Cotton, Odysseus

Afro-Amerikaner aus Memphis, Tennessee (II, 112), der die Stadt als Tourist besucht. Mit seinem Kofferradio kommt er am Bahnhof an, »ein großer König, ein kleiner Sieger, jung, lendenstark, unschuldig, tierhaft« (II, 40).

Gemeinsam mit seinem Gepäckträger Josef macht er sich auf den Weg in die Stadt. Menschen säumen seinen Weg, die den schwarzen Amerikaner misstrauisch beäugen. »Odysseus stieß sie zurück, sanft, gewaltig wie ein Walfisch, drängte sie beiseite, die kleinen mickrigen Gauner, die Pickelgesichter, die Stinknasen, die ausgevögelten Burschen« (II, 42).

Im Wirtshaus »Zur Glocke«, das »bis auf die Grundmauern abgebrannt und nun als Bretterhütte wiedererstanden« ist (II, 55), trinkt er mit Josef ein Bier und spielt Würfelspiele mit einigen Griechen, die ihn mit gezinkten Würfeln betrügen. Er durchschaut den Trick und startet eine Siegesserie: »Die Griechen wankten zurück. Odysseus’ Rücken deckte den Tisch. Der Tisch war die Front. Er feuerte Serien ins Holz, ein Bombardement des Glücks« (II, 81).

Auf dem Turm des Doms schaut er »zufrieden über die Stadt. Er stand oben. Sie lag unter ihm«. Mit einem Rotstift schreibt er seinen Namen auf eine Steinfigur (II, 112). Anschließend besucht er mit Josef ein Baseball-Spiel im Stadion. Er wirft eine Coca Cola-Flasche nach Washington Price, als dieser einen Lauf verliert (II, 127).

Nach dem Spiel kehren beide in der Heiliggeistwirtschaft ein und trinken Schnaps. Odysseus entlohnt Josef mit 50 Mark und bittet ihn, noch bei ihm zu bleiben, bis er »mit einem Mädchen in der Nacht verschwinden würde« (II, 151). Er winkt Susanne zu sich, die sofort zu ihm kommt und ihn umarmt. Dabei stiehlt sie ihm alles Geld aus der Tasche (vgl. II, 161).

Als Odysseus bemerkt, dass er bestohlen worden ist, beschuldigt er verschiedene Gäste, die sich daraufhin gegen ihn verbünden: »die Meute sprang auf, die Herde setzte sich durch, Kameradschaft siegte, Gemeinnutz geht vor Eigennutz, sie stürzten sich auf ihn, sie nahmen Bierseidel, Stuhlbeine, feststehende Messer, sie stürzten sich auf den großen Odysseus, die Schlacht brandete, tobte, ruckte, Odysseus war in Feindesland, es ging um sein Leben« (II, 158). Mit Josef flieht er nach draußen, die aufgebrachte Menge folgt ihnen.

Hinter Trümmern der Heiliggeistkirche liegend, fühlt sich Odysseus, als sei er »wieder im alten Krieg Weiß gegen Schwarz« (II, 159). Er schlägt Josef mit einem Stein gegen den Kopf, nimmt ihm das Geld ab, das er ihm vorher gegeben hatte, und flüchtet zum Klub der amerikanischen Soldaten. Wenig später stirbt Josef an den Folgen des Schlags.

Im Klub trifft Odysseus Susanne wieder, und während in der Stadt nach Josefs Mörder gefahndet wird und »Fama« aus dem Dienstmann Josef einen Taxifahrer macht (II, 189, 192), tanzt er mit ihr zur »Hot-Weise des Musikmeisters« Behrend. Sie gleiten »wie ein Leib im Tanz über das Parkett, wie eine vierfüßige sich windende Schlange. […] Die Schlange hatte vier Beine und zwei Köpfe, ein weißes und ein schwarzes Gesicht, aber nie würden die Köpfe sich gegeneinander wenden, nie die Zungen gegeneinander geifern: sie würden sich nie verraten, die Schlange war ein Wesen gegen die Welt« (II, 196).

Als der Klub von der aufgebrachten Menge aus dem Bräuhaus attackiert wird, flieht Odysseus mit Susanne in eine Seitengasse (II, 209). In einer Ruine schlafen sie miteinander. Sie »lagen wie auf einem Floß, im Taumel der Vermischung lagen sie wie auf einem Floß, nackt und schön und wild, sie lagen unschuldig auf einem Floß, das in die Unendlichkeit segelte« (II, 215).