Knurrewahn

Fraktionsvorsitzender der Oppositionspartei, der Keetenheuve angehört. Knurrewahn war mit einem Herzsteckschuss aus dem Ersten Weltkrieg nach Hause gekommen, hatte dann einen Posten in der Partei angenommen und sich zum Reichstagsabgeordneten hochgedient. Er hatte sich vor dem Krieg »mit einer schon damals nicht mehr ganz neuen Literatur fortschrittsgläubiger Naturerkenntnis vollgestopft« und »leugnete das Dasein der Seele« (II, 285). Obwohl er als Jugendlicher die Internationale vertreten hatte, ist er nach dem Ersten Weltkrieg und der Weimarer Republik davon überzeugt, dass die Parteien nationaler auftreten müssten, und lehnt auch die Wiederbewaffnung Deutschlands nicht grundsätzlich ab (vgl. II, 291). Auch hat er sich teilweise dem autoritären Politikstil der Bundesrepublik angepasst, er »wollte der Welt seinen Willen nicht geradezu aufzwingen, aber er hielt sich für den Mann, sie zum Guten zu lenken« (II, 286). Mit diesem Führungsstil hat er seine Partei bis auf wenige Abweichler unter Kontrolle, und »wenn Knurrewahn die Auflösung der Partei befohlen hätte, die Ortsgruppen würden die Auflösung vollziehen« (II, 363).

Knurrewahn empfängt Keetenheuve in seinem Büro, das »fortschrittlich eingerichtet [ist], in einem Stil, den er für radikal hielt und der den Anschauungen einer soliden Kunstzeitschrift entsprach« (II, 288f). Keetenheuve berichtet ihm von dem Interview der Generale des Conseil Supérieur des Forces Armées, in dem sich die Armeevertreter »erfreut über die deutsche Teilung geäußert hatten« (II, 290). Knurrewahn möchte diese Information sofort politisch nutzen, »die Worte Ewige Teilung an die Mauern schlagen lassen und so sich an das Volk wenden: ›Seht, wir sind verraten und verkauft, dahin führt der Kurs der Regierung!‹« (II, 290). Auf Keetenheuves Einwand, dass man mit einer verfrühten Reaktion nur Druck von der Regierung nehmen würde, lenkt Knurrewahn ein und beide kommen überein, dass Keetenheuve die Äußerung in seiner Bundestagsrede zitieren soll.

Im Vorfeld der Bundestagsdebatte beschwört Knurrewahn Keetenheuve, die Diskussion nicht zu heftig werden zu lassen, um »die nationalen Instinkte […] nicht zu brüskieren« (II, 363), und betont erneut seinen Standpunkt zur Frage der Wiederbewaffnung. Er glaubt an die Möglichkeit einer durch die demokratischen Institutionen kontrollierten Volksarmee, »obwohl Noske das Heer aus dieser demokratischen Hand schon einmal kläglich verloren hatte« (II, 363). In seinem eigenen Beitrag zur Bundestagsdebatte spricht er als großer Patriot, der den Traum hat, »den Osten mit dem Westen wieder zu vereinen« (II, 274), wonach das Land dann auch wieder waffen- und bündnisfähig sein würde.