Podjeraizka, Slata

Mädchen aus der Sowjetunion, Geliebte von Robert Papenbrock, von dem sie einen Sohn (Fritz bzw. Fedja) hat. Robert Papenbrock schickt sie im Herbst 1942 nach Deutschland zu seinen Eltern. Nach Kriegsende arbeitet sie für die sowjetische Verwaltung in Gneez, wird dann aber verhaftet und im Herbst 1945 mit ihrem Kind in ein Straflager in der Sowjetunion deportiert.

910 Robert Papenbrock, als »Sonderführer« der SS in der Sowjetunion eingesetzt, schickt seinen Eltern ein Mädchen, »zweiundzwanzig Jahre alt, blond, groß. Die Eltern sollten sie für ihn in Jerichow aufbewahren. Louise behandelte sie als Dienstmädchen« und schickt dafür Edith weg.

911 Aus der Sicht der Jerichower: Slata »konnte genug Deutsch, um einzukaufen in Jerichow. Sie betrug sich nicht wie eine Kriegsgefangene, und es war nicht heraus, was die Papenbrocks nun wieder sich ausgedacht hatten. Also wurde mit ihr höflich gesprochen, auch freundlich. Es blieb ärgerlich, daß sie sich das gefallen ließ wie ein Recht.« – Heinrich Cresspahl fühlt sich durch Slata an Hilde Paepcke erinnert, auch weil sie wie sie das Haar in einem Kopftuch trägt.

1185 Nach Kriegsende: Slata ist bei der Kreiskommandantur in Gneez tätig. 

1193-1194 Aus der Sicht von Frau Abs, die sich auf die Papenbrocks einen Reim zu machen versucht: Robert Papenbrock hatte, wie man ihr erzählt, »Kinder [...] umgebracht in der Ukraine, Dörfer angezündet. Dennoch hatte bei den Papenbrocks ein Mädchen aus der Ukraine gelebt, anfangs als Dienstmädchen, von Dezember 1944 an ausdrücklich als Verlobte, und die Deutschen hatten sie gegrüßt, der Familie zuliebe. [...] Jene Slata war von der Roten Armee nicht ›nach Sibirien‹ deportiert worden, sie arbeitete auf der Kreiskommandantur als Assistentin, ›Engel von Gneez‹ sollte sie sich als Namen verdient haben, und in Jerichow wurden neuerdings die Gerüchte abgestritten, wonach sie vor dem K.A. Pontij niedergekniet sei und ihm die Hände geküßt habe.«

1220 Dem im Oktober 1945 inhaftierten Cresspahl wird mitgeteilt, dass Slata in die Sowjetunion gebracht worden sei.

1342-1347 Slatas Geschichte vom Kriegsende bis zur Deportation in die Sowjetunion: Den »ersten Sowjets in Papenbrocks Diele« sei sie entgegengegangen, »als wollte sie mitgenommen werden aus diesem Haus, weg von solcher Familie«. – Arbeitet für J. J. Jenudkidse, den Stadtkommandanten von Gneez, als Dolmetscherin und Assistentin. – In Gneez ist kaum bekannt, »daß ein N.S.-Sonderführer sie als Braut nach Mecklenburg geschleppt hatte, mit einem Kind und zu Schwiegereltern, die der Luftwaffe wie der Partei durch geschäftliche Gewinne verbunden waren«. – In Gneez nennt man sie den »Engel von Gneez«, denn »viele wollten es gerade ihr danken, wenn sie heil zurückkamen aus einem sowjetischen Verhör«. – Sie hilft Jenudkidse »widerlich genau bei der Beaufsichtigung der gneezer Geschäftswelt [...]; in diesen gebildeten Kreisen galt ihre künftige Verwandtschaft von ehemals als moralischer Schaden aufbewahrt, weiterhin als Fallstrick, vorläufig nicht zu verwenden aus Rücksicht auf den guten Kompagnon Albert [Papenbrock] von Jerichow«. – Wohnt mit ihrem Sohn Fedja bei Alma Witte im Hotel Stadt Hamburg. – Dort verliebt sich Gerd Schumann in sie. – Sie bearbeitet Cresspahls Anträge nicht bevorzugt, »obwohl der unter den Nazis ihr mehr Gespräch geboten hatte als die Tageszeit«. – Ihre äußere Erscheinung, die der zwölfjährigen Gesine gefällt. – Über ihr plötzliches Verschwinden erfährt Gesine von Alma Witte, die sie kurz nach Slatas Verhaftung im Hotel Stadt Hamburg besucht: Alma Witte zeigt ihr Slatas durchwühltes und zerstörtes Zimmer. Jenudkidse hat Slata und ihr Kind am Morgen mit vier bewaffneten Soldaten abgeholt. – Gesine glaubt nicht, dass Slatas Verhältnis mit Robert Papenbrock der Grund der Verhaftung war; Jenudkidse habe davon auch vorher schon gewusst. – Slata »ist nicht zurückgekommen. Fedja hat noch die Fahrt in die Sowjetunion überstanden, im Lager ist er gestorben.« – Alma Witte, die an ihr und dem Kind gehangen hat, hat durch diesen Vorfall ihren Stolz verloren.

1381-1382 »Slata war nicht mit den Briten weggelaufen. Sie hatte auf ihre Landsleute gewartet.« – Über Gerd Schumanns Verhältnis zu Slata.

1408 Gerd Schumann meidet Jerichow bei seiner Wahlkampftour: »Hier hatte Slata drei Jahre lang gelebt, im Haus eines kapitalistischen Großhändlers, vorgesehen als Ehefrau eines faschistischen Mordbrenners; er wollte das Haus nicht sehen«.

Vgl. auch 1349. 1395. 1412. 1420. 1428. 1481. 1607. Anhang VIII.

Vorbild dieser Figur ist eine Ukrainerin namens Slata Kriwussjawa, deren Geschichte Johnson aus Erinnerungen der Güstrower Beltz und Senf kannte; vgl. Bernd Neumann: Uwe Johnson. Hamburg 1994, S. 805-807. Vgl. auch Jahrestage-Kommentar zu 910,32.