Sander, Daniel

Verleger der Schriften von Bülows, eine der wenigen bürgerlichen Figuren im Roman. Er ist verheiratet, um einige Jahre älter als Bülow und wird als dessen »vollkommener Widerpart« bezeichnet, soweit es das Äußere betrifft (1/6). Sander hat einen schwarzen Vollbart, trägt »feinste weiße Wäsche« und sein Gesicht drückt »ebensoviel Behagen wie Sarkasmus« aus (ebd.). Er schätzt gutes Essen und ist sehr korpulent. Schach, der ihn zunächst nicht mag, nennt ihn deshalb einen »aufgedunsenen Roturier« und ein »wahres Mammuth« (4/38). Sander ist gebildet und schlagfertig, verdankt den Verkehr in den adligen Kreisen aber offenbar seiner Freundschaft mit Bülow. So bezeichnet Josephine von Carayon Sander als den »Schatten Bülows« (ebd.), Schach sieht ihn eher als Bülows »Sancho Pansa« (ebd.) und für Prinz Louis ist er Bülows »verlegerischer Anhang« (6/51).

Dass Sander viele Bekannte hat, lässt sich aus Bülows an ihn gerichteter Bitte ersehen, dem Ursprung der Karikaturen nachzugehen: »Sie wissen ja alles, und hören das Berliner Gras wachsen.« (13/104) Wie Bülow bedauert auch Sander die Boshaftigkeit der Karikaturen nur um der Carayons, nicht um Schachs willen (vgl. 13/105). Dass er die Veröffentlichung der Bilder verweigert, wird ihm jedoch später von Schach »um so höher« angerechnet, »als er es von dieser Seite her nicht erwartet hatte« (19/146). Aus diesem Grund besteht Schach auf der Einladung Sanders zur Hochzeit. Dort erfreut Sander die naive Tante Marguerite mit ›allerlei kleinen Neckereien‹, sodass diese später Victoire zuflüstert: »Charmanter Herr. Und so galant. Und so bedeutungsvoll.« (19/149)

Was Sander wirklich denkt und meint, wird oft durch seine sarkastische Sprechweise überdeckt, wie z.B. seine überspitzte Aussage, dass »Freundschaften am besten ohne Freunde« bestehen (7/66). Der Prinz vermutet denn auch, dass es sehr gut mit Sander stehen müsse, wenn er sich »zu solchen Ungeheuerlichkeiten offen bekennen« könne (ebd.). Auch zu den politischen Diskussionen des Romans trägt Sander wenig Konkretes bei, er scheint aber, wiewohl er an Bülows Schriften gut verdient, dessen politische Ideen für wenig realistisch zu halten. Auf Bülows Plädoyer für die »Ausrottung« von Orden entgegnet Sander z.B. trocken, Bülow arbeite an der »Errichtung eines neuen Königreichs Utopien« (7/63). Dreht es sich um Kunst, so wird Sander mehrfach von anderen Figuren um seine Meinung gebeten; und Sander ist es auch, der zu Beginn des Romans im Gespräch über den Schauspieler und Dramatiker Iffland den vorausdeutenden Satz äußert: »Unsere Prinzipien dauern gerade so lange, bis sie mit unsern Leidenschaften oder Eitelkeiten in Konflikt geraten und ziehen dann jedesmal den kürzeren.« (2/14)

Das historische Vorbild für die Figur war der Verleger und Schriftsteller Johann Daniel Sander (1759-1825), der jedoch nicht der Verleger der Schriften des historischen Bülow war (vgl. Kommentar S. 206).