Marinelli

Kammerherr und Vertrauter des Prinzen. Marinelli ist das eigentliche Agens des Stückes und tritt als einzige Person in jedem Akt auf. Er ist der Inbegriff des intriganten, gewissenlosen Höflings, der zu jeder Schurkerei bereit ist, um die Gunst seines Fürsten, den Motor höfischer Karrieren, zu gewinnen. So auch hier: Marinelli bietet ein hohes Maß an krimineller Energie auf, um Emilias Hochzeit mit Appiani, dem Wunsch des Prinzen entsprechend, zu verhindern. Den Mut zu seinen Schurkenstücken bezieht er aus der Rückendeckung durch den Fürsten, deren er sich wiederholt vergewissert und die er, wo der Prinz sie ihm zu entziehen droht, durch Überredungskunst und geschickte Instrumentalisierung der Wünsche seines Herrn zu erhalten weiß (vgl. v.a. IV, 1; V, 1).

Wo es gilt, auf eigenes Risiko zu handeln, erweist er sich als feige: Dem Duell mit Appiani entzieht er sich (II, 10; LM II, 408), um den Kontrahenten (und potentiellen Konkurrenten um die Gunst des Fürsten, vgl. I, 6; LM II, 387) hinterrücks ermorden zu lassen und seinen Tod als ›Kollateralschaden‹ seines fürstlichen Auftrags zu verbuchen (IV, 1; LM II, 422).

Dass er mithin auf Kosten des Prinzen seine eigene Rechnung begleicht und damit nicht nur dessen Ziele gefährdet, sondern auch dessen Person in eine höchst prekäre Lage bringt (IV, 1; LM II, 423), macht deutlich, was von seiner oft beschworenen Treue zu halten ist. Marinelli handelt jederzeit aus egoistischen Motiven. Das erkennt der Prinz erst am Ende des Stückes, und da ist es zu spät: »Geh, dich auf ewig zu verbergen! – Geh! sag' ich. – Gott! Gott! – Ist es, zum Unglücke so mancher, nicht genug, daß Fürsten Menschen sind: müssen sich auch noch Teufel in ihren Freund verstellen?« (V, 8; LM II, 450).