Speranski, Graf Michail Michailowitsch
Neben Kriegsminister Araktschejew engster Berater des Kaisers Alexander I. bei dessen liberalen Reformplänen (2/III,IV,744). Andrej Bolkonski lernt ihn im Herbst 1809 in Petersburg kennen. Er ist ein hochgewachsener Mann von etwa vierzig Jahren »mit hoher, offener Stirn, spärlichem blonden Haar und auffallender, seltsamer Blässe des länglichen Gesichts« sowie »weichen, weißen Hände[n]« (2/III,V,751). Er bewegt sich ungelenk und träge, dabei aber mit großer Ruhe und Selbstsicherheit, hat eine »dünne, gelassene, leise Stimme«, die er, »überzeugt, dass man ihm zuhören würde«, nie erhebt (2/III,V,751). Gegner der Reformen behandelt er mit »geringschätzige[r] Ruhe« und redet mit ihnen, wie es Bolkonski erscheint, »aus unermesslichen Höhen« (2/III,V,752). Bolkonski sieht in ihm sein Ideal »eines vollkommen vernünftigen und untadeligen Menschen« erfüllt (2/III,VI,756). Allerdings irritieren ihn Speranskis »kalte[r] Spiegelblick«, der »nichts in sein Inneres vordringen« lässt, seine weichen, weißen Hände und die »allzu große Verachtung anderer Menschen« (2/III,VI,757f.). Tatsächlich erscheint er ihm später (nach seiner Begegnung mit Natascha) befremdlich und unangenehm (2/III,XVIII,813f.). Aber nach seinem Sturz, von dem im Roman nur beiläufig die Rede ist, verteidigt er ihn (2/V,XXI,1043f.).
Michail Michailowitsch Speranski (1772-1839), russischer Staatsmann, zwischen 1807 und 1812 einflussreichster Berater des Kaisers, 1808 stellvertretender Justizminister, erarbeitete im Auftrag Alexanders eine grundlegende Gesetzes- und Verfassungsreform mit dem Ziel einer konstitutionellen Monarchie. 1812 durch Hofintrigen gestürzt und nach Perm verbannt, 1814 zurückberufen (vgl. Kommentar Bd.2,1145).