Niederdahl, Anna

Die alte Frau, in deren ›guter Stube‹ Heinrich Cresspahl bei seinem Aufenthalt in Lübeck im März 1933 einige Stunden vergebens auf Erwin Plath wartet. Mitglied der Sozialdemokratischen Partei. Ihre kleine Wohnung in der Beckergrube ist in der NS-Zeit ein illegaler Treffpunkt. Sie stirbt im Herbst 1938.

198-199 Im März 1933 sitzt Heinrich Cresspahl, auf Erwin Plath wartend, »lange umsonst an einem Hinterhoffenster, in der Guten Stube einer alten Frau, die ihn behandelte wie einen von vielen Unerwachsenen, die sich aus bloßem Mutwillen in lästige Umstände bringen. Es war zu merken, daß sie in solchen Besuchen geübt war. Sie sprach nur Platt. Sie zwang ihn zum Verzehren einer Scholle, in sehr wenig Butter gebraten.«

674-678 Selbst ihre Beerdigung im Herbst 1938 in Lübeck dient noch einmal, mit Erlaubnis ihrer Tochter, als illegaler Treffpunkt von SPD-Genossen, zu dem auch Heinrich Cresspahl eingeladen wird. Die Trauerrede hält ein bestellter Redner, der Anna Niederdahls Leben resümiert: Fischerstochter aus Niendorf und Witwe eines im Ersten Weltkrieg zum Krüppel geschossenen Niendorfer Fischers, der seine Familie dann mit Gärtnerei in Lübeck unterhalten hat. »Ein Sohn auf See geblieben, eine Tochter in Hamburg verschollen, die andere ›Verfolgungen des Schicksals‹ ausgesetzt.« Letztere, eine aus Breslau angereiste Vierzigerin, überlässt den Leichenschmaus in Erwin Plaths Haus den SPD-Genossen für eine illegale Mitgliederversammlung.