Hoppenmarieken

Botenfrau von Hohen-Vietz, eine Zwergin, alt und sehr hässlich, wohnt in einer Lehmkate auf dem abseits gelegenen »Forstacker«, dem »Armenviertel« von Hohen-Vietz (I, 8/72). Sie holt dreimal in der Woche Post und Zeitungen aus Frankfurt oder Küstrin und bringt sie ihren Empfängern; versieht ihre Botendienste in Wasserstiefeln, Kopftuch und rotem Friesrock, mit einer Kiepe auf dem Rücken und einem langen »krummstabartigen Stock« in der Hand (I, 8/73). Daneben betreibt sie Eierhandel in den Dörfern um Hohen-Vietz auf der Basis von Tauschgeschäften. Man sagt ihr aber auch weniger gut beleumdete Geschäfte nach, zu denen neben Kartenlegen, Besprechen, Wahrsagerei und Kuppelei auch Hehlerei gehört, wie sich nach der Ergreifung der Diebesbande herausstellt, die in und um Hohen-Vietz ihr Unwesen treibt (vgl. II, 17/320-325). Obwohl sie jeden Sonntag den Gottesdienst besucht, hält man sie für eine Hexe, sieht ihr aber dennoch vieles nach. Für Lewin ist sie eine poetische Figur, an der sich seine Phantasie entzündet (vgl. I, 8/75), umgekehrt ist er der einzige Mensch, »an dem sie wirklich hing« (II, 12/252). In ihrer Kate hält sie zahlreiche Vögel in Vogelbauern. Als sie am Ende in ihrer Stube aufgebahrt liegt, sitzt ein schwarzer Vogel auf dem Rand ihres Sarges und pickt Ebereschenbeeren und Weizenkörner auf, die die Forstackersleute ihr in die Hand gelegt haben. »Das war so Forstackerpoesie.« (IV, 26/482)

Kurz nach Weihnachten wird sie bei einem ihrer nächtlichen Gänge überfallen, ihr »Liebling« Lewin und Tubal, von ihrem Besuch bei Faulstich in Kirch-Göritz heimkehrend, kommen ihr zu Hilfe (vgl. II, 12/251 f.). Wie sich später herausstellt, handelte es sich um eine Auseinandersetzung mit den Dieben, mit denen sie unter einer Decke steckt. Ihre Kate wird durchsucht, und als Berndt von Vitzewitz sie mit dem dort gefundenen Diebesgut konfrontiert, stimmt sie ein jämmerliches Geschrei an; auf Zureden Lewins lässt Berndt sie laufen (vgl. II, 17/324 f.).

Beim Brand des Saalanbaus auf Hohen-Vietz ›bespricht‹ sie das Feuer und lässt ihren langen Stock an der Ecke zwischen Saalanbau und Wohnhaus stecken. Tatsächlich lässt das Feuer sofort nach, und das Wohnhaus bleibt unversehrt (vgl. III, 9/131). Nach Lewins Gefangennahme wirkt sie an seiner Befreiung mit: Sie wirft das Garnknäuel in sein Gefängnis, mit dem er in der Nacht die rettende Strickleine heranziehen soll (vgl. IV, 22/448). Auf der Rückfahrt von der nächtlichen Befreiungsaktion sieht Berndt sie auf einem Prellstein sitzen, aber »sie salutirte nicht – und rührte sich nicht« (IV, 23/459). Am Morgen wird sie, immer noch auf dem Prellstein sitzend, tot aufgefunden. »Ob erfroren oder vom Schlage getroffen, hatte sich durch Pachaly, der auch dokterte, nicht feststellen lassen, und auch Leist bezeigte keine Lust, den Ursachen ihres Ablebens wissenschaftlich nachzuforschen.« (IV, 24/462)

Generalmajor von Bamme stattet der in ihrer Kate Aufgebahrten neugierig einen Besuch ab und nennt sie, die man mit ihrem Stab in den Sarg gelegt hat, »Zwergen-Bischof« (IV, 26/481). Pastor Seidentopf gibt ihr einen Platz auf dem Kirchhof und ein christliches Begräbnis, an dem neben Bamme auch Berndt und Lewin teilnehmen. Zwei Frauen vom Forstacker amüsieren sich über Seidentopfs Gebet am Grab: Alle wolle er (in den Himmel) hineinbeten. »Joa. Awers Hoppenmarieken beet’t he nich rinn.« (IV, 26/483) Kandidat Uhlenhorst bezeichnet Bamme und Hoppenmarieken als Geschwister: Sie hätten denselben Vater (den Teufel) und seien an demselben Ort (in der Hölle) geboren (IV, 26/484).