Lindner

Lehrer an einem Gymnasium, den Agathe zufällig kennenlernt, als sie sich traurig und verzweifelt an einem Dichtergrab niederlässt (III, 31., 971). Er versucht, sie zu trösten, erschrickt aber, als sie ihm ihren Besuch ankündigt. Lindner hält viel von sich und seiner Tugend (1045 ff.), um so mehr, als er ein tiefes Misstrauen gegen die menschliche Natur hegt (1048). Seine eigene hält er in Schach durch ein »Regime«, das u.a. aus planmäßiger Körperpflege – an täglich jeweils einem Siebtel seines Körpers – und starrer Zeiteinteilung besteht (1054). »Überhaupt verwandelte Lindner schlechthin alles, womit er in Berührung kam, in eine sittliche Forderung« (1051).

Nach einer gerade noch vermiedenen Vereinigung mit Ulrich sucht Agathe Lindner am nächsten Tag auf. Er ist Witwer und lebt mit seinem 17jährigen Sohn Peter. Peter zeichnet sich durch strammes, lustbetontes Fleisch aus (1066) und fürchtet seinen Vater. Er belauscht interessiert das folgende Gespräch, denn der Vater ist etwas verwirrt, als er dem »schönen und gefährlichen Weib« (1070) gegenübertreten muss. Agathe möchte die moralische Autorität Lindners ernstnehmen und von ihm lernen, wie sie sich (zunächst gegenüber ihrem Mann Hagauer) verhalten soll. Aber die Predigt, die er ihr über freigeistige Irrlehren hält, verfehlt nicht nur ihr Ziel, sondern wird bei der Beschreibung ihrer ehelichen Pflichten auch immer schlüpfriger, wie sie ihm unverblümt sagt (1078). Am Ende ist sie die Überlegene. Sie lädt ihn zu ihrem Bruder ein, was er vehement ablehnt.

Agathe besucht »den Tugut« (1175) noch mehrmals. Sie sprechen über Ehescheidung, sie fordert ihn heraus und ist verletzend (1179). Er versteht nicht, dass sie nur ein Ventil braucht – hier kann sie herrschen, anders als bei Ulrich (1180).

Auch Lindner war einmal jung; als Student hatte er ein mystisches Erlebnis (1183), nun glaubt er an das Verhängnis und an die ewige Liebe (1186 ff.).