Desmoulins, Camille
Camille Desmoulins, verheiratet mit Lucile, gehört zu den Revolutionären der ersten Stunde. Er ist auf der Seite der Dantonisten, hat jedoch auch gute Verbindungen zu Robespierre.
Für ihn bekommt der Staat durch die Menschen, die in ihm leben, seine Gestalt. Die Revolutionäre haben seiner Ansicht nach nicht das Recht, ihnen eine Staatsform aufzuzwingen: »Wir werden den Leuten, welche über die nackte Schulter der allerliebsten Sünderin Frankreich den Nonnenschleier werfen wollen, auf die Finger schlagen« (I, 1). Er kritisiert an der Gesellschaft, dass nur noch fiktive Gestalten und Geschehnisse die Menschen berührten, die Realität aber wüssten sie nicht zu schätzen: »Sie vergessen ihren Herrgott über seinen schlechten Copisten« (II, 3).
Er will Danton überreden, zu handeln und eine Rede zu halten. Doch als er von Dantons bevorstehender Verhaftung hört, unterschätzt auch er die Gefahr für sich selbst. Er glaubt, seine gemeinsame Vergangenheit mit Robespierre würde ihn vor der Hinrichtung schützen: »Wir saßen auf einer Schulbank. […] Er hat mir immer große Anhänglichkeit gezeigt« (II, 3). Auch im Volk ist er beliebt, bei seiner Ankunft im Gefängnis wird er von mehreren Gefangenen umarmt (III, 1).
Die Sorge um das Leben seiner geliebten Frau Lucile lässt ihn nicht schlafen. Er hängt jedoch auch an seinem eigenen Leben und ist in der letzten Nacht vor der Hinrichtung von Alpträumen und der Angst, wahnsinnig zu werden, geplagt. Er sucht Ruhe in der Literatur, den ›Nachtgedanken‹ (IV, 3). Kurz bevor sie zur Guillotine gefahren werden, fordert er die mitgefangenen Dantonisten auf, ihren heroischen Stolz abzulegen: »Wir haben uns Alle am nemlichen Tische krank gegessen und haben Leibgrimmen, was haltet Ihr Euch die Servietten vor das Gesicht, schreit nur und greint wie es Euch ankommt« (IV, 5).
Auf der Fahrt zur Hinrichtung muss er von Danton in seinem Zorn beruhigt werden, doch als sie ankommen, steigt er als Erster gefasst auf das Gerüst der Guillotine (IV, 7).
Bei Desmoulins Lektüre handelt es sich um Edward Youngs »Klagen oder Nachtgedanken« (1742-45). Die düsteren Gedichte beschäftigen sich mit dem Tod und der Unsterblichkeit und wurden inspiriert durch den Tod von Youngs Frau.