Weißwerth, Burkhard

Hamburger Journalist, 52 Jahre alt, der vor zweieinhalb Jahren, nachdem ihm von seinem Blatt gekündigt wurde, mit seiner Frau Eva auf einen Resthof im Alten Land umgezogen ist und nun Bücher und Kolumnen über das Landleben schreibt (89f.). Dafür lässt er sich gern von dem Fotografen Florian in zünftiger Kleidung ablichten, »die Kordhose von Manufactum scheinbar achtlos in seine Gummistiefel aus Naturkautschuk gestopft« (89), auf Landmaschinen sitzend, eine Forke in der Hand oder ein Tier auf dem Arm, am liebsten aber neben einem seiner bäuerlichen Nachbarn, diesen »wunderbar authentischen Typen« (90), vor denen er »tiefen Respekt« zu haben meint (106), auf die er aber insgeheim herabsieht (107, 185, 194, 195, 278). Burkhard Weißwerth ist die Karikatur eines Landleben-Nostalgikers, der seine Klischeebilder vom ›rauen, ehrlichen‹ Landleben (104) auf die Lebenswrklichkeit der Altländer Bauern projiziert. Folgerichtig verschieben sich seine Gefühle, sobald sich diese Wirklichkeit seinen Klischees nicht fügt wie etwa beim Wurstmachen in Vera Eckhoffs Küche, bei dem ihn Übelkeit überkommt (110f.), oder beim Anblick seines achtzehn Jahre alten Glenfiddich, den Dirk zum Felde mit Cola trinkt, was seine Schwärmerei für den »kantige[n] Landwirt« (90) augenblicklich abkühlt: »Wie abgestumpft konnte man sein.« (195) Dass Dirk zum Felde sehr genau weiß, was er tut, sich nämlich einen Spaß mit ihm erlaubt (278), kommt ihm nicht in den Sinn, eben weil er ihn notorisch unterschätzt. Als seine Mutter stirbt und ihm ihr Vermögen und eine Villa in Hamburg-Othmarschen hinterlässt, mutiert die anfängliche Begeisterung für »diese herrlich unverkopften Menschen« (90) vollends zu unverhohlener Verachtung, jetzt nennt er sie den »Bodensatz«, die »Resterampe« des »brain drain«, den die ländliche Lebenswelt seiner Meinung nach erlitten hat (278). Burkhard Weißwerth fühlt sich nun »herausgewachsen aus der Gummistiefelwelt«, auch aus dem Journalismus, und zu Größerem berufen: »Hanseatisches Großbürgerleben, Überseeclub und Patriotische Gesellschaft, ein Liegeplatz am Mühlenberg« (278f.).