Treibel, Helene

Jenny Treibels Schwiegertochter, Ehefrau ihres älteren Sohnes Otto und Mutter der kleinen Lizzi, eine schöne, aber leidenschaftslose junge Frau mit »matten und beinah vergißmeinnichtblauen Augen« (8/101). Helene ist eine geborene Munk, Tochter einer hamburgischen Kaufmannsfamilie, auf die sie sich sehr viel einbildet (vgl. 8/104 f.). Sie liebt es, hanseatische Weltoffenheit demonstrierend, englische Wendungen und Begriffe in ihre Rede einzuflechten.

Tatsächlich aber ist sie eine bornierte, von unumstößlichen Ordnungsvorstellungen bestimmte Person, die das Leben ihrer Familie starren Regeln unterwirft, von denen einige durchaus zwanghafte Züge tragen, so etwa die Numerierung der Wäsche ihrer Tochter mit der »durch den Monat hin […] genau correspondirende[n] Tageszahl, so daß man ihr, wie der Großvater sagte, das jedesmalige Datum vom Strumpf lesen konnte« (8/102).

Engstirnige Vorstellungen von Ordnung, Reinlichkeit und Wohlerzogenheit prägen auch ihre Erziehung der kleinen Lizzi, die eher einer Abrichtung gleicht (vgl. 9/126). Dass Helene ihr Kind nach der Geburt nicht selbst nähren wollte, »weil es unschön sei«, wird erwähnt (8/101).

Ihre Ehe mit Otto Treibel charakterisiert der alte Treibel ironisierend als »glücklich«, weil Ehen mit Hamburgerinnen »natürlich« glücklich seien, denn Hamburgerinnen »sind alle so zweifelsohne, haben innerlich und äußerlich so ‘was ungewöhnlich Gewaschenes und bezeugen in Allem, was sie thun und nicht thun, die Richtigkeit der Lehre vom Einfluß der guten Kinderstube« (8/98). Eben damit gängelt Helene ihren Ehemann (vgl. 8/104-108; 10/137-139), dem sie keinerlei Wärme entgegenzubringen scheint (vgl. 8/104-108; 10/137-139). Auseinandersetzungen mit ihm verlaufen, wie ihr Schwiegervater konstatiert, »furchtbar ›gebildet‹«, ohne jeden Temperamentsausbruch, denn »alles, was Helene hat, hat höchstens die Temperatur der Uhlenhorst. Sie hat nichts als einen unerschütterlichen Glauben an Tugend und Windsorsoap« (10/139).

Lebhafte Gefühle zeigt die temperamentlose Frau nur, wenn es um Hildegard geht, ihre Schwester, die sie mit ihrem Schwager Leopold Treibel verbunden zu sehen wünscht. Die Nachricht von dessen heimlichem Verlöbnis mit Corinna Schmidt entsetzt sie gar derart, dass sie, ihre Morgentoilette wie ihre Abneigung gegen ihre Schwiegermutter vergessend, in Jennys Haus und Arme stürzt, so dass auch Jenny Treibel das »Eis hinschmelzen« fühlt, das bis dahin »ihr Schwiegermutterherz umgürtet hatte« (13/180).