Kutusow, Michail Ilarionowitsch (der Durchlauchtigste)
Generalfeldmarschall und Oberkommandierender der russischen Armee im Dritten Koalitionskrieg 1805, dem Andrej Bolkonski als Adjutant dient (1/II,III,215). Kutusow, ein alter, schwergewichtiger, vom Krieg gezeichneter Mann, der die Frauen liebt und französische Romane liest, ist bemüht, seine schlecht ausgerüsteten Truppen zu schonen (1/II,III,212-215), wird aber durch die Niederlage Macks bei Ulm zum Einsatz gezwungen (1/II,III,218). Ende Oktober 1805 schlägt er die Division Mortier bei Krems (Schlacht bei Dürnstein) und schickt Bolkonski mit der Siegesmeldung zum österreichischen Hof nach Brünn (1/I,IX,260f.). Vor der Schlacht bei Austerlitz (20. November 1805) kann er sich im Kriegsrat nicht gegen die Mehrheit durchsetzen, die für einen sofortigen Angriff nach dem Plan des österreichischen Generals Weyrother votiert (1/III,IX,437f.). Die Niederlage, die er voraussieht (1/III,XI,455), wird gleichwohl ihm zugerechnet (2/I,II,536).
1811 kommandiert er die Moldau-Armee, in der Bolkonski ihm eine Zeit lang als Stabsoffizier dient (3/I,VIII,50), bevor er sich bei Beginn des Vaterländischen Krieges 1812 zur Westarmee versetzen lässt (3/I,VIII,52). Dort sieht er seinen alten Feldherrn schon bald wieder (3/II,XV,250), denn im August 1812 wird Kutusow in den Fürstenstand erhoben und erneut zum Oberkommandierenden ernannt (3/II,VI,192). Seitdem nennen alle ihn »den Durchlauchtigsten« (3/II,XV,245).
Auch im Vaterländischen Krieg folgt er seinem Grundsatz »Tout vient à point à celui qui sait attendre« (3/II,XVI,256). In der Schlacht bei Borodino lässt er den Dingen weitgehend ihren Lauf, wohl wissend, dass es nicht auf seine Anordnungen, sondern allein auf den »Geist der Truppe« ankommt (3/II,XXXV,363). Diese und alle weiteren Entscheidungen Kutusows – der Rückzug nach der Schlacht (3/III,II), die Aufgabe Moskaus (3/III,III-IV) und die Vermeidung von Angriffen auf die im Rückzug befindliche französische Armee (4/II,XVII-XIX) – werden in Petersburg und Moskau heftig kritisiert, vom Erzähler aber entschieden gerechtfertigt. Er sieht Kutusows Handeln aus der Einsicht hervorgehen, die er selbst in seinen zahlreichen Reflexionen über die Ursachen geschichtlicher Ereignisse immer neu formuliert, aus der »Einsicht in die höheren Gesetze« der Geschichte, die ihren Ursprung in dem »Willen der Vorsehung« haben: Kutusow gehöre zu jenen »seltenen, immer einsamen« Männern, »die, da sie den Willen der Vorsehung begreifen, ihr ihren persönlichen Willen unterordnen« (4/IV,V,852). Die Kraft aber, dieser Einsicht gegen allen Widerstand zu folgen, entspringe seinem Russentum, »jenem Nationalgefühl, das er in seiner ganzen Reinheit und Stärke in sich« trage (4/IV,V,856).
Nach der Schlacht an der Beresina erkennt Kutusow, dass seine Zeit zu Ende ist. Er reitet mit der Truppe nach Wilna (4/IV,X,876), wo er vom Kaiser mit dem Georgskreuz erster Klasse ausgezeichnet und zugleich entmachtet wird (4/IV,XI,880f.). Seinen wenige Monate später erfolgenden Tod betrachtet der Erzähler als nur naturgemäßen Vorgang: Seine vaterländische Mission ist erfüllt, dem »Russen als Russen blieb nichts mehr zu tun« (4/IV,XI,882).
Michail Illarionowitsch Kutusow (1745-1813). Der russische Feldherr nahm an den Russisch-Türkischen Kriegen teil, in denen er sein rechtes Auge verlor. Nachdem er zwischenzeitlich in Ungnade gefallen war, wurde ihm im 3. Koalitionskrieg 1805 der Oberbefehl über die russische Armee übertragen. 1811 kommandierte er im Russisch-Türkischen Krieg die Moldaufront und handelte nach dem Sieg Russlands im Mai 1812 den Frieden mit der Türkei aus. Kurz vor der Schlacht bei Borodino wurde ihm erneut der Oberbefehl über die russische Armee im Krieg gegen Napoleon übertragen. Seine Bemühungen, unnötige Zusammenstöße mit der auf dem Rückzug befindlichen französischen Armee zu vermeiden, wurde von seinen Anhängern als kluge Strategie gelobt, von seinen Gegnern dagegen heftig kritisiert.