 5).

Maximilien de Robespierre wird am 28. Juli 1794, knapp vier Monate nach George Dantons Tod durch die Guillotine hingerichtet.