Über Katzen in anderen Texten Johnsons
Mutmaßungen über Jakob (1959)
M 75 Jonas Blach über Jakob, den er im Zug nach Jerichow trifft: »und weil ich einen Namen gesucht hatte, nannte ich ihn ›wie eine Katze so unbedenklich‹ wissend dass es falsch war«.
M 83 Blach über Jakob: »ich sah ihm aufgeregt und gierig zu wie einer Katze (die man ja ansieht ohne Eigennützigkeit und Höflichkeiten)«.
M 167-183 Jonas Blach und Cresspahls Katze: »Cresspahls Katze hatte ein graugrünes Fell. Von der Schwanzspitze über den Rücken lief eine schwarze Zeichnung ihr auf den Kopf in immer blässeren Flecken, aber unter der Nase fing sie an weiss zu sein und war weiss an ihrer Brust und an ihrem Bauch bis zur Unterseite des Schwanzes. Als Jonas am Sonntagmittag in sein Zimmer kam, sass sie auf dem eingesunkenen grünen Polsterstuhl vor dem Tisch sehr würdig aufrecht, so dass Jonas überrascht Guten Tag sagte. Darauf antwortete sie nicht.«
Am Abend »lag die Katze auf seinem Stuhl wie ein Burgwall: mit höherem Rückenwulst und dem niedrigeren Halbring von Hals und Kopf und sämtlichen Pfoten und Schwanz. [...] Er wollte sich abwenden, da bemerkte er ihre Augen offen. Sie schienen gelb und sehr hochmütig.«
Cresspahl spricht zu Jonas Blach mit »Eindringlichkeit von dem verstorbenen Brüshave und seiner testamentarisch vererbten Katze«.
»Nach dem Mittagessen fand Jonas Blach die Katze wieder auf seinem Stuhl. [...] Er stand über den Stuhl gestützt und fragte sie ob sie da bleiben wolle. Sie gähnte und begann sich zu waschen sehr gelenkig mit den weissen Vorderpfoten über Hals und Ohr.«
»Abends sass Cresspahl bei ihm. [...] In einer Pause des Gesprächs hörte Jonas sie kommen. [...] Als Cresspahl schlafen ging, blieb er stehen vor dem Stuhl und hielt seine gekrümmte Innenhand vor ihrem Kopf. Sie streckte sich im ganzen Leibe und hob starr vor Mutwillen eine Pfote über seine Handhöhlung und schlug sie zärtlich ein bis in das harte Hautleder. Weiter begrüssten sie sich nicht. Als Jonas von der Tür zurückkam, lag sie wachsam und gleichmütig auf ihren Beinen als sei nichts gewesen. [...] Nachdem sie sich überall gewaschen hatte, richtete sie sich auf und beobachtete Blach aus engen glimmenden Augen reglos. Sie hatte dreiundzwanzig Barthaare. Und das schreiben Sie so zu Ihrem Spass? sagte sie. Irgend wie leben muss einer, jedermann ist der Beste, schto lutsche tschewo. Hätten Sie nicht vielleicht in bißchen Milch...? [...] Unversehens kam sie zu sich sehr kühl und wach und stemmte mich fort mit ihrem ungebärdigen Sprunggelenk und rollte sich ein zum Burgwall und schlief unverzüglich davon. Ich war betrübt. Ich hätte es früher: rechtzeitig bemerken sollen. Eine Sekunde lang war ich ihr lästig gefallen. Eine Katze kennt keine Sekunden.«
»Den ganzen Abend über war die Katze unterwegs. Er konnte sich nicht denken womit sie sich wohl beschäftigte. Die Mäusejagd war ein menschlicher Gesichtspunkt der Nützlichkeit; sie war ja nun keine Hausangestellte. Sie mochte zwei Jahre alt sein. Cresspahl sagte die Mutter lebe auch hier (die der Notar hatte hertragen müssen mit schönen Grüssen von Brüshaver, der tot war), sie sei aber mit zunehmendem Alter sehr scheu geworden. Mein Vater ist geachtet in der Welt und angesehen, die Katzen laufen ihm zu.«
M 206-208 Gesine und Cresspahls Katze: »›Sei nicht so mürrisch‹: sagte ich. Sie blinzelte griesgrämig und wand sich Pfote nach Pfote die Stufen hinunter. Ich bückte ihr die Schale hin. Bevor sie anfing zu lecken, drückte sie den Kopf in den Nacken und sah mich vollen Blicks an. Ich hockte neben ihr und sah ihr zu. Die Luft fühlte sich an nach mittäglicher Wärme. Mir war als sei ich am Ende doch nach Hause gekommen.«
Begleitumstände (1980)
B 120 »Streckendispatcher waren Geheimnisträger, die Hoffnung auf Bekanntschaft mit einem war vergebens. Da schien es geschickter, sich einen zu erfinden. Dieser kam freiwillig, liess sich sehen im Traum, weich umrissene Gestalt eines Mannes auf nachtschattenem Feldweg, der mit sachtem Schwung eine Katze vom Boden hebt, so dass sie auf seiner Schulter kauert, ehe sie sich's versieht. Er sprach mit einem Akzent aus der nördlichen Odergegend. Jakob hiess der«.
B 416 Uwe Johnson über Aufbau und Erzählstruktur von »Jahrestage«: »Mit Elementen solcher Art [Erinnerungen an die Vergangenheit], unschematisch abwechselnd mit Kapiteln für die jeweils heutige Zeit in New York, sollte die Erzählung aus einem Bewusstsein zumindest des Jahres 1920 voranschreiten bis zu dem gegenwärtigen Jahr und Tag in New York, so dass hier einmal einer Katze es gelingen sollte, den eigenen Schwanz zu fangen.«
Skizze eines Verunglückten (1982)
S 14-15 »Joachim de Catt‹, mir hätte der Name weiterhin eingeleuchtet, auch weil er einem niederdeutsch gebildeten Leser das Betragen einer Katze ankündigte. Aber Katzen sind begabt, das zu versprechen stand einem Autor schlecht an.«